Dschibuti: Flüchtlinge jenseits von Europa nicht vergessen
Adélaïde Patrignani und Stefanie Stahlhofen – Vatikanstadt
Bab al-Mandab, ?Tor der Tränen“ heißt die Meeresroute, die das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet. Der Name ist leider ziemlich passend, denn das Tor der Tränen ist eine Migrationsroute, auf der es die gleichen Tragödien wie im Mittelmeer gibt – nur dass darüber in den meisten Medien viel weniger berichtet wird.
Bab al-Mandab verbindet den Jemen mit der Küste von Dschibuti, das zum Transitland für Migranten geworden ist, die auf der Arabischen Halbinsel Arbeit suchen; zugleich fliehen viele Menschen aus dem Bürgerkriegsland Jemen. Mit Schleppern aus dem Jemen sollen auch die Migranten gekommen sein, die beim jüngsten Unglück vor der Küste Dschibutis ertranken.
?Das ist ein Phänomen, das trotz der schwierigen und sehr chaotischen Situation im Jemen anhält. In den 1990er Jahren bis 2011 gab es viele Migranten, Flüchtlinge, die vor allem aus Äthiopien, aber auch aus Somalia durch den Jemen kamen. Das Phänomen setzte sich fort, als der Bürgerkrieg im Jemen begann, was ein wenig überraschend ist. Ich denke, das liegt vor allem auf der äthiopischen Seite daran, dass die reale Situation im Jemen nicht bekannt ist: Die Menschen ,träumen‘ davon, über den Jemen nach Saudi-Arabien zu gelangen, trotz aller Risiken dort: dem Risiko, misshandelt und verkauft zu werden und dem Risiko, das Meer zu überqueren, insbesondere bei Bab al-Mandab.“
Schlepper nutzen die Lage aus
So erklärt der Franziskaner Giorgio Bertin im Interview mit Radio Vatikan, warum immer noch so viele Menschen über diese Route fliehen. Bertin ist seit 2001 Bischof von Dschibuti und Apostolischer Administrator von Mogadischu sowie Präsident der Caritas Dschibuti und Somalia.
Zu Beginn des Bürgerkriegs im Jemen, im Jahr 2015, seien auch viele Flüchtlinge von dort nach Dschibuti gekommen; inzwischen seien es aber deutlich weniger. Nun seien auch viele Somalier dabei, die versuchen, nach Somalia zurück oder in Flüchtlingslager in Dschibuti zu gelangen. Angesichts der katastrophalen Lage im Jemen wollten auch vor allem Äthiopier wieder versuchen, zurückzukehren. Von dieser Situation profitierten die illegalen Schleuser:
?Die Schlepper beladen die Boote über deren Fassungsvermögen hinaus, so dass es oft zu Schiffbrüchen kommt und die Menschen gezwungen sind, ins Wasser zu springen. Erst vor kurzem sind ja wieder mehr als 30 Menschen ertrunken. Ein Eingreifen aus dem Jemen halte ich angesichts der chaotischen und anarchischen Situation in einem Großteil des Landes für fast unmöglich. In Dschibuti ist die Küstenwache involviert, aber das ist nicht genug, denn es müsste Tag und Nacht Patrouillen geben; die Möglichkeiten der dschibutischen Küstenwache sind aber ziemlich begrenzt.“
Und so kommt es dann immer wieder zu Toten. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) forderte nach dem jüngsten Unglück vor Dschibuti die Festnahme und strafrechtliche Verfolgung von Schleppern. Dies müsse ?eine Priorität werden“, so IOM-Regionaldirektor Mohammed Abdiker auf Twitter. Anfang März waren ebenfalls vor der Küste Dschibutis 20 Menschen ertrunken - Schlepper hatten die Migranten aus einem überfüllten Boot mit 200 Insassen ins Meer geworfen.
Nicht eurozentrisch denken
?Wir dürfen nicht nur eurozentrisch denken, sondern müssen die Situation der Migranten und Flüchtlinge bedenken, die auch in anderen Teilen der Welt zahlreich sind. Wir müssen vermeiden, nur auf das zu schauen, was vor unserer Haustür passiert, und eine viel weitere Sichtweise einnehmen.“
Bischof Bertin von Dschibuti an der ostafrikanischen Küste ruft im Gespräch mit Radio Vatikan dazu auf, die Situation der Migranten und Flüchtlinge weltweit nicht aus dem Blick zu verlieren.
(vatican news/diverse – sst)
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