LGBTQ+ Gruppe mit Seelsorgerin Schwester Geneviève beim Papst
Salvatore Cernuzio und Stefanie Stahlhofen – Vatikanstadt
Schwester Geneviève Jeanningros vom Orden der Kleinen Schwestern Jesu ist seit mehr als zwei Jahren fast immer mittwochs bei der Generalaudienz mit Papst Franziskus, um Gruppen zu ihm zu bringen. Dieses Mal war sie in der Prima fila - der ersten Reihe - mit einer ?gemischten Gruppe“: Homosexuelle, Transsexuelle, ein paar Katecheten, ein Mädchen, das in der Gefängnispastoral unter den Transsexuellen im römischen Knast Rebibbia arbeitet. ?Endlich haben sie eine Kirche gefunden, die auf sie zugeht", sagt die Ordensfrau uns. Schwester Geneviève selbst findet es wichtig, ?dorthin zu gehen, wo es der Kirche am schwersten fällt“, sagt sie. Dabei folgt sie übrigens auch Charles de Foucauld, auf dem die Spiritualität ihres Ordens fußt.
Die Gruppe, die sie diesmal zum Papst begleitet, kennt die Ordensfrau nicht persönlich. Und sie fragt auch nicht, wer sie sind oder welche sexuelle Orientierung sie haben: ?Nein, ich frage nicht“, betont sie. ?Wir sind alle Menschen, man darf nicht zu engstirnig urteilen", meint Schwester Geneviève. Sie erinnert sich an ein Treffen mit der Familie (Mutter, Vater, Schwestern, Partner) eines schwulen US-Arztes, der wegen seines Einsatzes während der Pandemie an Covid starb, dem aber ein kirchliches Begräbnis verweigert wurde, weil er homosexuell war. ?Der Vater sagte: ?Ich glaube nicht mehr an diese Kirche‘. Mit Hilfe einer Schwester aus den USA brachten wir sie nach Rom und sie begrüßten den Papst, der sie segnete." Dies habe der Familie sehr viel bedeutet.
Zum Geburtstag ein Rosenkranz vom Papst
Viele verschiedene Leute hat die Ordensfrau schon zur Generalaudienz und der anschließenden kurzen Begegnung mit dem Papst begleitet, neben Homosexuellen, Transgender-Personen und verschiedenen Paaren waren auch Sinti, Roma und Zirkusleute dabei. Schwester Geneviève kümmert sich nämlich auch besonders um fahrendes Volk und Schausteller. Es sei gut, so viele verschiedene Menschen zu sehen, meint die Ordensfrau - ?das Herz öffnet sich".
Als Papst Franziskus diesen Mittwoch nach der Generalaudienz Schwester Geneviève trifft, wird sofort deutlich, dass sich die beiden gut kennen: Mit den scherzhaften Worten: ?Ah, da ist ja unser enfant terrible…" , begrüßt das Kirchenoberhaupt die französische Ordensfrau. Franziskus nimmt sich einige Minuten Zeit für jeden. Für Ada, die mit Schwester Geneviève gekommen ist und Geburtstag hat, gibt es einen Rosenkranz: ?Das ist ein Geschenk vom Papst", sagt Franziskus, der viele Hände schüttelt, segnet und auch Witze macht. Schwester Geneviève lächelt der Papst zu und wechselt einige Worte mit ihr.
Wie Schwester Geneviève in Kontakt mit Franziskus kam
Die französische Ordensfrau ist mit dem Papst aus Argentinien schon seit seiner Wahl 2013 in Kontakt. Zunächst hatte sie ihm kurz nach der Wahl zum Papst geschrieben und ihm von einer Tante berichtet, die in Argentinien war. Seitdem gab es zunächst einen Austausch per Brief. Als Schwester Geneviève einmal an ihrem Geburstag eine Gruppe von Straßenkünstlern zu einer Papstaudienz begleitete, ließt Franziskus für sie ein Geburtstagständchen anstimmen. ?Ja, wir beide mögen uns", sagt die Ordensfrau. Während der Corona-Pandemie, als besonders viele Menschen Hilfe brauchten, wandte sich Schwester Geneviève an den Sozialbeauftragten des Papstes, Kardinal Konrad Krajewski. Er kam sofort mit einem Wagen Hilfsgüter zur Wohnwagensiedlung am Strand von Ostia und bot auch an, falls nötig einige ausstehende Rechnungen zu begleichen. ?Ich habe für meine Freunde hier angefragt, und Don Andrea hat für die Gemeinschaft der Trans angefragt, sie sind etwa 40/50, viele kommen aus Südamerika, darunter auch mehr als eine aus Argentinien." Auch die Ärzte, die sich unter den Kollonaden des Petersplatzes um all jene, die auf der Straße leben kümmern, kennt Schwester Geneviève gut. Auch nach der Corona-Pandemie kamen sie nach Ostia, um Kranken zu helfen.
Franziskus grenzt keinen aus
?Die Frauen haben dann gesagt, wir möchten uns bei Papst Franziskus bedanken. Wir haben uns gefragt, wie sie aufgenommen würden. Beim Papst hatte ich keine Zweifel, aber so allgemein schon, man weiß ja, dass es ein paar Vorurteile gibt..." Das Treffen mit Papst Franziskus war dann sehr herzlich:
?Der Papst hat uns empfangen... Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll“, erinnert sich die Ordensschwester. Von da an gab es einen Strom an Karten, Briefen und sogar Empanadas, die von den Argentiniern zubereitet und von Franziskus sehr geschätzt wurden. ?Sie lieben ihn so sehr, weil es das erste Mal ist, dass transsexuelle und homosexuelle Menschen von einem Papst empfangen werden. Sie haben ihm gedankt, weil sie endlich eine Kirche gefunden haben, die auf sie zugeht." Die Beziehung, die jetzt entstanden ist, sei aufrichtig, ohne jeden Opportunismus, sie bestehe aus Wohlwollen und Dankbarkeit, betont die Ordensfrau. Sie ist sich sicher, dass dieser gute Kontakt auch nicht durch die jüngste Aussage zum Thema homosexuelle Priester erschüttert wurde, die der Papst bei einem Treffen hinter verschlossenen Türen getätigt haben soll: Vielleicht habe es am Anfang ein bisschen Schmerz deshalb gegeben, aber man wisse: ?Der Papst liebt die Kleinen, er grenzt sie bestimmt nicht aus", sagt Schwester Geneviève.
Was Vorurteile angeht, sagt sie: ?Ich verstehe das. Als ich jünger war, ging es mir auch so. Aber dann lernst du die Leute kennen, spürst ihre Sensibilität und lachst und weinst am Ende mit ihnen."
Schwester Geneviève Jeanningros steht daher weiter an der Seite der LGBTQ+ - Community. Kommenden Mittwoch will sie eine zehn-köpfige Gruppe, darunter sieben Homosexuelle, zur Generalaudienz mit Papst Franziskus bringen und auch ihnen ein kurzes Treffen mit dem Kirchenoberhaupt ermöglichen.
(vatican news)
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