Rio de Janeiro: Der Christus, der die ganze Welt umarmt
Maria Milvia Morciano und Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Am 12. Oktober 1931 wurde die kolossale Christusstatue eingeweiht. Der Vorschlag, zu Ehren von Prinzessin Isabel ein christliches Denkmal auf dem Berg Corcovado zu errichten, war zwar bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht, aufgrund mangelnder Unterstützung aber nicht weiterverfolgt worden. 1889 wurde Brasilien dann eine Republik - und mit der Trennung von Staat und Kirche schien auch die monumentale Christusstatue in Vergessenheit geraten zu sein.
Um die christlichen Wurzeln der Nation nicht zu verlieren und dem Atheismus entgegenzuwirken, schlug die Erzdiözese Rio de Janeiro – damals die Hauptstadt Brasiliens – das Projekt 1921 dann aber erneut vor. Eine von 20.000 brasilianischen Frauen unterzeichnete Petition sollte helfen, die erforderlichen Mittel zu beschaffen, die hauptsächlich von brasilianischen Katholiken gestellt wurden.
Die Statue erhebt sich auf dem 710 m hohen Corcovado-Berg im Tijuca-Nationalpark. Von hier aus kann man das beeindruckende Panorama Rio de Janeiros bewundern: den Zuckerhut, die Lagune Rodrigo de Freitas, die Strände von Copacabana und Ipanema, das Maracanã-Stadion und die Favelas der Ärmsten der Armen. Keine kolossale Statue der Welt verschmilzt so sehr mit der sie umgebenden Landschaft wie der Christus von Rio, der zu einer Art spirituellem Symbol geworden ist, das die ganze Welt zu umarmen scheint.
Eines der sieben modernen Weltwunder
Zunächst hatte man einen Christus vom Typ ?Salvator Mundi“ mit der Weltkugel in der Hand und dem Kreuz an der Seite erwogen, doch dann setzte sich die Idee durch, die wir heute sehen: ein unverwechselbares Symbol Brasiliens, das auch als eines der neuen sieben Weltwunder aufgeführt wird. Mit ihren ausgebreiteten Armen zeichnet die stehende Christusfigur die unverwechselbare Silhouette des Kreuzes nach. Die Spannweite der Arme beträgt 28 Meter, das Gesamtgewicht 1.145 Tonnen.
Kopf und Hände wurden nach Gipsmodellen gefertigt, die der polnisch-französische Bildhauer Paul Landowski – ein Vertreter des Art Déco – in seinem Atelier nahe Paris hergestellt hatte. Zum 75. Jahrestag der Errichtung wurde die Statue 2006 zum Wallfahrstort erklärt. Landowski modellierte die Statue in einzelnen, lebensgroßen Stücken aus Ton, die dann auf dem Seeweg nach Brasilien transportiert und dort in Beton nachgebildet wurden.
Die Verwendung von Beton als Oberflächenmaterial war jedoch aus ästhetischer Sicht enttäuschend. Bei einer Reise nach Paris kam dem mit den Arbeiten betrauten brasilianischen Ingenieur Heitor das Silva Costa bei der Betrachtung eines Springbrunnens die Idee, die gesamte Oberfläche der Statue mit einem Mosaik zu bedecken. Er wählte Speckstein, der in Brasilien weit verbreitet und sehr widerstandsfähig ist.
Ein Gemeinschaftswerk
Die Frauen einer Gemeinde am Fuße des Corcovado machten sich sofort ans Werk. Sie klebten Tausende von dreieckigen Fliesen (3x3x4 cm groß, 5 cm dick) auf Quadrate aus Leinenstoff. Auf die Rückseite der Kacheln schrieben viele die Namen ihrer Angehörigen. Die Frauen wollten ihre Angehörigen Christus anempfehlen und fühlten sich dazu berufen, ein geistliches Symbol zu schaffen, in dem sie sich selbst wiedererkennen konnten. Die 1926 begonnenen Arbeiten konnten 1931 abgeschlossen werden. Obwohl sich das Arbeiten in so großer Höhe äußerst schwierig gestaltete, kam kein einziger Arbeiter dabei ums Leben.
Die Verbindung zu Italien
Auf dem Sockel der Christusstatue von Rio de Janeiro erinnert eine Gedenktafel aus dem Jahr 1974 an das enge Band, das Brasilien und Italien verbindet. Genau genommen an den 12. Oktober 1931: den Abend, als die Beleuchtung der Christus-Statue auf dem rund 700 Meter hohen Monte Corcovado in Betrieb genommen worden war, ferngesteuert aus Italien von Radio-Erfinder Guglielmo Marconi.
(vaticannews – skr)
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