Bischof Kr?utler findet Papstschreiben nicht mutig genug
Doch zur vierten Vision des Papstes – der nämlich, die sich auf das Kirchliche und die Seelsorge bezieht –, sagt Kräutler, hier spüre er ?einen Bruch“. ?Da hatte ich den Eindruck dass wir von einer Vision zu einem sehr pragmatischen Denken übergehen.“ Der Traum halte inne, und ?sehr pragmatische, normative Erklärungen heben an“, so der gebürtige Voralberger Kräutler zur Nachrichtenagentur kath.ch.
?Viele Leute – dazu gehöre auch ich – fanden diesen Teil sehr seltsam, weil sich da auch der Stil ändert“, fährt Kräutler in dem Interview von diesem Wochenende fort. Auf die Frage, ob er enttäuscht sei, dass Franziskus nicht über eine mögliche Lockerung des Zölibats in sehr entlegenen Amazonas-Regionen befinde, sagt er: ?Ich würde nicht von enttäuscht sprechen. Sagen wir: Viele Leute und ich auch sind da perplex und verstehen nicht, warum diese Maßnahme vom Papstschreiben nicht aufgegriffen wird.“
Er finde es ?ausgesprochen seltsam“, dass Franziskus noch nicht einmal anspiele auf den Vorschlag der Bischofssynode vom Oktober, in entlegenen Regionen verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Dabei hätten sich doch die Bischöfe mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen. ?Allerdings kann man die Sache auch positiver sehen und darauf hinweisen, dass der Papst die Debatte nicht beendet hat“, so Kräutler. Er sei überzeugt davon, dass die Debatte jetzt weitergeführt werde – ?vor allem von Bischöfen, die wie ich für die viri probati gestimmt haben“.
Er könne nicht beurteilen, ob sich Papst Franziskus in diesem Punkt unter Druck gefühlt habe. ?Mein tiefes Gefühl ist aber, dass es viele Interventionen mit dem Ziel, das Thema der viri probati nicht anzusprechen, gegeben haben wird“, so Bischof Kräutler. Um in entlegenen Amazonas-Regionen Eucharistiefeiern sicherzustellen, werde es nicht reichen, mehr lateinamerikanische Missionare dorthin zu schicken. ?Ich glaube nämlich, dass Amazonien nur durch Leute gerettet werden kann, die dort leben und die von dort sind… Die einzige Art und Weise, das Problem des Priestermangels zu lösen, besteht darin, im Reichtum Amazoniens zu schöpfen.“
Keine Weihe für Frauen? Ein ?strategischer Fehler“
?Sehr schwierig“ kommt es Kräutler vor, die Idee des Papstes umzusetzen, Wandermissionare durch Amazonien zu schicken. Es habe schon viele Versuche in dieser Richtung gegeben – ?ohne großen Erfolg, ehrlich gesagt“.
Auch mit dem Nein des Papstes zu einer Weihe von Frauen geht der Bischof mit verbindlichem Ton ins Gericht. ?Das ist ein strategischer Fehler“, sagt er, ?vor allem mit Blick auf das Vordringen der evangelikalen Gemeinschaften. Wir verpassen hier die Chance, die Rolle von Frauen wirklich anzuerkennen.“ Dabei hinge das Gedeih der katholischen Gemeinschaften in Amazonien im wesentlichen von ihnen ab.
Was den Vorschlag des Papstes angehe, Ämter für Frauen zu schaffen, ohne ihnen eine Weihe zu geben, sagt Kräutler: ?Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie man das den Gläubigen erklären soll. Ich hätte mir wirklich in diesem Punkt einen größeren Schritt nach vorn erwartet.“
Erwin Kräutler ist emeritierter Bischof der Prälatur Xingu (370’000 km2) im brasilianischen Bundesstaat Pará. Von 1983 bis 1991 leitete er den brasilianischen Indianermissionsrat (CIMI), derzeit ist er Vizepräsident des kirchlichen Amazonien-Netzwerks Repam. Auf der Bischofssynode zu Amazonien im vergangenen Oktober hat er eine wichtige Rolle gespielt. Die übrigen Synodenväter wählten ihn in die Informationskommission der Versammlung.
(kath.ch/vatican news – sk)
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