Frankreich: ?Leben retten bedeutete vor dem Tod retten“
Mario Galgano – Vatikanstadt
Er muss es ja wissen: Erzbischof Michel Aupetit war ursprünglich Arzt. Als Seelsorger hat er oft auch mit Sterbenden und Hinterbliebenen zu tun gehabt. Aupetit hat in diesem Monat, in dem unter anderem auch der Verstorbenen gedacht wird, ein Buch herausgegeben, in dem es um den Tod geht. Ans Sterben denken durch eine Meditation für den Weg des Lebens, so wolle er das Thema angehen, erläutert der Pariser Erzbischof gegenüber Radio Vatikan . Ans Sterben denken, verängstige und verunsichere viele Menschen, ist sich Aupetit bewusst, aber man solle jenen Augenblick als ?Verlängerung des ewigen Lebens betrachten“, fügt er an:
?Unser Verhältnis zum Tod hat sich etwa Mitte des 20. Jahrhunderts verändert. Der Tod war zuvor mehr oder weniger als Teil des Lebens betrachtet worden, während wir im Laufe des 20. Jahrhunderts feststellen können, dass es einen Bruch mit dem Thema des Todes gibt. In der Vergangenheit war es normal zu trauern, das heißt, es war normal, dass wir die Menschen wissen ließen, welches Leid uns der Verlust eines geliebten Menschen bringt. Heute trauern wir nicht mehr, wir verstecken die Toten.“
Dem Tod ins Gesicht zu sehen, lehre uns aber, wahrhaftig zu leben, so der Erzbischof. Die eigentliche Frage sei, wie wir die Realität akzeptieren.
?Wir müssen uns die Frage über das ewige Leben stellen, die zu lange nicht mehr gestellt wurde. Es geht auch um die Frage, welches Leben nach dem Tod kommt. Wie denken wir über den Tod, um unser Leben heute zu leben? Auch das müssen wir uns fragen. Das Thema des ewigen Lebens wurde zur gleichen Zeit wie unser körperliches Sterben ausgelassen. Jetzt bietet sich eine Gelegenheit, den Sinn unseres Lebens, unserer Präsenz auf der Erde und die Art und Weise, wie wir es in der Tiefe leben, neu zu überdenken.“
In Wirklichkeit geht es darum, vor dem Leben schützen
Der Erzbischof von Paris fordert daher das richtige Maß ?zwischen der Gleichgültigkeit, die vor einigen Jahren herrschte, und der gegenwärtigen Angst vor dem Tod“. Diese Angst sei durch Terroranschläge, durch die Pandemie und andere Faktoren verursacht.
?Die Antwort, die wir bisher hatten, war, uns mit allen Mitteln vor dem Tod zu schützen. In Wirklichkeit haben wir uns vor dem Leben geschützt. Wir müssen uns die Frage stellen: Ist nicht der Tod der Offenbarer des Lebens? Wenn wir über die heutige Medizin nachdenken, wird mir klar, dass unsere Sprache bisher unangemessen war. Wir sprachen darüber, ,Leben zu retten´. In Wirklichkeit haben wir uns vor dem Tod gerettet. Wir ließen zu, dass ein Leben nicht seinen natürlichen Lauf nehmen würde, wussten aber, dass der letzte Kampf gegen den Tod verloren sein würde. Wenn ich heute mein Leben als Priester betrachte, sehe ich, dass ich nicht gegen den Tod kämpfe, sondern mein Leben mit dem Leben in Beziehung setze. Deshalb hat diese Meditation über den Tod kein anderes Ziel, als zu lernen, wie man lebt, wie man wahrhaftig lebt, wie man ,Leben in Fülle´ schenkt und empfängt“, so Bischof Aupetit abschließend.
Das Buch ?La mort: méditation pour un chemin de vie“ ist im Verlag Artège erschienen, bisher nur auf Französisch.
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, k?nnen Sie hier unseren Newsletter bestellen.