Heiliges Land: ?Die Mauer in den K?pfen“
Das sagte Pierbattista Pizzaballa, der Leiter des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, im Gespräch mit der deutschen ?Kinderhilfe Betlehem“.
?Als ich ankam, tobte die erste Intifada“, erzählte der Franziskaner, der seit dreißig Jahren im Heiligen Land lebt. ?Dann kam Oslo, die Euphorie über das Oslo-Abkommen, die Frustration über das Oslo-Abkommen, die zweite Intifada und alles was danach kam.“ Mittlerweile habe sich ?eigentlich alles verändert“, die Gesellschaft sei ?eine andere“ geworden.
Kaum jemand glaubt noch an einen Nahost-Frieden
An eine ?stabile Lösung“ für den Nahostkonflikt glaube kaum noch jemand. Außerdem bestimme heute die religiöse Einstellung auch ?die politische Sicht auf die Dinge“. Pizzaballa wörtlich: ?Man schaut auf sein Dorf, seine Familie, seine Religion. Dieses Denken schafft Mauern in den Köpfen.“
In den von Israel besetzten Palästinensergebieten wolle die Bevölkerung in erster Linie ?ein normales Leben“, so Pizzaballa. ?Sie wollen sich frei bewegen können. Sie wollen eine gute Zukunft für ihre Kinder, wollen einfach leben wie andere Menschen auch. Sie haben es satt darauf zu warten, ob es irgendwann irgendeine Lösung gibt.“
Lage im Gazastreifen ist ?beschämend, wirklich, eine Schande“
Christliche Familien ziehen nach seiner Beobachtung aus ökonomischen Gründen verstärkt in die Städte, etwa nach Ramallah. Dadurch finde christliches Leben auf dem Land kaum leider kaum noch statt.
Die Lage im Gazastreifen nennt er ?beschämend, wirklich, eine Schande“. Die Menschen hätten dort kaum Möglichkeiten zu arbeiten, die Arbeitslosenrate liege bei über 60%, es gebe selten Strom, und sie seien eingeschlossen und könnten nicht aus dem Gaza-Streifen heraus. ?Sie leben in einem großen Käfig.“
Natürlich sei das Leben in den palästinensischen Gebieten schwierig – nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus religiösen Gründen. ?Wobei ich da gerne etwas bremse: Minderheiten steigern sich oft in ihre Probleme hinein, das ist eine Art Minderheiten-Komplex. Wenn es Probleme gibt, führen sie es reflexartig auf ihr Christsein zurück. Aber gewisse Probleme haben alle, unabhängig ihrer Zugehörigkeit.“
Weil die Christen ?nicht mehr so viele“ seien, passiere es auch oft, ?dass unsere Bedürfnisse schlicht nicht mehr wahrgenommen werden“, so Pizzaballa. ?In der Vergangenheit spielten die Christen in der Gesellschaft und der Politik eine zentralere Rolle, waren eine Elite. Heute hat sich das alles verändert.“
In Israel ist christliches Leben stabil
Der Apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchats macht darauf aufmerksam, dass in Israel (130.000 Christen) deutlich mehr Christen leben als im Westjordanland (45.000 Christen). ?Auch in Israel verändert sich das christliche Leben, aber es ist stabil. Der grundlegende Unterschied ist: Die Christen in Israel haben, anders als im Westjordanland, eine Staatsbürgerschaft, sie haben Rechte, sie können wählen.“
Die meisten Christen in Israel gehörten zur Mittelschicht. Sie seien ?nicht besonders eng mit der Kirche verbunden, auch weil die Kirche für sie nicht lebensnotwenig ist“. Die Zugehörigkeit zur Religion präge vielmehr ?die Identität“.
Auf die Frage, ob es eine Verfolgung von Christen gebe, spricht Pizzaballa von ?Einzelfällen“: ?Das geschieht episodisch, nicht regelmässig. Es gibt im Westjordanland keinen IS.“ Natürlich dürfe man ?nicht naiv sein oder immer alles schönreden“. Es gebe durchaus auch religiöse Spannungen, aber die seien eher auf ?spezielle Gruppen“ beschränkt. ?Man kann nicht sagen, dass die Gesellschaft gegen die Christen ist“.
(vatican news – sk)
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