Myanmar: ?Kirche hat sich für Dialog und Frieden entschieden“
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
Die Rolle der kleinen katholischen Kirche im buddhistisch geprägten Myanmar schätzt die Expertin als sehr konstruktiv ein.
Corinna Broeckmann: Tatsächlich sehe ich jetzt die größte Gefahr in der Eskalation der Gewalt durch Polizei und Militär. Die friedlichen Demonstrationen werden ja weitergeführt, obwohl die Polizei verbietet, dass sich mehr als fünf Menschen treffen. Zugleich muss man sehen, auch in Myanmar gibt es eine Coronapandemie mit schon über 3100 Toten und - auch wenn wenig getestet wird - 140.000 Infizierten über das letzte Jahr verteilt. Das Gesundheitssystem ist völlig überlastet und die Wirtschaft ist zum Teil am Boden. Das wirkt sich immer besonders auf die Armen in den Städten, aber auch auf dem Land aus. Die gesamte Situation ist durch diesen Putsch nochmal dramatisch schwieriger geworden.
Radio Vatikan: Welche Möglichkeiten für eine Entwicklung der Lage sehen Sie zur Zeit? Was könnte als Nächstes geschehen?
Corinna Broeckmann: Das ist total schwer zu sagen. Es ändert sich jeden Tag irgendetwas. Die Konfrontationen und die Polizei und das Militär, die den Demonstranten gegenüberstehen, das ist alles schon da. Es gibt Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse, die Leute verletzen. Es gab wahrscheinlich auch schon die erste Tote, es gibt Leute, die festgenommen werden in großer Zahl. Es hängt also alles stark davon ab, welches Interesse das Militär hat an einem echten Dialog. Wir hoffen alle, dass sie nicht in alte Gewaltmuster zurückfällt und das Land aus der Zeit die das Land aus der Zeit vor 2010 zur Genüge kennt. Da sehe ich die große Gefahr, dass da der Dialog nicht aufgegriffen wird, der von der Kirche mit angeschoben worden ist. Da scheint für mich noch alles möglich, zumal jetzt auch zusätzlich die amerikanischen Sanktionen gegen das Militär angestoßen worden sind von Biden. Da ist viel möglich und schwer abzusehen.
Radio Vatikan: Welche Rolle spielt die kleine katholische Kirche in Myanmar in der aktuellen Lage?
Corinna Broeckmann: Die Katholiken bilden eine kleine Minderheit von einem Prozent der Menschen in Myanmar, ungefähr 500.000 Personen. Kardinal Charles Bo, Präsident der Föderation asiatischer Bischöfe, hat sich in den Jahren zunehmend deutlich für die Einhaltung von Menschenrechten, Demokratie und Dialog für den Frieden im Land ausgesprochen. Das hat er erneut nach der Verhängung des Ausnahmezustandes durchs Militär bekräftigt, zugleich riefen die Bischöfe dazu auf, Solidarität mit dem Demonstrierenden zu zeigen. Niemand will zurück in vordemokratische Zeiten. Die katholische Kirche in Myanmar hat sich für Dialog und Frieden entschieden. Und sie hat in den letzten Jahren auch in der Entwicklungsarbeit eine zunehmend wichtige Rolle übernommen und Zeichen gesetzt. Sie steht an der Seite der Menschen, die Frieden wollen.
Radio Vatikan: Papst Franziskus hat seine Sorge für das Land bekundet, das er vor einigen Jahren besucht hat, er warb dort in der Gesellschaft für Versöhnung. Ist das im Land noch in Erinnerung?
Corinna Broeckmann: Der Papstbesuch war das erste Großereignis dieser Art in Myanmar und machte die Katholiken für die Buddhistische Mehrheit im Land erstmals richtig deutlich sichtbar. Die Bischöfe und besonders Kardinal Bo nutzten die Gelegenheit, Gespräche über Frieden auch auf politische Ebene mit Aung San Suu Kyi und Militärvertretern voranzubringen. Die internationale Aufmerksamkeit eines solchen Großereignisses können die Anliegen von Kirche und Zivilgesellschaften natürlich unterstützen. Kardinal Bo sagte jetzt, Frieden ist möglich, Frieden ist der einzige Weg, und Demokratie ist das einzige Licht für diesen Weg. Darin möchten wir von Misereor ihn natürlich unterstützen.
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, k?nnen Sie hier unseren Newsletter bestellen.