?sterreich/Heiliger Stuhl: Viele Projekte und ein besonderes Jubil?um
Pope: Frau Botschafterin, Sie konnten jetzt Papst Franziskus Ihr Beglaubigungsschreiben überreichen. Was hat er Ihnen gesagt?
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Die Überreichung des Beglaubigungsschreibens ist ein sehr feierliches und würdevolles Zeremoniell. Das ist auch der Zeitpunkt, mit dem ich offziell das Amt und die Funktion als Botschafterin beim Heiligen Stuhl übernommen habe. Für mich am beeindruckendsten war das sehr persönliche und sehr herzliche Gespräch mit Papst Franziskus, wo wir über eine Vielzahl von Themen gesprochen haben, über eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit in beiderseitigem Interesse, sowohl des Heiligen Stuhls als auch der Republik Österreich. Im Anschluss an das Gespräch mit dem Heiligen Vater hatte ich eine sehr ausführliche Unterredung mit Kardinalstaatssekretär Parolin und danach eine offizielle Visite im Petersdom, die auch sehr beeindruckend war.
Ein gemeinsames Abklopfen der Kooperationsmöglichkeiten
Pope: Wie ist das eigentlich, wenn man dem Papst das Beglaubigungsschreiben überreicht? Fragt er eher nach Familie, wo man herkommt, oder geht es da gleich um Themen?
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Die Überreichung selbst ist ein sehr formeller Akt, bei dem man konkret das Beglaubigungsschreiben, das der Bundespräsident unterzeichnet hat, übergibt. Danach zieht man sich zu einem Gespräch zurück und da geht es vor allem um Kooperationsmöglichkeiten, um zu sehen, wo können wir mehr miteinander machen. Das betrifft mit dem Vatikan eine sehr breite Palette von Möglichkeiten, von Umweltschutz, nuklearer Abrüstung, Abrüstung im Allgemeinen hin zu Menschenrechten, Religionsfreiheit und Dialog der Religionen.
Pope: Das ist ja wirklich eine sehr breite Palette, die Sie genannt haben. Gibt es da besondere Schwerpunkte?
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Aktuell sind das die Umweltfragen, in Hinblick auf die Umweltkonferenz in Kattowitz in Polen. Da haben wir sehr viele Gemeinsamkeiten mit der Enzyklika Laudato Si, die auch Wege aufzeigt, was wir gemeinsam machen können, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Diese wollen wir gemeinsam umsetzen und dabei auch zusammenarbeiten.
Pope: Österreich hat derzeit noch die EU-Ratspräsidentschaft inne, wo ist auf dem europäischen Feld der Schwerpunkt der Arbeit und der Gemeinsamkeiten zwischen dem Vatikan und Österreich?
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Die Kooperation, die wir haben, ist auch aufgrund der Natur des Vatikans weltweit. Konkret etwa: Abrüstung. Im Bereich der Abrüstung teilen Österreich und der Heilige Stuhl genau die gleiche Ansicht, nämlich dass wir überzeugt davon sind, dass nukleare Waffen eine Gefahr für viele Menschen darstellen. Im letzten Jahr gab es dazu eine Abstimmung in den Vereinten Nationen zur Schaffung eines Vertrags gegen Nuklearwaffen. Da hat der Vatikan zum ersten Mal in seiner Geschichte, er ist ja nur Beobachter bei den Vereinten Nationen, mitgestimmt für die Ausarbeitung eines solchen Vertrages. Um jedoch auf Europa zurückzukommen: Bei der Konferenz in Kattowitz wird Österreich die Verhandlungen für die Europäische Union führen.
Pope: Gibt es auch Bereiche, in denen der Vatikan und Österreich nicht sehr auf einer Linie liegen? Betrachten wir zum Beispiel den Migrationspakt.
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Österreich hat eine sehr klare Haltung, was den Schutz von Flüchtlingen betrifft, und da sind wir auch sehr auf einer Linie auch mit dem Heiligen Stuhl. Es geht um den Menschen. Österreich hat in den letzten drei Jahren im Verhältnis zu seiner Bevölkerung die zweitgrößte Anzahl an Flüchtlingen aufgenommen. Allein im Jahr 2015 wurden über 80.000 Asylanträge gestellt. Bei einer Bevölkerung von 8 Millionen ist das ein Anteil von einem Prozent. Worum es jetzt geht, ist die Menschen, die bereits gekommen sind, zu integrieren. Dazu hat der Heilige Vater gesagt: Die soziale Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind, ist sehr sehr wichtig. Da geht es darum, dass die Menschen die Sprache lernen, eine Ausbildung erhalten, um in den Arbeitsmarkt integriert zu werden und um ihnen auch eine gewisse Selbständigkeit zu ermöglichen.
Das ist derzeit der Stand, wo Österreich sehr sehr viel leistet, um die Menschen, die schon gekommen sind und auch bleiben dürfen, zu integrieren. Im Flüchtlingsbereich ist es auch wichtig, die weltweiten Friedensbemühungen zu sehen. Der Vatikan, der Heilige Stuhl und der Heilige Vater mit seiner moralischen Autorität sind Brückenbauer, sind eine Basis des Dialogs auf der Suche nach Frieden. Die Suche nach Frieden, aber auch die wirtschaftliche Möglichkeit für Menschen, in ihren Ländern oder ihrer Region zu bleiben, das sind auch Anliegen, die wichtig sind, wo wir uns austauschen müssen, um zu sehen, was kann man noch mehr machen. Österreich hat zum Beispiel seine Entwicklungshilfeleistungen erhöht, um vor Ort den Menschen humanitär zu helfen.
200 Jahre Stille Nacht: Ein besonderes Jubiläum
Pope: Ein großes Jubiläum steht jetzt auch an, in direktem Zusammenhang mit Österreich, 200 Jahre Stille Nacht, heilige Nacht, das Weihnachtslied, das wohl jeder kennt, wie feiern Sie das?
Franziska Honsowitz-Friessnigg: Wir werden am 12. Dezember dieses Jahres eine große Veranstaltung in der österreichischen Residenz beim Heiligen Stuhl durchführen. Es wird das Lied erklingen. Alle sechs Strophen des Weihnachtsliedes werden von einer Sängerin dargebracht, begleitet von einem historischen Instrument aus dem Museum in Hallein. Dazu wird eine Ausstellung eröffnet werden, die sehr gut zeigt, wie dieses Lied vor 200 Jahren entstanden ist. Wir werden auch an der Audienz des Heiligen Vaters teilnehmen. Ich glaube, das ist eine sehr gute Gelegenheit, dieses Lied, das als Friedensgruß in über 300 Sprachen übersetzt worden und um die Welt gegangen ist, auch in Rom selbst erklingen zu lassen. Mir ist es ein großes Anliegen, dieses Lied in der Adventszeit nach Rom zu bringen, ich freue mich schon sehr auf dieses Ereignis.
Das Gespräch führte Stefan von Kempis.
(vatican news)
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