Synodenblog: Tag 19
Liebe Leserinnen und Leser,
bei einer Papstwahl treffen die Bischöfe die Entscheidung hinter verschlossenen Türen, und der Rest der Welt wartet auf den weißen Rauch. So ähnlich ist es auch bei einer Synode: Im Moment ist warten angesagt, denn auch die Arbeit am Abschlussdokument geschieht hinter verschlossenen Türen.
Gestern haben sich die deutschsprachigen Bischöfe zur gemeinsamen Lektüre getroffen. Offiziell war das gar nicht vorgesehen und verdeutlicht, wie gut die Stimmung und die Zusammenarbeit in unserer Gruppe sind. Außerdem wurden Veränderungsvorschläge besprochen. Diese müssen namentlich beim Synodensekretariat eingereicht werden und je mehr Unterschriften ein Vorschlag hat, desto (ge)wichtiger wird er.
In der Vollversammlung heute Morgen war Zeit zum freien Austausch. Die Bischöfe und Kardinäle konnten Anmerkungen zum Abschlussdokument machen. Formal müssen alle Änderungsvorschläge schriftlich eingereicht werden, um berücksichtigt zu werden, doch man konnte trotzdem beobachten, wie die Sondersekretäre den einen oder anderen Hinweis dankbar mitschrieben. Insgesamt bewundere ich die Haltung der Sondersekretäre und ihrer engsten Mitarbeiter sehr, und es scheint nicht nur mir so zu gehen.
Natürlich gab es auch enttäuschende Momente, die vielleicht nur fehlender Achtsamkeit geschuldet sind oder doch auch fehlendem Vertrauen: So haben die selbstlosen und wirklich engagierten Auditorinnen und Auditoren keinen Entwurf des Abschlusstextes erhalten. Sie dürfen zuhören, aber scheinbar trauen sich die Verantwortlichen nicht, ihnen eine Kopie des noch vertraulichen Dokumentes auszuhändigen. Das ist sehr schade und enttäuschend, denn wenn diese jungen Menschen durch ihren zeitlichen Einsatz und ihr Zeugnis nicht gezeigt haben, dass sie loyal der gemeinsamen Mission der Kirche gegenüber sind, wer denn dann?
In der Aula war schon bei der Vorstellung des Dokumentes und auch heute wieder die große Zustimmung zum gesamten Dokument spürbar. Die Bischöfe gaben gerade nach der Lektüre des Dokuments ihrem Staunen und ihrer Dankbarkeit auch Ausdruck. Mir scheint, als könne sich die Versammlung in diesem Dokument gut wiederfinden. Die Autoren des Abschlusstextes zeichnet einerseits eine hohe fachliche Kompetenz und ein hohes Engagement aus, aber andererseits auch eine Selbst- und Absichtslosigkeit. Sie waren fähig, sich von eigenen Positionen, Überzeugung und Wünschen frei zu machen und sich wirklich ganz in den Dienst der Synode zu stellen. Diese innere Freiheit – hohes Engagement und frei vom Bedürfnis, eigene Überzeugungen durchzusetzen – ist eine Grundvoraussetzung für ein konstruktives Miteinander und wächst vor allem aus Vertrauen. Gestern berichtete ich ja bereits, dass der Papst die Autoren des Textes ermutigte, Vertrauen zu haben. Diese Rückenstärkung hat sie sicherlich befähigt, in dieser Situation innerlich freier zu werden.
Um diese Haltung müssen wir als Christen immer wieder ringen und ohne sie kommen wir wohl nicht im Frieden und zum Segen aller voran. Dazu passt auch ein Satz aus der heutigen Tageslesung, in der Freiheit, Offenheit, Vorankommen auf der Basis von Vertrauen anklingen: ?In Christus haben wir den freien Zugang durch das Vertrauen, das der Glaube an ihn schenkt.“ (Eph 3,12)
Hoffen wir, dass die Erfahrung der Synode, das Abschlussdokument und das Weitergehen den Glauben an Gott stärken und dass daraus Vertrauen in uns allen wächst, damit wir mit einer großen inneren Freiheit gemeinsam vorangehen können.
Clemens Blattert SJ
(vatican news)
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