Papst traf Pal?stinenser und Israelis: Beide leiden sehr
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Der Papst empfing kurz vor 7.30 Uhr im Gästehaus Santa Marta zwölf Familienangehörigen israelischer Geiseln und kurz vor 8.00 Uhr mit zehn Familienangehörigen von Palästinensern aus Gaza, und zwar Christen und Muslimen, zusammen. Der Gemeindepfarrer von Gaza, Pater Gabriel Romanelli, und ein griechisch-orthodoxer Priester waren ebenfalls anwesend. Die Palästinenser wurden in der Audienzhalle empfangen. Der Papst drückte beiden Delegationen sein Mitgefühl und seine Anteilnahme an ihrer Trauer aus:
?Sie leiden sehr, ich habe zugehört, wie beide leiden: Kriege sind dafür verantwortlich, aber hier sind wir über Kriege hinausgegangen, dies ist kein Krieg, dies ist Terrorismus. Bitte, lasst uns für Frieden wirken, betet für Frieden, betet intensiv für Frieden. Möge der Herr dort eingreifen, möge der Herr uns helfen, die Probleme zu lösen und nicht mit den Leidenschaften weiterzumachen, die am Ende alle töten. Lasst uns für das palästinensische Volk beten, lasst uns für das israelische Volk beten, dass Friede kommt", so der eindringliche Appell des katholischen Kirchenoberhaupts. Papst Franziskus hatte zuvor zudem bereits Gebete gefordert ?für alle Menschen, die aufgrund der vielen Kriege auf der Welt leiden, besonders für das geliebte Volk in der Ukraine, in Israel und Palästina."
Die Begegnung des Papstes mit den Delegationen aus Israel und Palästina an diesem Mittwoch hatte der Vatikan bereits am Wochenende angekündigt. Es werde am 22. November am Rand der Generalaudienz zwei getrennte Treffen geben, hatte Vatikansprecher Matteo Bruni erklärt. Es handele sich um einen rein humanitären Akt: ?Franziskus möchte die geistliche Nähe zum Leiden eines jeden bekunden", so Bruni.
Papst Franziskus hatte zuvor bereits mehrfach appelliert, die Geiseln freizulassen und beide Kriegsparteien aufgerufen, sich auf einen Waffenstillstand zu einigen und Schritte für Dialog und Frieden zu unternehmen.
Gefangenenaustausch und Feuerpause
Unterdessen hat laut Medienberichten die israelische Regierung diesen Mittwoch einem Abkommen zugestimmt, das die Freilassung von 50 von der Hamas verschleppten Geiseln vorsieht. Im Gegenzug sollen 150 palästinensische Gefangene freigelassen und ein Waffenruhe eingehalten werden, hieß es in der offiziellen Erklärung aus dem Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.
Demnach ist eine Feuerpause von zunächst vier Tagen vorgesehen. Die Hamas soll in diesen Tagen 50 der rund 240 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln freilassen. Laut Medienberichten handelt es sich um 30 Kinder und 20 Frauen. ?Die Freilassung jeweils weiterer zehn Geiseln hat einen weiteren Tag Feuerpause zur Folge", heißt es in der Erklärung der Regierung. Im Gegenzug will Israel 150 palästinensische Häftlinge freilassen. Sowohl Israel als auch die radikalislamische Palästinenserorganisation sagten, nach der viertägigen Waffenruhe wolle man die Kämpfe fortsetzen.
Patriarch Pizzaballa erleichtert über Waffenruhe
Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, das Oberhaupt der Katholiken im Heiligen Land, sagte der katholischen Nachrichtenagentur KNA: ?Wir hoffen, dass die Vereinbarung den Weg für eine weitere positive Entwicklung freimacht und zu einer Lösung des Konflikts beiträgt".
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen freute sich über die Waffenruhe und die geplante Freilassung von Geiseln. Jeder Tag, den Mütter und Kinder durch Terroristen gefangengehalten würden, sei zu viel, erklärte sie am Mittwoch in Brüssel. Sie rief die Hamas zur Freilassung aller Entführten auf. Zugleich kündigte von der Leyen an, die Europäische Union werde ihr Möglichstes tun, um die Waffenpause für eine Verstärkung der humanitären Hilfe zu nutzen. Der zuständige Kommissar Janez Lenarcic solle so schnell wie möglich weitere Lieferungen nach Gaza veranlassen, um die Krise dort zu lindern.
Ähnlich äußerte sich auch EU-Ratspräsident Charles Michel. Man müsse die Pause in den Feindseligkeiten zu nutzen, um ein Maximum an humanitärer Hilfe für die Bedürftigen zu ermöglichen, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst ?X". Dabei dankte er Katar und Ägypten für die Vermittlung bei der jetzt ausgehandelten Vereinbarung.
Hintergrund
Am 7. Oktober hatten Terroristen auf Geheiß der Hamas im Süden Israels ein Massaker mit rund 1.200 Toten angerichtet und rund 240 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Daraufhin erklärte die israelische Armee, sich im ?Krieg" zu befinden und reagierte mit massiven Luftschlägen; später folgten auch Bodeneinsätze israelischer Truppen im Gazastreifen. Dort ist die humanitäre Lage prekär: Es fehlt an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten, Hilfslieferungen kommen nur schleppend durch. Auch zivile Einrichtungen und Krankenhäuser wurden bei den Kämpfen getroffen.
*Stand 11.43 Uhr
(vatican news/kna/diverse - sst)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, k?nnen Sie hier unseren Newsletter bestellen.