Venezuela: Interreligi?ses Gebet für ein Ende der Pandemie
Christine Seuss und Gabriella Ceraso - Vatikanstadt
Mit einem interreligiösen Gebet wollen die Glaubensgemeinschaften des Landes an diesem Mittwoch für ein Ende der Pandemie beten, die auch die einfachsten humanitären Hilfen gravierend erschwert.
Mario Moronta ist Bischof von San Cristóbal und Vizepräsident der Bischofskonferenz von Venezuela. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert er den Sinn und Zweck der Initiative – und gibt einen Überblick über die schwierige soziale und humanitäre Situation in dem Land, das schon über 4.000 Corona-Ansteckungen zu verzeichnen hat.
Zur Erinnerung: Bereits vor Ausbruch der Pandemie lebte die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung in Armut, und grundlegende Ressourcen wie Medizin, Hygieneartikel und Nahrung waren Mangelware. Heute ist ein Viertel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen, über 90 Prozent der Familien lebt in Armut und die Grenzen werden dem Ansturm der Menschen, die auf der Suche nach Arbeit oder dringend benötigten Gütern die Grenzen überquerten und nun zurück nach Venezuela wollen, wegen der Pandemie aber zurückgewiesen werden, nicht mehr Herr. Hilfsleistungen für die Menschen sind ebenso wegen der geltenden Corona-Bestimmungen kaum zu realisieren.
Gebet und gemeinsamer konkreter Einsatz
Das interreligiöse Sozialforum Venezuelas hat für diesen Mittwoch zu einem gemeinsamen Gebet aufgerufen, um ein Ende dieser unerträglichen Situation zu erflehen. Ökumene und interreligiöser Dialog, so erläutert der Vizepräsident der venezolanischen Bischofskonferenz die gemeinsame Initiative vor unserem Mikrofon, seien durch die kirchliche Tradition als sichere Grundlage überliefert: ?Wir alle sind Mitglieder der Menschheitsfamilie, und alle glauben wir an Gott. Also müssen wir nicht nur mit dem Gebet und dem Lobpreis des Herrn, sondern auch mit der tätigen Nächstenliebe voller Solidarität, Gerechtigkeit und Einsatz für die Gesundheit und die ganzheitliche Entwicklung der gesamten Gesellschaft alle zusammenarbeiten. Welcher Religion auch immer wir angehören, wir sind Geschwister und gehören zur selben Familie!“
Über 10.000 Venezolaner hängen an der Grenze fest
Die Situation in Venezuela sei nach wie vor durch Hunger und Armut geprägt und verschlimmere sich täglich, klagt Moronta. Von Anfang an hatten sich Kirchenvertreter in Venezuela gegen die ausufernde Gewalt und die zunehmende Unterdrückung der Bevölkerung durch Präsident Nicolás Maduro gewandt. Mittlerweile seit 2016 lebt das Land einen buchstäblichen Bürgerkrieg, in dem demokratische Errungenschaften systematisch ausgehebelt werden, eine schwindelerregende Inflation herrscht und der Bevölkerung auch grundlegende Ressourcen verwehrt bleiben.
Auch die sozialen Probleme verschärfen sich zusehends, unterstreicht der Vizepräsident der Bischofskonferenz: ?Und einer der Gründe dafür sind die Schwierigkeiten, die mit der durch die Regierung und die Gesundheitsbehörden verhängten Quarantänebestimmungen einhergehen. Dadurch ist es nicht einfach, die Menschen und Familien zu besuchen und ihnen Linderung zu verschaffen. Entlang der Grenze sind 12.000 Venezolaner blockiert, die wegen der Restriktionen nicht zurück ins Land können, auch weil die Grenze erneut geschlossen wurde, sowohl seitens der kolumbianischen als auch der venezolanischen Regierung. Gottseidank hat die Diözese von Cùcuta ein großes Hilfsprogramm aufgelegt, mit dem sie versucht, der Situation Herr zu werden.”
Paradigmenwechsel nach der Pandemie
Kaum eine Gegend der Welt ist derzeit so durch die Corona-Pandemie gezeichnet wie Lateinamerika, allein Brasilien verzeichnet schwindelerregende Infektionsraten. Eine Situation, die erst recht Länder an den Abgrund bringt, die bereits vor dem Gesundheitsnotstand schwierige Zeiten durchlebten. ?Wir stehen wegen dieser Pandemie unglaublich vielen Herausforderungen gegenüber“, betont auch Bischof Moronta, der vor allem drei davon unterstreicht: ?Eine erste besteht darin, allen begreiflich zu machen, wie wichtig die gesundheitliche und spirituelle Pflege ist. Dann müssen wir uns alle mit dem Gebet und der Besinnung auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten, die einen Paradigmenwechsel bedeutet: Es ist nötig, einen neuen Lebensstil zu denken und vorzubereiten. Eine dritte Herausforderung liegt bei der Kirche, einer Kirche, die näher am Volk sein muss, näher am Geruch des Volkes, wie Papst Franziskus sagt, aber vor allem einer Kirche, die ein Lichtzeichen sein soll, ein Zeichen der Hoffnung im Namen des Herrn Jesus Christus.“
(vatican news - cs)
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