Kolumbien: Katholische Kirche dr?ngt auf Dialog
Gerichtet an die Regierung des konservativen Präsidenten Ivan Duque und das Komitee des Nationales Streiks sagte der Vikar der Erzdiözese Bogota, Rafael Cotrino, am Wochenende, beide Seiten müssten aufeinander zugehen. ?Ich sage an alle, die eine gute Dosis Demut gebrauchen könnten: Alle Welt ist ein bisschen hochmütig und der Hochmut ist kein guter Ratgeber“, zitierte die Tageszeitung ?El Tiempo“ vom Sonntag den katholischen Geistlichen.
Generalstreik am 4. Dezember
Cotrinos Appell fand in den kolumbianischen Medien ein breites Echo. Demut helfe, die Dinge richtig einzuordnen und daran zu denken, was vereint möglich sei. Seit Tagen demonstrieren die Menschen in Kolumbien für eine gerechtere Sozialpolitik, eine nachhaltigere Umwelt- und Wirtschaftspolitik und vor allem eine glaubwürdige Friedenspolitik nach dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg.
Für kommenden Mittwoch haben Gewerkschaften zu einem erneuten Generalstreik aufgerufen. ?Wir verstärken unseren Protest mit einem nationalen Streik am 4. Dezember und vier Tage später mit einem großen Konzert unter dem Motto 'Erhebe deine Stimme, ein Lied für Kolumbien'“, kündigte Diogenes Orjuela, Chef des Gewerkschaftsbundes CUT, auf Twitter an. An dem Konzert im Park Simon Bolivar mitten in der Hauptstadt Bogota wollen namhafte kolumbianische Künstler teilnehmen.
Suche nach ?Vision für das Wohl des Landes“
Um die tiefen Gräben der Ungleichheit in Kolumbien zu überwinden, sei es notwendig, sich von eigenen Ansprüchen zu verabschieden, so der Vikar der Erzdiözese Bogota, Cotrino, weiter: ?Wir alle müssen von bestimmten Privilegien zurücktreten, wenn wir wollen, dass sich die sozialen Bedingungen für die Ärmsten der Armen verbessern. Aber das sehe ich nicht.“ Stattdessen habe er den Eindruck, dass die Privilegierten der Gesellschaft ihre Stellung für unantastbar erklären wollten. Dies mache eine Lösung so schwierig.
Cotrino forderte eine ?Vision für das Wohl des Landes“. Junge Kolumbianer wollten mehr staatliche Mittel für Bildung, andere ein besseres Gesundheitswesen, wieder andere bessere Wohnungen und eine weitere Fraktion brauche Zugang zu Landbesitz. Wenn allerdings jede Bevölkerungsgruppe meine, sie sei die wichtigste, dann werde es für keine Seite zu Verbesserungen kommen.
Indigene unterstützen Proteste
Am Freitag traf eine Delegation der indigenen Bevölkerung aus der Unruheprovinz Cauca in der kolumbianischen Hauptstadt ein, um die Proteste zu unterstützen. Die Organisatoren der Streiks und Demonstrationen haben zuletzt den Aufruf von Präsident Duque für eine nationale Konfliktlösung als zu wenig demokratisch kritisiert und stattdessen einen umfassenden Dialog mit stärkerer Beteiligung der Zivilgesellschaft gefordert. Sie lehnen die Pläne für eine Reform der Sozialpolitik ebenso ab wie Privatisierungen in der Wirtschaft und die schleppende Umsetzung des Friedens mit der einstigen FARC-Guerilla.
Zahlreiche Politikwissenschaftler und Kommunikationsexperten raten der Regierung Duque, stärker auf die Protestbewegung zuzugehen. ?Mehr als ihre Kommunikation zu verbessern, muss die Regierung zu Änderungen bereit sein“, sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts ?Cifras & Conceptos“ dem Nachrichtenmagazin ?semana“ vom Sonntag.
Kirche will nationalen Dialog mitgestalten
Die kolumbianische Bischofskonferenz will unterdessen mehr Verantwortung in der gesellschaftlichen Debatte übernehmen. Die katholische Kirche wäre nicht nur bereit, an einem nationalen Dialog teilzunehmen, sondern einen solchen Dialog in den Regionen aktiv zu fördern, sagte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof Elkin Fernando Alvarez Botero aus Medellin, der Tageszeitung ?El Heraldo“. Die sozialen Proteste der vergangenen Tage zeigten deutlich den Wunsch des kolumbianischen Volkes nach echten Veränderungen. Die Proteste müssten aber friedlich bleiben, mahnte der Bischof. Nicht Zerstörung, sondern konstruktive Gespräche seien das Gebot der Stunde.
(kna – pr)
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