Papst in Belgien: Für eine Kirche, die ihre Türen nie verschlie?t
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Der letzte Besuch eines Papstes in Belgien ist schon fast 30 Jahre her. 1995 war Johannes Paul II. zwei Tage lang hier, um den belgischen Missionar Damian de Veuster, Apostel der Aussätzigen und Märtyrer der Nächstenliebe, seligzusprechen.
Zu dem Treffen mit Papst Franziskus in der Basilika des Heiligen Herzens am 28. September 2024 waren etwa 3.500 Gläubige gekommen. Als das Kirchenoberhaupt im Rollstuhl in das altehrwürdige Gotteshaus geschoben wurde, das zu den größten Kirchen der Welt zählt, erklang die Hymne des Heiligen Jahres 2025. Den Gläubigen, die schon so lange keinen Papst mehr in ihrem Land begrüßen konnten, war die Freude über den hohen Besuch aus Rom deutlich anzusehen.
Verschiedene Kirchenvertreter – darunter ein Gefängnisseelsorger, eine Mitarbeiterin in der flämischen Jugendpastoral und eine Repräsentantin von Schutzeinrichtungen für Missbrauchsopfer – gaben Franziskus einen Einblick in das Leben einer Kirche, die wie die deutsche über Reformen diskutiert und von Missbrauchsskandalen erschüttert wird.
In seiner Grußadresse an den Besuch aus Rom definierte der Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Luc Terlinden, die Situation im Land wie folgt:
?Unser Land liegt an der Schnittstelle zwischen Europa und der übrigen Welt. In dieser multikulturellen Gesellschaft ist die Kirche dazu berufen, Zeichen der Gemeinschaft und der Integration zu sein. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass die Aufnahme von Fremden und die Vermischung von Bevölkerungsgruppen sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für die Kirche, die Pastoral und die Theologie darstellt.“
Den Kirchenleuten, die sich in der prächtigen Nationalbasilika versammelt hatten, legte Franziskus ans Herz, sich nicht von der Glaubenskrise im Westen entmutigen zu lassen, sondern ihre Sendung mit Freude und Barmherzigkeit zu erfüllen. Die Krise sei eine Zeit, ?die uns gegeben ist, damit wir aufgerüttelt werden, uns Fragen stellen und uns verändern,“ so Franziskus.
Wörtlich sagte der Papst:
?In der Kirche ist Platz für alle und keiner muss eine Fotokopie des anderen sein. Die Einheit in der Kirche ist nicht Gleichförmigkeit, sondern sie besteht darin, Harmonie in der Vielfalt zu finden! … Der synodale Prozess muss eine Rückkehr zum Evangelium sein; er darf nicht irgendeine ?modische“ Reform unter seine Prioritäten aufnehmen, sondern er muss fragen: Was können wir tun, damit das Evangelium in einer Gesellschaft ankommt, die nicht mehr darauf hört oder sich vom Glauben entfernt hat? Diese Frage sollten wir uns alle stellen!“
Modellen des Eskapismus und des konsumorientierten Vergnügens erteilte der Pontifex eine klare Absage.
?Wir sprechen von einer größeren Freude, die das Leben auch in dunklen oder schmerzhaften Momenten begleitet und trägt, und das ist ein Geschenk, das von oben kommt, von Gott. Es ist die Freude des Herzens, die durch das Evangelium geweckt wird: es ist die Gewissheit, dass wir auf unserem Weg nicht allein sind und dass Gott auch in Situationen der Armut, der Sünde, der Bedrängnis nahe ist, dass er sich unser annimmt und dem Tod nicht das letzte Wort überlässt. Gott ist nahe: Nähe...“
Angesichts einer immer kleiner werdenden Kirche, die neue Wege sucht und mit Skandalen kämpft, plädierte der Pontifext für ein ?Apostolat, das die Freude des Herzens durchscheinen lässt, denn diese weckt Fragen und zieht auch diejenigen an, die fernstehen.“
Gott sei der ?Vater der Barmherzigkeit, der mit uns mitempfindet, uns in unseren Niederlagen wiederaufrichtet und seine Liebe zu uns niemals zurücknimmt,“ erinnerte Franziskus. ?Jesus zeigt uns, dass Gott nicht auf Distanz geht zu unseren Wunden und Unreinheiten. Er weiß, dass wir alle Fehler machen können, aber niemand ist ein Fehler. Keiner ist für immer verloren.“
Abschließend würdigte der Papst noch die Bemühungen der belgischen Kirche um Missbrauchsaufarbeitung:
?Danke für die großartige Arbeit, die ihr leistet, um Wut und Schmerz in Hilfe, Nähe und Mitgefühl zu verwandeln. Missbrauch verursacht furchtbares Leid und Wunden und bedroht auch den Glaubensweg. Und es braucht sehr viel Barmherzigkeit, so dass wir nicht mit einem Herz aus Stein vor dem Leid der Opfer verharren; damit wir ihnen unsere Nähe zeigen und ihnen jede mögliche Hilfe anbieten können; damit wir von ihnen lernen, eine Kirche zu sein, die sich zur Dienerin aller macht, ohne irgendjemanden zu knechten. Ja, denn eine Wurzel der Gewalt liegt im Missbrauch von Macht, wenn wir die Funktionen, die wir innehaben, dazu benutzen, andere zu erdrücken oder zu manipulieren.“
(vaticannews – skr)
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