Franziskus in Assisi: ?Zeit, dass die Armen wieder zu Wort kommen"
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Der Papst erinnerte in seiner Ansprache an die vielen von Armut betroffenen Menschen in der Welt sowie an die Ungerechtigkeiten, denen sie ausgesetzt sind. ?Oft wird die Anwesenheit der Armen mit Unmut betrachtet und hingenommen”, beklagte der Papst; ?manchmal hört man, dass die Armen für die Armut verantwortlich sind”, statt die Ursachen in gewissen ungerechten Strukturen und in Ausbeutung zu sehen.
?Es ist an der Zeit, dass die Armen wieder zu Wort kommen, denn zu lange sind ihre Forderungen ungehört geblieben. Es ist an der Zeit, die Augen zu öffnen und den Zustand der Ungleichheit zu erkennen, in dem so viele Familien leben. Es ist an der Zeit, die Ärmel hochzukrempeln, um durch die Schaffung von Arbeitsplätzen die Würde wiederherzustellen. Es ist an der Zeit, wieder schockiert zu sein über die Realität von hungernden Kindern, versklavten, schiffbrüchigen und unschuldigen Opfern aller Arten von Gewalt.” Statt Gleichgültigkeit und Ausbeutung gelte es ?die Schönheit der Begegnung und des Dialogs wieder zu entdecken.”
Erzählungen aus den Randgebieten der Armut
Mehrere von Armut betroffene Menschen aus verschiedenen Ländern hatten davor aus ihrem Leben erzählt. Zunächst trat allerdings ein junges französisches Ehepaar in der Basilika ans Mikrofon, das sein Leben als Familie in den Dienst der Frohen Botschaft gestellt hat und auf seiner Mission in einer Banlieue im Großraum Paris die Frohe Botschaft unter Ausgegrenzten verkündet.
Danach sprachen ein Mann aus Spanien und ein weiterer aus Polen, denen die Begegnung mit Christus half, aus der Sucht und der Gewalt herauszufinden; sowie eine Frau aus Rumänien, Arbeitsmigrantin in Italien, die trotz schwerer Krankheit die Hoffnung hochhält. Eine junge Frau sowie ein betagtes Paar aus Afghanistan erzählten teils unter Tränen von ihrer tiefen Sorge um ihr Land unter den Taliban und um Angehörige, die noch dort sind. Franziskus hörte mit sichtlicher Beklommenheit zu.
Allen, die das Wort ergriffen hatten, dankte der Papst für ihren Mut und ihre Aufrichtigkeit. Er höre aus diesen Erzählungen Hoffnung und Widerstandskraft heraus. ?Möge dieses Treffen die Herzen von uns allen öffnen, damit wir einander zur Verfügung stehen. Damit wir unsere Schwäche in eine Stärke verwandeln, die uns hilft, den Weg des Lebens weiterzugehen. Damit wir unsere Armut in einen Reichtum verwandeln, den wir teilen können, und so die Welt verbessern”, so der Papst.
Mit dabei in Assisi: Kardinal Barbarin
An der Organisation der Begegnung war maßgeblich die französische katholische Bewegung ?Fratello“ beteiligt, die sich mit viel Einsatz um Benachteiligte, auch um Menschen mit Behinderung kümmert. Mit ihnen war auch Kardinal Philippe Barbarin nach Assisi gekommen, den Franziskus in der Menge entdeckte und anschließend in seiner Rede eigens würdigte. ?Er gehört zu den Armen, auch er hat mit Würde die Erfahrung der Armut, der Verlassenheit, des Misstrauens gemacht. Und er hat sich mit Schweigen und Gebet verteidigt. Ich danke Ihnen, Kardinal Barbarin, für Ihr Zeugnis, das die Kirche aufbaut."
Der frühere Erzbischof von Lyon war in Frankreich 2020 höchstinstanzlich vom Vorwurf freigesprochen worden, er habe Fälle sexualisierter Gewalt in der Kirche vertuscht. Dennoch nahm Franziskus seinen Amtsverzicht an. Seither lebt der 70-jährige Kardinal als Seelsorger in einem Dorf in der Bretagne, wo er Hausgeistlicher bei den Kleinen Schwestern der Armen (Petites soeurs des pauvres) in Saint Pern ist.
Den katholischen Welttag der Armen hatte Papst Franziskus 2016 ins Leben gerufen. Er wird am vorletzten Sonntag im Kirchenjahr - also jeweils im November - begangen. die diesjährige
(vatican news)
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