Francis Kéré oder das „afrikanische Erwachen“
Es ist das erste Mal, dass die höchste Auszeichnung in der Welt des Bauens einem Afrikaner zuerkannt wird, und der 1965 geborene Kéré ist im Interview mit Radio Vatikan zu Recht stolz darauf. „Ich hatte meine Architektur immer als etwas Persönliches angesehen – dass ich den Menschen bei mir zu Hause etwas geben wollte. Und jetzt sehe ich mich auf einmal mit diesem großen Preis verbunden, von dem ich nie geträumt habe! Ich bin sehr überrascht davon und einfach nur dankbar. Dieser Preis bedeutet mir viel!“
Pionier des nachhaltigen Bauens
Der von Jay Pritzker und seiner Frau Cindy gestiftete Preis zeichnet seit 1979 die Arbeit eines lebenden Architekten aus, der in seinem Fach Bedeutendes geleistet hat. Bei Kéré wird, wie die Jury formulierte, „sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und die intelligente Nutzung lokaler Materialien“ gewürdigt. Denn Kéré, der 2004 sein Studio in Berlin eröffnet hat, ist ein Pionier der nachhaltigen Bauweise. Ihm geht es darum, Tradition und Moderne im Dienst an den Menschen miteinander ins Spiel zu bringen.
„Überall, wo ich arbeite, schaue ich als erstes: Was sind hier die ortsüblichen Materialien? Das gilt nicht nur für Burkina. Was gibt es hier vor Ort, und welche Handwerkstradition gibt es? Oft sind das sehr alte Traditionen. Das ist mein Ausgangspunkt, denn das ist es auch, was der Umwelt am ehesten entspricht. Als Student bin ich in mein Heimatdorf gegangen, um dort eine Schule zu bauen, und da schien es mir am einfachsten, das Material zu nehmen, das es dort im Überfluss gab, und vom Wissen der Bevölkerung und ihrer Arbeitskraft auszugehen.“
Lehmschule mit Segeldach
Kérés Heimatdorf heißt Gando, es liegt im Zentrum des Wüstenstaates Burkina Faso. 2001 errichtete Kéré hier eine Schule aus gepressten Lehmziegeln; das Dach spannt sich wie ein Segel über das Gebäude, um Luft zirkulieren zu lassen. Der Bau machte in der ganzen Region von sich reden, schon 2004 bekam er einen internationalen Preis.
„Ich wollte etwas Gutes schaffen für die Menschen in meiner Heimat, indem ich das verwende, was sie am meisten haben, nämlich Erde. Oft sagt man, dass so nur die Armen bauen – aber das wollte ich nicht akzeptieren! Ich wollte das Material so einsetzen, dass man damit Schulen oder Häuser errichten kann, die Komfort bieten und eine Identität, die inspirieren kann.“
Was Kéré erzählt, erinnert ein wenig an die , die Papst Franziskus im Jahr 2015 geschrieben hat. Wie der Papst nennt auch der afrikanische Architekt die Erde „unser gemeinsames Haus“. Er will auf seine Weise dazu beitragen, dass die Umwelt bewahrt und die Ärmsten behütet würden.
„Dieser Preis gibt uns noch mehr Glaubwürdigkeit beim Bemühen um den Schutz dieses Planeten. Überlegen Sie doch mal, was es allein kostet, schickes teures Baumaterial aus der Ferne zu importieren; das hat auch einen sozialen und kulturellen Preis! Wenn man hingegen das einsetzt, was man vor Ort vorfindet, und sich auch auf die örtlichen Arbeiter und ihr Know-how stützt, entsteht eine Wertschöpfungskette der lokalen Gemeinschaft. Dieser Preis ist ein Appell an Afrika, das wertzuschätzen, was wir haben, und nicht immer neuen Moden hinterherzulaufen. Wir können unseren Teil der Welt aufbauen mit dem, was wir selbst haben – mit unserer Kreativität, mit unserer Erde und unserem Holz.“
Das Dorf Gando ist längst Afrikas Architektur-Hotspot
Ein „Weckruf für Afrika“ sei sein Preis, und ein „Erwachen Afrikas“ wünscht sich der Architekt. In seinem Dorf hat er inzwischen seine Schule erweitert, einen Schulgarten angelegt, aus miteinander kombinierbaren Modulen Wohnhäuser für Lehrer errichtet; derzeit sind eine Bibliothek und eine weitere Schule dort im Bau. In Mali zeichnet Kéré für die Erneuerung des Nationalparks in der Hauptstadt Bamako verantwortlich; außerdem hat er in Mopti ein Architekturzentrum errichtet, das mit denselben Bautechniken entstand wie die berühmten Lehmmoscheen des Landes, etwa in Timbuktu.
„Mein Ansatz geht so: Wie können wir das einsetzen, was wir haben? Nicht nur die Ressourcen, sondern auch unseren Kopf, unsere Hände. Wie können wir damit etwas bauen, das andere inspiriert? Dieser Ansatz lag auf der Hand, und ich hatte das Glück, ihn weiterentwickeln zu können. Es geht um eine Sozialwirtschaft, die an die Menschen denkt und versucht, sie einzubeziehen, ihr Denken, ihr Können. Die ans Klima denkt, an sparsame Bauweisen, so dass man keine fossilen Energieträger braucht, um zu heizen oder abzukühlen.“
„Ich glaube, ich kann sagen, dass das Licht des Herrn auf mich gefallen ist“
Viele der Schöpfungen Kérés befinden sich in Westafrika, etwa in Benin, wo er die Nationalversammlung in Porto Novo baut, und im Senegal, wo gerade der Grundstein für ein neues Goethe-Institut in Dakar gelegt wurde. Doch auch in Deutschland, Dänemark und den Vereinigten Staaten hat Kéré schon Gebäude und Pavillons auf die Beine gestellt.
„Ich glaube, ich kann sagen, dass das Licht des Herrn auf mich gefallen ist. Er hat mir diese Energie gegeben. Ich kann nur sagen: Danke, Herr! Und gib mir die Kraft, weiterzumachen und noch mehr zu erschaffen! Aber es sind mittlerweile viele, die die Dinge ähnlich sehen und die zuerst vielleicht Gott, dann aber vor allem den Menschen in den Mittelpunkt des Interesses rücken.“
(vatican news – sk mit material von francoise niamien)
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