Vatikan: Zwei Tage zu Familienpastoral – und Corona
Stefanie Stahlhofen und Debora Donnini – Vatikanstadt
Giorgio Bartolomei ist Psychologe, Psychoanalytiker und Leiter einer Familienberatungsstelle des Vikariats Rom. Außerdem ist er einer der Dozenten des Diploms für Familienpastoral an der Gregoriana, die den Studientag zum Thema ?Unterscheidung (discernimento) im Familienbereich“ mit Bezug auf ?“ organisiert hat. In seinem Vortrag geht er auf die Herausforderungen in der Seelsorge ein, die die Zerbrechlichkeit von Bindungen mit sich bringt. Er rät im Gespräch mit Radio Vatikan dazu, Kindern schon möglichst früh Stabilität und Sicherheit zu bieten.
Möglichst frühe Unterstützung
Die Pandemie und der mit ihr zusammenhängende Lockdown hätten in vielen Familien bereits bestehende Probleme verschärft, berichtet der Fachmann. In der römischen Beratungsstelle steige die Zahl von Hilferufen, nicht nur von Paaren, die schon Krisen hatten, sondern auch von Familien, die mit ihren Kindern daheim quasi eingesperrt waren, so Bartolomei. Er und die Familienberatungsstelle setzen auf frühe Beratung; vor der Pandemie gab es Präventionsprojekte auch an Schulen. Zum Angebot gehören auch Ehevorbereitungskurse, die jungen Paaren bei der Kommunikation helfen sollen. Papst Franziskus ermutige ihn und seine Mitarbeiter zudem, auf ?Fragilitäten" möglichst früh zu reagieren und die Familien in allen Phasen zu begleiten.
Discernimento – Unterscheidung
Für die Nachmittagssitzung waren Eröffnungsreden von Kardinal Kevin Farrel, Leiter des vatikanischen ?Familienministeriums“, und Pater Nuno da Silva Gonçalves, Rektor der Gregoriana, geplant. Am Nachmittag liegt der Fokus auf dem Thema ?discernimento" (Unterscheidung). Es gehe darum zu klären, was ?Amoris laetitia“ mit Unterscheidung meint, erklärte Pater Miguel Yanez, der Leiter des Diploms zur Familienpastoral an der Gregoriana: ?Was bedeutet discernimento in der Familie und für das Leben von Familien, in den verschiedenen Phasen der gemeinsamen Lebensplanung, zwischen Wachstum und Krise?" Ebenso stelle sich die Frage, was ?Unterscheidung“ im Kontext der Pandemie bedeute.
Begleitung - keinen alleine lassen
Persönliche Beziehungen und Digitalität
Zu den Auswirkungen sozialer Netzwerke auf Jugendliche, insbesondere in der Pandemie, merkte Professor Benanti an, dass die Digitalisierung zwar Fernunterricht ermögliche, sich aber zugleich die digitale Kommunikation extrem erhöht habe. Die Neurowissenschaft zeige, dass übermäßiges ?digitales Leben“ sich auf die Selbstwahrnehmung, die Raumwahrnehmung und auf die Beziehungen der Menschen untereinander auswirke. Wenn junge Menschen immer mehr alleine vorm Computer sitzen und ihr Gegenüber nur auf dem Bildschirm sehen, sei es wichtig, sie dabei zu begleiten und möglichst nicht alleine im Raum zu lassen, betonte er mit Blick auf Fernunterricht:
?In diesem Moment müssen junge Menschen begleitet werden, um den Raum zu füllen, der sonst in der Schwebe bleibt". Eine breite Palette von Überlegungen also, die diesen Freitag und Samstag die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie im Licht von ?Amoris Laetitia“ auch komplexe heutige Lebenssituationen, besonders in Bezug auf die Pandemie, gelöst und besonders Bedürftigen geholfen werden kann.
Hintergrund
ist Teil mehrerer Veranstaltungen des sogenannten ?Amoris laetitia-Familienjahres“, das Papst Franziskus anlässlich des 5. Jahrestags der Veröffentlichung des Schreibens für die katholische Kirche weltweit ausgerufen hat.
(vatican news - sst)
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