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Das Flussbett des Santone in Norditalien Das Flussbett des Santone in Norditalien 

Italiens Dürre: „Schluss mit Schlaraffenland“

Hitze und Dürre plagen Italien in diesem Jahr wie noch nie. Das Land hätte schon längst in Technologien investieren müssen, die es ermöglichen, mit weniger auszukommen, erklärt der katholische Volkswirt Luigino Bruni, der die Initiative „Economy of Francesco“ leitet.

Francesca Sabatinelli und Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Italiens Kornkammer, die Po-Ebene, trocknet aus, der Flusspegel ist so niedrig wie seit 70 Jahren nicht, Wasserkraftwerke liefern nur noch wenig Strom, Milliarden Heuschrecken auf Sardinien vernichten die Ernten, Regen bleibt seit Monaten aus. Die Regionen fordern die Regierung in Rom auf, den Notstand auszurufen, um an Geld für Nothilfemaßnahmen zu kommen.

Papst Franziskus hat angesichts mehrerer Großbrände in seiner Bischofsstadt Rom und der Dürre und Trockenheit in vielen Teilen der Welt zum Nachdenken über die eigene Verantwortung für diese Phänomene aufgerufen: „Es ist keine Mode, es ist eine Verantwortung", sagte der Papst zum Hochfest Peter und Paul beim Angelus, „die Zukunft der Erde liegt in unseren Händen und in unseren Entscheidungen!“

In der Po-Ebene
In der Po-Ebene

„Eine ernsthafte Politik kann so nicht funktionieren“

Der Volkswirt Luigino Bruni ist wissenschaftlicher Leiter bei der Großveranstaltung „Economy of Francesco", die im September in Assisi stattfindet, inzwischen aber auch bereits eine Art Bewegung junger Menschen geworden ist, die auf allen Ebenen eine neue Form des Wirtschaftens in der Welt verwirklichen wollen. Bruni beanstandet, dass Italien im Angesicht des Klimaalarms seit langer Zeit „eine Art staatsbürgerlichen Infantilismus“ an den Tag legt.

„Das heißt, wir reden nur in Notfällen über Probleme. Aber eine ernsthafte Politik kann so nicht funktionieren, sie muss genau in die entgegengesetzte Richtung gehen”, so der Ökonom im Gespräch mit Radio Vatikan. Politik müsse Problemen und Notfällen zuvorkommen und deshalb „viel mehr als jetzt in Technologien investieren, die es uns ermöglichen, mit weniger auszukommen und nicht weiter zu verschwenden, als ob wir immer noch ein Schlaraffenland wären, in dem alles im Überfluss da ist“, verdeutlichte Bruni. „Denn das Schlaraffenland ist mit der globalen Erwärmung am Ende, und das wird uns zunehmend klar".

In der Po-Ebene
In der Po-Ebene

Keine Verschwendung, sondern Investition in die Zukunft

Italien und überhaupt der Westen muss sich Bruni zufolge daran gewöhnen, mit weniger auszukommen. Lange Jahre habe da eine gewisse Planlosigkeit geherrscht, weil Einschränkungen nicht nötig schienen, schließlich ging es der Wirtschaft einigermaßen gut, und es war bequem, alles einfach weiterlaufen zu lassen. Heute muss die Politik, das ist die dringende Empfehlung des katholischen Ökonomen, zu bestimmten Praktiken der Vergangenheit zurückkehren, die Verschwendung abstellen und dazu auf Technologie setzen. „Wir sollten nicht erst so spät anfangen wie bei den fossilen Brennstoffen", so Bruni. „Schon viel früher hätten wir mit all den technologischen Forschungen beginnen sollen, die später zu Elektro- und Hybridautos, Sonnenkollektoren und alternativen Energien geführt haben, wir hätten anfangen sollen, als es noch keinen Bedarf gab.” 

Hier zum Hören:

Die Hitze und die Dürre müsse Italien heute dazu veranlassen, namentlich in Technologien zu investieren, die Wasser sparen, „das Erdöl der Zukunft“, wie Bruni unterstreicht. Darüber werde jetzt zwar geredet, aber nur deshalb, weil es einen von allen gefühlten Notstand gibt. „Dann regnet es wieder und tschüss bis zum nächsten Jahr", so der Ökonom mit einer Prise Bitternis.

Bruni verweist auf die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg. Er sei persönlich als Christ und Wirtschaftswissenschaftler sehr enttäuscht von den politischen Reaktionen auf die Krisen, die der Menschheit keineswegs zu einem „moralischen und ethischen Sprung“ verholfen hätten, sondern stattdessen noch mehr Spaltung und Streit brachten. Dies alles habe tragisch vor Augen geführt, „dass wir nicht mehr in die öffentliche und individuelle Ethik investiert haben“. 

Die Lektion von The Economy of Francis

Die Hoffnung, dass sich angesichts der Ressourcenknappheit die Dimension der Solidarität durchsetzen möge, ist noch nicht erloschen, so Bruni weiter. Doch da der Westen seit Jahren in einer Dimension der hedonistischen und individualistischen Ethik leben, könnten wir angesichts der sich verschärfenden Umweltkrise erneut Zeuge eines Wettlaufs der Stärksten werden, wie es bei den Impfstoffen der Fall war, als die Reichen die Armen komplett vergessen haben.

Hoffnung machen dem Ökonomen, wie er uns sagte, die Einwürfe von Papst Franziskus und auch die Großveranstaltung „Economy of Francesco“, die das Kirchenoberhaupt ins Leben gerufen hat. Dieser Event zielt auf die Jugend und die Zukunft, „denn nur wenn man sich auf die Jugend und die Kinder konzentriert, wird es möglich sein, auch in zehn oder 15 Jahren diese Welt ein wenig zum Besseren zu verändern".

(vatican news)

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30. Juni 2022, 09:46