Ukraine: ?Ich bleibe, solange es hier Menschen gibt“
Lukas So?niak SJ und Stefan von Kempis – Vatikanstadt
?Die Russen wollen die Regionen Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk vollständig übernehmen, um freien Zugang zur Krim zu erhalten und gleichzeitig die Ukraine vom Asowschen und Schwarzen Meer abzuschneiden.“ Das sagt der Weihbischof von Charkiw- Saporischschja, Jan Sobi?o, in einem Interview mit Radio Vatikan. Der aus Polen stammende Gottesmann, der seit zwölf Jahren Weihbischof in der südlichen Ukraine ist, weiß, dass die Russen vorrücken und dass es in seinem Bistum bald lichterloh brennen wird.
?Russen bereiten Frontalangriff vor“
?Die Bevölkerung von Saporischschja hat sich bisher darauf konzentriert, den Flüchtlingen aus Mariupol, Berdjansk und Melitopol zu helfen. Aber seit dem Raketenangriff hat sie verstanden, dass auch wir jetzt in gleicher Weise bedroht sind. Tausende von russischen Soldaten, mehr als tausend Panzer, Kanonen und gepanzerte Fahrzeuge stehen vor der Stadt. Es ist klar, dass die Russen einen Frontalangriff vorbereiten.“
Nach dem Beschuss am Dienstag seien viele Menschen in die Kirchen geströmt, berichtet der Weihbischof. Zugleich versuchten jetzt viele, die Stadt zu verlassen und in den Westen der Ukraine oder weiter nach Polen zu fliehen. Die Behörden forderten Frauen und Kinder auf, die Region möglichst zu verlassen.
?Wir wissen, dass unsere Hoffnung auf Gott ruht. Jedes Mal, wenn eine solche Gefahr droht, erinnern wir uns an die Weihe der Ukraine, Russlands und der ganzen Welt an das Unbefleckte Herz Mariens, die der Papst vorgenommen hat. Wir sind uns bewusst, dass das, was wir erleben, in die große Sache der Befreiung von allem Bösen in Europa und der Welt eingeschrieben ist. Deshalb danken wir allen für ihre Solidarität im Gebet und in der humanitären Hilfe.“
Die Gefahr sei ?groß“, doch Weihbischof Sobi?o spricht auch von einem starken Kampfgeist auf ukrainischer Seite. Die Soldaten seien ?mit jedem Beschuss mehr und mehr entschlossen, sich nicht nur zu verteidigen, sondern die Russen aus der Ukraine zu vertreiben“, sagt er.
?Ich habe vor, bis zum Ende in Saporischschja zu bleiben, solange es hier Menschen gibt. Ich meine damit nicht nur unsere Gläubigen; es kommen immer wieder Menschen auf mich zu, die sagen, dass dieser Krieg sie dazu gebracht hat, über den Sinn des Lebens nachzudenken, sie beschließen, zur Beichte zu gehen und ihre Kinder taufen zu lassen. Viele Menschen haben in dieser schwierigen Situation die Gegenwart Gottes entdeckt, und ich spüre, dass ich hier gebraucht werde, um für sie da zu sein… Das ist es, was das Priestertum ausmacht: dort zu bleiben, wo man gebraucht wird.“
Warten, bis der Alarm aufhört
Am schwierigsten sei die Lage für die Kinder. In Saporischschja gingen die Jüngsten nicht zur Schule, und oft sei sogar Online-Unterricht unmöglich. Die Kinder sind nach Angaben des Bischofs in einem schrecklichen Zustand: verängstigt vom häufigen Aufheulen der Alarmsirenen.
?Das wird sich leider auf ihre Psyche auswirken. Krieg bringt viele Zerstörungen mit sich, die sichtbaren, über die die Medien berichten, aber auch die verborgenen, die sich eines Tages in der Psyche dieser armen Kinder zeigen werden. Kinder, die sich, anstatt im Sandkasten zu spielen, im Keller verstecken müssen, bis der Alarm aufhört…“
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, k?nnen Sie hier unseren Newsletter bestellen.