Papst und Tawadros: Brüderliche Umarmung und Hoffnung auf Einheit
Christine Seuss - Vatikanstadt
Eine überaus herzliche Begrüßung nach der üblichen Rundfahrt auf dem Petersplatz im Papamobil, eine Umarmung, ein Kuss auf das Medaillon von Tawadros und anschließend einige vertrauliche Worte mithilfe des Übersetzers, bevor die ?beiden Päpste“ gemeinsam auf das Podest stiegen, auf dem zwei weiße Stühle auf die Kirchenoberhäupter warteten: mit diesen ungewohnten Bildern startete die Generalaudienz an diesem Mittwoch.
Bei regnerischem Wetter verlas Franziskus spontan keine Katechese, sondern beschränkte sich auf den Gruß an Tawadros, den koptischen Papst von Alexandrien, sowie auf die Grüße an die Pilger der einzelnen Sprachgruppen.
Wachsende Freundschaft der Kirchen
In seinem Grußwort dankte Franziskus dem Patriarchen für dessen Engagement für die ?wachsende Freundschaft zwischen der koptisch-orthodoxen Kirche und der katholischen Kirche“. Vor exakt zehn Jahren, kurz nach beider Wahl, hatten sie sich zum ersten Mal im Vatikan getroffen. Auf Vorschlag Tawadros‘ sei daraufhin der Tag der koptisch-katholischen Freundschaft eingerichtet worden, den die beiden Kirchenoberhäupter seither getreulich pflegten: ?Wir telefonieren miteinander, wir senden uns Grüße, und wir bleiben gute Brüder, wir haben nicht gestritten!“
Der Papst erinnerte daran, dass er Tawadros in diesen Tagen nach Rom eingeladen habe, um den ?fünfzigsten Jahrestag des historischen Treffens von Papst Paul VI. und Papst Shenouda III. im Jahr 1973“ zu feiern. Das erste Treffen zwischen einem Bischof von Rom und einem Patriarchen der koptisch-orthodoxen Kirche sei am 10. Mai vor 50 Jahren in der ?Unterzeichnung der denkwürdigen christologischen Erklärung“ gegipfelt, würdigte Franziskus den Anlass des heutigen Treffens und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, auch dank der Fürsprache der Heiligen und Märtyrer der koptischen Kirche, auf dem Weg der kirchlichen Einheit weiter voranzukommen.
In diesem Zusammenhang meinte er die 21 koptischen Christen, die 2015 im Westen der libyschen Stadt Sirte an einem Strand durch Terroristen des so genannten Islamischen Staates enthauptet wurden. Das Video der schrecklichen Tat sorgte weltweit für Entsetzen. Die koptische Kirche verehrt die Getöteten als Märtyrer von Sirte: eine Einschätzung, die der Papst ausdrücklich teilt.
?Ich bitte alle Anwesenden, zu Gott zu beten, um den Besuch von Papst Tawadros in Rom zu segnen und die gesamte koptisch-orthodoxe Kirche zu schützen. Möge uns dieser Besuch dem gesegneten Tag, an dem wir eins in Christus sein werden, einen Schritt näher bringen“, schloss der Papst seine Ansprache ab.
Zuvor hatte sein Besucher einige Worte an die Anwesenden gerichtet – ein Novum bei der Generalaudienz, bei der normalerweise nur der Papst spricht. In seinem auf Arabisch vorgetragenen Gruß bekräftigte der Patriarch die guten Beziehungen zwischen der koptisch-orthodoxen und der katholischen Kirche, beglückwünschte Franziskus zu seiner ?göttlichen Wahl“ vor zehn Jahren und betonte seine Wertschätzung für das, was der Papst ?in dieser Zeit des Dienstes an der ganzen Welt in allen Bereichen“ getan habe.
Herzliche erste Begegnung
Tawadros erinnerte an das erste herzliche Treffen der beiden Kirchenoberhäupter in Rom, und wies darauf hin, dass sie diesen neuen Gedenktag geschwisterlicher Liebe seither stets ehrten. ?Wir haben uns für die Liebe entschieden, auch wenn wir gegen den Strom unserer habgierigen und egoistischen Welt schwimmen. Wir haben die Herausforderung der Liebe angenommen, die Christus von uns verlangt; wir werden wahre Christen sein, und die Welt wird menschlicher werden, weil die ganze Welt wissen wird, dass Gott die Liebe ist und dass dies sein höchster Name ist.”
Der Patriarch hob auch den ?wertvollen“ Besuch von Franziskus in Ägypten hervor, der ein ?immenser Segen“ für das gesamte Land gewesenen sei. ?Gehen wir gemeinsam auf dem Weg des Lebens“, so die Einladung des Patriachen: ?Trotz der Unterschiede in unseren Wurzeln und Zugehörigkeiten sind wir durch die Liebe Christi geeint, der in uns wohnt; und die Schar unserer Apostelväter und Heiligen umgibt und leitet uns.“ Abschließend bat der Patriarch darum, ?an dieser Verheißung festzuhalten, das Böse der Welt zu überwinden, mit all ihren Schwächen, wie unsere Väter es uns gelehrt haben; der Verantwortung gerecht zu werden, die wir haben - und als der süße Duft Christi in dieser Welt zu leben und uns für seinen Frieden zu versammeln.“
Gebet für die Ukraine
In seinen abschließenden Grüßen an die verschiedenen Sprachgruppen erinnerte der Papst insbesondere in den Grüßen an die Polen an den andauernden Krieg in der Ukraine – und bat diejenigen, die im Monat Mai an den Rosenkranzgebeten teilnehmen, darum, besonders der vom Krieg betroffenen Frauen und Kinder zu gedenken. Alle wolle er auffordern, ?während des ihr gewidmeten Monats zur Jungfrau Maria zu beten“, wiederholte er in seinen italienischen Grüßen. ?Ihr, der Trösterin der Bedrängten und der Königin des Friedens, vertraue ich die gequälte Ukraine an.“
Abschließend, auch das ein Novum, segneten Franziskus und Tawadros gemeinsam die Anwesenden, bevor sie sich zu einem Gruppenfoto hinter das Podest zurückzogen. Am Donnerstag ist eine weitere private Begegnung der beiden Kirchenoberhäupter mit einem gemeinsamen Gebet vorgesehen. Sofort danach wird der Patriarch im Dikasterium für die Einheit der Christen erwartet. Außerdem trifft er mit den koptisch-orthodoxen Gläubigen zusammen, die in Rom ansässig sind. Für sie wird er am Sonntag, 14. Mai, eine Liturgie in der Päpstlichen Lateranbasilika feiern.
(vatican news)
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