Papst bricht Lanze für Rechtsstaat - ?Schreibe an 2. Teil von Laudato si'“
?In Zeiten sozialer, wirtschaftlicher, identitätsstiftender und sicherheitspolitischer Krisen sind die westlichen Demokratien gefordert, wirksam zu reagieren und dabei ihren Grundsätzen treu zu bleiben; Grundsätze, die immer wieder neu erkämpft werden müssen und deren Verteidigung große Wachsamkeit erfordert.“
Diese Worte des Papstes waren an alle Länder gerichtet, die zum Europarat gehören; auf sie nämlich bezog sich der Appell der Juristen. Mit dem Finger auf einzelne Staaten zeigte Franziskus nicht. Die Europäische Union hat derzeit gegen ihre Mitgliedsländer Ungarn und Polen Sanktionen wegen Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien verhängt; doch auch ein Land wie Frankreich steht derzeit wegen des robusten Vorgehens der Polizei gegen Demonstranten in der Kritik.
Keine Ausnahmen zugelassen
?Die Angst vor Unruhen und Gewalt, die Aussicht auf Umwälzungen in den etablierten Gleichgewichten, die Notwendigkeit, angesichts von Notlagen wirksam zu handeln, kann zu der Versuchung führen, Ausnahmen zu machen, die Rechtsstaatlichkeit - zumindest vorübergehend - auf der Suche nach einfachen und sofortigen Lösungen zu beschränken. Daher erscheint es mir wichtig, dass Sie in einem Ihrer Vorschläge fordern, dass ?die Rechtsstaatlichkeit niemals Gegenstand der geringsten Ausnahme sein darf, auch nicht in Krisenzeiten‘. Der Grund dafür ist, dass der Rechtsstaat im Dienste des Menschen steht und seine Würde schützen soll, und das lässt keine Ausnahmen zu. Es ist ein Prinzip.“
Allerdings sah Franziskus bei seiner Audienz von diesem Montag den Rechtsstaat nicht nur durch eine Reihe von Krisen gefährdet. Es gebe auch eine von innen kommende Gefährdung, sagte er. ?Eine falsche Auffassung von der menschlichen Natur und der menschlichen Person breitet sich immer mehr aus, eine Auffassung, die ihren Schutz schwächt und allmählich schweren Missbräuchen unter dem Deckmantel des Guten Tür und Tor öffnet.“
Warnung vor einem ?falschen Verständnis der Menschenrechte“
Franziskus erinnerte daran, dass das Fundament der Menschenwürde aus christlicher Sicht außerhalb seiner selbst, im Transzendenten liegt. Darum müsse der Mensch bei allem ?im Zentrum stehen und darf nicht zum Spielball der Moden und Mächte des Moments werden“. Ein Europa, das nicht mehr fähig sei, sich für die ?transzendente Dimension des Lebens“ zu öffnen, laufe Gefahr, seine Seele und seinen ?humanistischen Geist“ einzubüßen.
Beredt warnte der Papst vor einem ?falschen Verständnis des Begriffs der Menschenrechte und ihrem paradoxen Missbrauch“. ?Heutzutage besteht leider die Tendenz, immer mehr individuelle Rechte einzufordern, ohne die Tatsache zu berücksichtigen, dass jeder Mensch in einen sozialen Kontext eingebunden ist, in dem seine Rechte und Pflichten mit denen der anderen und dem Gemeinwohl der Gesellschaft selbst verbunden sind.“
?Schreibe gerade an einem zweiten Teil von Laudato si‘“
Dann lobte Franziskus seine Besucher, dass sie in ihrem Appell auch die Umweltthematik berücksichtigt hätten, und verriet, von seinem Redetext abweichend: ?Ich schreibe an einem zweiten Teil von Laudato si‘, um den Text angesichts der aktuellen Probleme zu aktualisieren“. st eine Enzyklika des Papstes aus dem Jahr 2015. In ihr beschäftigt er sich mit dem Klimawandel und der Bewahrung der Schöpfung.
Das Fortschreiben einer Enzyklika ist ungewöhnlich und in der Kirchengeschichte nahezu ohne Beispiel. Genauere Angaben, in welcher Form er seine Umwelt-Enzyklika aktualisieren wolle, machte Franziskus an diesem Montag nicht. Vatikansprecher Matte Bruni präzisierte später, es handele sich nicht um eine zweite Enzyklika, sondern um einen Brief, der besonders auf die Klima-Krisen eingehen werde.
* Letzter Absatz aktualisiert um Vatikansprecher-Aussage - 17.00 Uhr
(vatican news – sk/sst)
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