Ukraine: Hilferuf aus Mariupol an Franziskus
Mario Galgano und Alessandro De Carolis - Vatikanstadt
Die Unterzeichner des Briefes aus Mariupol bezeichnen Franziskus als ?die letzte Bastion der Hoffnung“. Es sei ein langer, ?würdevoller und verzweifelter“ Appell der ?Mütter, Frauen und Kinder der Verteidiger von Mariupol“, so Kardinal Michael Czerny gegenüber den vatikanischen Medien. Der interimistische Leiter des Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen hat den Brief gelesen.
?Dieser an den Heiligen Vater gerichtete Brief beweist“, dass der Papst in seiner Urbi et Orbi-Botschaft zu Ostern Recht gehabt habe, ?als er klar von der totalen Irrationalität des Krieges sprach“, sagt Kardinal Czerny.
Unannehmbare Belagerung
Das zweiseitige Schreiben wurde von einem Journalisten des ukrainischen Staatsfernsehens ?UATV-Kanal“ direkt an Czerny übergeben. Es sei ein Querschnitt dessen, was die Nachrichten seit mehreren Wochen über die Qualen der Stadt berichten, so Czerny. Mariupol, das ?24 Stunden am Tag“ unter Beschuss stehe und ?in Schutt und Asche“ gelegt werde, sei zum Epizentrum einer ?humanitären Katastrophe ohne Beispiel im Europa des 21. Jahrhunderts“ geworden. Es sei mit Sicherheit ?erneut die Frage nach der Unzulässigkeit der Belagerung von Städten“ aufzuwerfen, so der Kardinal. Denn es sei nicht hinnehmbar, dass ?wahllose Angriffe“ durchgeführt würden, ohne sich um das humanitäre Völkerrecht zu scheren.
Vom Schlachtfeld evakuieren
?Heiliger Vater, es ist immer noch möglich, den Leidenden zu helfen“, auch wenn die Zahl derer, die es nicht schaffen, ?jeden Tag steigt“, so die Aufforderung in dem Brief an den Papst. Die Frauen und Kinder derjenigen, die in Mariupol noch Widerstand leisten - darunter etwa hundert Frauen in Uniform, vor allem Ärztinnen und Köchinnen - informierten ihn über die Anwesenheit von Hunderten verwundeter Zivilisten und Soldaten, die aufgrund ausgegangener Medikamente und Desinfektionsmittel keine Behandlung mehr erhielten und daher ?vom Schlachtfeld evakuiert werden müssen“.
Insbesondere wird die Situation im Stahlwerk Azovstal beschrieben, das zur Frontlinie der entscheidenden Auseinandersetzungen geworden ist und in dem sich neben ukrainischen Kämpfern noch etwa tausend Zivilisten aufhalten. Zu Beginn der Kämpfe dachten diese Menschen, dass das Zusammenleben mit dem Militär ihnen nicht nur Sicherheit, sondern auch die Möglichkeit bieten würde, Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung zu erhalten. Stattdessen ist das, was wie eine Festung aussah, für viele Frauen und Kinder zu einer ?Falle“ geworden, die selbst für die Lieferung von Lebensmitteln und Trinkwasser unerreichbar ist.
Humanitäre Korridore und Waffenstillstand
?Diese verzweifelte Bitte“, stellt Kardinal Czerny klar, ?richtet sich auch an alle, die die Möglichkeit haben, mit humanitären Korridoren oder mit einem Waffenstillstand zu helfen, was genau das ist, was jetzt nötig wäre“. In dieser Zeit, so fügte der Kardinal hinzu, ?müssen wir neben dem Glauben und der Freude über die Auferstehung gleichzeitig das Leid und die Qualen unserer Brüder und Schwestern in der Ukraine und auch an den vielen anderen Orten in der Welt ertragen können, wo es diese schreckliche Irrationalität des Krieges gibt“.
?Die Frauen, Kinder und Verwundeten haben einen solchen Tod nicht verdient“, sie seien ?Märtyrer von heute“, schließt der traurige Brief an Franziskus. ?Ihre Hilfe bei der Evakuierung aus Mariupol könnte ein wahrhaft väterlicher Akt sein, die Hilfe eines guten Hirten und ein echter Akt der Barmherzigkeit“.
(vatican news)
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