Der Synodenblog - Tag 4
Liebe Leserinnen und Leser,
bei der Synode fällt eins besonders auf: Zwei Ordensgemeinschaften sind stark vertreten – die Salesianer und die Jesuiten. Jetzt könnte man vielleicht vermuten, dass das mit den Sondersekretären zusammenhängt, die die Synode vorbereitet haben. Pater Rossano Sala SDB ist Professor für Jugendpastoral und gehört zum Salesianerorden. Pater Giacomo Costa SJ ist Jesuit und leitet ein Kulturzentrum. Kennt man die Charismen der Ordensgemeinschaften, verwundert diese Tatsache nicht mehr.
Don Bosco, der Gründer der Salesianer, stammte selbst aus ärmsten Verhältnissen. Er wollte für die Kinder und Jugendlichen, die auf der Straße verwahrlosen durch Sport, Bildung und vor allem durch Freundschaft, neue Perspektiven aufzeigen. Die Jesuiten legen bei ihren Letzten Gelübden sechs sogenannte Zusatzgelübde ab. Eines davon ist: Ich als Jesuit verpflichte mich, mich besonders für die Jugend einzusetzen. All die Salesianer und Jesuiten haben in ihren Sozialzentren, Werkstätten, Wohnheimen, Schulen, Jugendverbänden, Universitäten und Studentengemeinden mit unzähligen jungen Menschen zu tun. Dabei prägen nicht nur die Ordensleute, die Jugendlichen, sondern die Jugendlichen prägen auch das Denken, Fühlen und Handeln der Ordensleute. Man spürt, dass in den Salesianer- und Jesuitenbischöfen diese Kinder und Jugendlichen bei dieser Synode präsent sind und dass die Bischöfe vom Brennen für die gute Entwicklung junger Leute erfüllt sind. Es blitzt in ihren Beiträgen immer wieder auf.
Auch wenn wir erst am Mittwoch mit der Synode begonnen haben, schließt sich doch mit dem heutigen Samstag eine erste Phase. Ich habe den Eindruck, die Aufwärmphase ist geschafft. Mir ist es gestern Abend bei mir selbst aufgefallen: Neben der Generalversammlung (alle sind zusammen in der Synodenaula und einer redet nach dem anderen), der Expertengruppe (wir treffen uns täglich zum Austausch für eine Stunde) fand gestern die erste Sitzung der Circuli Minori statt. Das sind Gruppen bestehend aus den Bischöfen, Auditoren und jeweils einem Experten. Sie sind nach Sprache eingeteilt. Ich selbst gehöre zur Deutschen Sprachgruppe.
Mir wurde jetzt richtig klar, wie der Suchweg der Synode funktioniert. Der erste, sehr große Resonanzraum ist die Generalversammlung. Man bekommt mit, wie die Stimmung ist und welche Themen behandelt werden. Der zweite Resonanzraum ist die Expertengruppe. Wir tauschen uns über das Gehörte aus und überlegen, welche Themen wir bei den Synodenvätern wahrnehmen. Diese Überlegungen werden dann von den Sondersekretären gesammelt. Die dritte Ressonanzgruppe sind dies circuli minori. Auch sie sollen die Möglichkeit zu hören geben. Und nicht nur das, hier können gemeinsam Anmerkungen zum Text besprochen werden und kann überlegt werden, welche Eingaben die Gruppe machen will.
Ich muss sagen, dass mich diese Gruppe schon in den ersten zwei Sitzungen wirklich begeistert hat. Hier wird wirklich gesprochen, aufeinander gehört, gesucht, sich ausgetauscht, reagiert. Hier kommt ein echtes Gespräch, Ringen und Suchen zustande. Mir wurde auch völlig klar, warum diese Zirkel vertraulich sind. Da geht es nicht um einen abgeschiedenen Klüngel, die Bischöfe brauchen diesen Schutzrahmen, um frei sprechen zu können. Ungeschützt sprechen können, ohne dass sofort alles zerredet oder kommentiert wird. Man spürt, wie sie um ein rechtes Verstehen ringen. Sie sagen, wie es ihnen mit dem einen oder anderen geht – das spürt man. Ja, sie nehmen ihre Sache ernst.
Da geht es den Bischöfen genauso wie jungen Menschen. Beide brauchen geschützte Räume, in denen sie nicht gleich gemaßregelt, nicht gleich bewertet und beurteilt werden, sondern wo ausprobieren, experimentieren und sich mich finden möglich ist. So ist echtes Wachstum und gutes Reifen möglich – in Schulen, in Universitäten, in der Kirche. Und wenn Bischöfe, die Kirche reifen und wachsen soll, dann brauchen auch die Bischöfe diese Freiräume...
Und noch etwas: Ich war sehr beeindruckt wie stark die Bischöfe Thomas Andonie und mich ins Gespräch miteinbezogen haben. Eigentlich wurde mir gesagt, dass ich nur sprechen soll, wenn ich gefragt werde. Aber gleich in der ersten Sitzung hat der Moderator die anderen Bischöfe gefragt, ob es ok ist, wenn sich auch der Experte frei und wie er will ins Gespräch einbringt. Thomas und ich können also viele unserer Erfahrungen aus der Arbeit mit jungen Menschen miteinbringen.
Einige junge Menschen in der Zukunftswerkstatt haben mir gesagt: Ich möchte gehört werden. Ich habe den Eindruck, bei dieser Synode hören die Bischöfe wirklich – also auf jeden Fall in unserer Sprachgruppe. Es sind echtes Interesse, Sorge und Wollen da.
Ich glaube, ich verletze das Schweigegeheimnis nicht, wenn ich sage, dass einige Bischöfe immer wieder betont haben, wie anders vieles bei dieser Synode ist, wie wohltuend anders. Mir wird irgendwie immer klarer, wie sehr Papst Franziskus ein revolutionärer Papst ist – eine Revolution durch den Akt des Zuhörens.
Sie merken, ich bin vom gestrigen Nach- und heutigen Vormittag sehr begeistert. Schauen wir mal, was aus meiner Begeisterung in der zweiten und dritten Phase wird. Da könnte das Gehörte konkret werden...
Liebe Leserinnen und Leser, heute bin ich auch etwas müde und freue mich auf den Sonntag. Es war viel Spannendes in Rom los, deshalb hören Sie erst am Montag wieder von mir. Sonntag ist Blog-Ruhetag. Ich wünsche ihnen einen gesegneten Sonntag!
Ihr
Clemens Blattert SJ
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