Turiner Grabtuch: Datierung unzuverl?ssig?
Silvia Kritzenberger und Federico Piana - Vatikanstadt
Sinn und Zweck der Konferenz, die am 23. Mai an der Universität Catania tagen wird, gehen schon aus dem Titel hervor: ?Datierung mittels Radiokarbonmethode: Alles muss noch einmal gemacht werden“. Die Zuverlässigkeit der Untersuchungen, die das Grabtuch 1988 anhand von drei Gewebeproben auf die Zeit zwischen 1260 und 1390 n. Chr. datierten, müssen im Licht neuer Erkenntnisse in Frage gestellt werden. Davon sind renommierte Experten und Grabtuchforscher überzeugt.
Radiokarbonmethode: Rohdaten der früheren Messungen lassen Zweifel aufkommen
Einer der Konferenzteilnehmer ist Benedetto Torrisi, Statistikprofessor an der Universität Catania. ?Es ist eine Überzeugung, die von Beweisen gestützt wird. Dank des multidisziplinären Treffens von Grabtuchforschern, Statistikern und Analysten haben wir die Rohdaten der damaligen Probemessungen in den Labors Oxford, Arizona und Zürich erhalten. Und die zeigen ein ganz anderes Bild – schon allein deshalb, weil sich daraus noch detailliertere statistische Daten ergeben als aus den Messungen von 1988. Und anhand dieser neuen Erkenntnisse sind wir zu Schlussfolgerungen gelangt, die wir nun der wissenschaftlichen Gemeinschaft unterbreiten werden,“ führt Torrisi aus.
Man dürfe auch nicht vergessen, dass die wissenschaftliche Fachzeitung ?Nature“ damals nur die Ergebnisse von vier Probemessungen veröffentlicht habe, obwohl insgesamt 16 Einzelmessungen stattgefunden hätten.
Zweifelhafte Technik der Gewebeprobeentnahme…
Eine weitere Bestätigung dafür, dass alles in Frage gestellt werden muss, könne die fehlende Übereinstimmung der Daten sein, die mittels Radiokarbonmethode erfasst wurden, führt Professor Torrisi weiter aus: ?Nicht nur die Ergebnisse der drei Labors weichen voneinander ab – es gibt auch bei den verschiedenen Messungen, die von ein- und demselben Labor vorgenommen wurden, oft keine Übereinstimmung.“ Seiner Meinung nach sind sogar die Techniken, die bei der Gewebeentnahme angewandt wurden, äußerst zweifelhalt und garantieren keinerlei statistische Zuverlässigkeit.
Die Konferenz im sizilianischen Catania will also anhand von Argumenten und Beweisen aufzeigen, dass die Altersbestimmung des Grabtuchs noch einmal durchgeführt werden muss. Welches Verfahren dafür das beste ist, lässt Prof. Torrisi offen: ? Sollen wir an der Radiokarbonmethode festhalten oder nach anderen, zuverlässigeren Techniken suchen? Vielleicht kann uns die Konferenz eine Antwort geben. Eines steht für mich jedenfalls fest: Die Untersuchungen zum Grabtuch müssen noch einmal gemacht werden“.
Der bisherigen Datierung zufolge stammt die Reliquie nicht aus der Zeit Jesu, sondern aus dem Mittelalter.
Hintergrund
Das Grabtuch von Turin – ein 4,36 Meter langes und 1,10 Meter breites Leinentuch – zeigt das Bild eines auf dem Rücken liegenden Mannes, in Vorder- und in Rückansicht, mit gekreuzten Armen und Blutflecken im Bereich der Handgelenke. Das Tuch gilt seit dem Mittelalter als das Grabtuch von Jesus Christus und ist Gegenstand einer intensiven Debatte unter Theologen, Historikern und Wissenschaftlern.
1900 führten der Biologe Paul Vignon und der Anatomieprofessor Yves Delage erste wissenschaftliche Untersuchungen zur Entstehung der Abbildung durch, die damals die Authentizität bestätigten. Zur Altersbestimmung wurde 1988 die Radiokarbonmethode herangezogen. Eine Probe aus dem Grabtuch wurde dreigeteilt und an Labors in Zürich, Oxford und Arizona geschickt, die es auf die Zeit zwischen 1260 und 1390 n. Chr. datierten. Der Mittelwert 1325 n. Chr. wurde als wahrscheinlichster Wert angegeben; in diese Zeit fällt auch die älteste gesicherte Erwähnung des Grabtuches im Jahr 1357.
(vatican news –skr)
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