Zahl der Frauen im Vatikan steigt best?ndig
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
In den vergangenen zehn Jahren ist sowohl die absolute Zahl als auch der Anteil von Frauen am gesamten Mitarbeiterstab des Papstes gewachsen. 2010, noch im Pontifikat von Benedikt XVI., arbeiteten insgesamt 4.053 Personen für den Papst, davon waren 697 und damit gut 17 Prozent Frauen. 2019 verzeichneten Heiliger Stuhl und Vatikanstadt zusammen insgesamt 4.618 Angestellte, wovon bereits 22 Prozent (1016) weiblich waren.
Heiliger Stuhl: Von 17 auf 24 Prozent Frauenanteil in zehn Jahren
Auffallend ist in diesem Zeitraum von zehn Jahren besonders die Zunahme an weiblichen Arbeitskräften beim Heiligen Stuhl, also der Römischen Kurie mit allen ihren Behörden, die dem Papst bei der Verwaltung der Weltkirche helfen. 2010 arbeiteten 385 Frauen beim Heiligen Stuhl, 2019 waren es bereits 649. Ihr Anteil am gesamten Mitarbeiterstab des Heiligen Stuhles stieg im vergangenen Jahrzehnt also von 17,6 auf gut 24 Prozent.
Im Vatikanstaat dagegen fiel der Zuwachs weiblicher Beschäftigung in den vergangenen zehn Jahren schwächer aus und betraf meist geringer qualifizierten Stellen wie etwa Verkaufspersonal in den Museen. Mit einer prominenten Ausnahme: 2016 berief Papst Franziskus die italienische Kunsthistorikerin Barbara Jatta zur Direktorin der Vatikanischen Museen. Die Ernennung sorgte auch in der internationalen Kunstwelt für Aufsehen, da kein anderes Museum dieser Größe und Bedeutung eine Frau an der Spitze hat. Die päpstlichen Sammlungen zählen zu den fünf meistbesuchten Museen der Welt.
Vier Frauen als ?Nummer drei“ einer Kurienbehörde
Doch gerade auch beim Heiligen Stuhl hat Papst Franziskus mehr Frauen in Führungspositionen geholt. Die höchste Ebene, in die Frauen in der Kurie bisher gelangten, ist die des Untersekretärs, eine Figur, die zur meist drei- bis vierköpfigen Führungsspitze einer päpstlichen Behörde zählt. Franziskus hat die Zahl der weiblichen Untersekretäre von zwei auf vier verdoppelt. Im Januar 2020 erfolgte die bislang jüngste Ernennung dieser Art, die Italienerin Francesca Di Giovanni wurde Untersekretärin im Staatssekretariat, eine neu geschaffene Stelle.
Gleich zwei Untersekretärinnen auf einen Schlag im Dikasterium für Laien, Familie und Leben ernannte Franziskus 2017 mit Gabriella Gambino und Linda Ghisoni. Beide sind verheiratet und haben Kinder, ein Novum für den Vatikan in diesen Verantwortungsrängen. Die spanische Ordensfrau Carmen Ros Nortes wirkt als Untersekretärin an der Ordenskongregation, wo sie bereits die dritte Frau in dieser Funktion ist; ihre erste Vorgängerin, Enrica Rosanna, ernannte 2004 der späte Papst Johannes Paul II. zur Überraschung vieler Beobachter: Untersekretäre waren bis dahin immer Priester gewesen.
Führungsfrauen in der Kurie: In zehn Jahren verdreifacht
Auch im vatikanischen Kommunikationsdikasterium, in dem die Zahl der Laien im Vergleich zu anderen Einheiten des Heiligen Stuhles hoch ist, finden sich zwei Frauen in Führungspositionen. Die Slowenin Natasa Govekar leitet die theologisch-pastorale Abteilung, die Brasilianerin Cristiane Murray ist Vizedirektorin des vatikanischen Pressesaals. Beim Heiligen Stuhl befanden sich Ende 2019 insgesamt acht und mit Francesca Di Giovanni nunmehr neun Frauen in Positionen, die mit besonderer Verantwortung ausgestattet und oberhalb des zehnteiligen Gehaltsschemas im Vatikan angesiedelt sind. Vor zehn Jahren waren es erst drei. In anderen Worten, die Zahl der Frauen in Führungspositionen beim Heiligen Stuhl hat sich in zehn Jahren verdreifacht.
Nicht jeder Präfekt muss Priester sein
Alles in allem haben heute fünf der 22 wichtigsten Kurienbehörden (Staatssekretariat, Wirtschaftssekretariat, drei Dikasterien, neun Kongregationen, fünf Räte, drei Gerichte) Frauen im Leitungsteam. Ganz an die Spitze hat kein Papst bisher eine weibliche Führungskraft berufen. Dass aber selbst der Leiter einer Kurienbehörde nicht zwangsläufig ein Priester sein muss, sondern in einigen Fällen auch ein Laie – und damit eine Frau – sein kann, zeigte Papst Franziskus 2018, als er den Laien Paolo Ruffini zum Präfekten des Kommunikationsdikasterium machte. Zudem hatte Franziskus Offenheit für eine Frau als Präfektin des Wirtschaftssekretariats signalisiert, letztendlich aber doch einen Priester – den Jesuiten Juan Antonio Guerrero Alves – zum Nachfolger von Kardinal George Pell bestimmt.
Papst Franziskus, der in wenigen Tagen sieben Jahre als Papst im Amt ist, hat mehrfach bekräftigt, dass die katholische Kirche mehr Frauen in Führungsverantwortung braucht. In seinem eigenen Terrain, dem Vatikan und der Römischen Kurie, bereitet er dafür nach und nach den Boden. Allerdings verweist Franziskus immer auch darauf, dass es mit Ernennungen allein nicht getan ist: Die Frau sei mehr, ?mystisch mehr“ als eine noch so hohe Position in der Kirche. Darüber sei noch gründlicher nachzudenken.
(vatican news)
Anmerkung: Eingeschlossen in diesem Überblick sind die Personalzahlen der Päpstlichen Missionswerke. Unberücksichtigt blieben hingegen die Daten aus der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Beide Einheiten zählen zum Heiligen Stuhl, haben aber je eine eigene Verwaltung. Aus der Kongregation für die Evangelisierung der Völker konnten ausschließlich die Zahlen für 2019 ermittelt werden. Demnach arbeiten dort, einschließlich der Päpstlichen Universität Urbaniana, 55 Frauen, was einem Frauenanteil von 20,4 Prozent entspricht.
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