Papst Franziskus: ?Die Pfarrei ist ein gesegneter Ort“
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
An die 2.000 Gläubige aus dem lombardischen Rho, einer Satellitenstadt im Großraum Mailand, hatten sich in der Audienzhalle eingefunden für das Treffen mit dem Papst, das schon vor zwei Jahren angesetzt war, aber wegen Corona erst jetzt stattfinden konnte. Die Pfarrei sei wichtig, erklärte Franziskus, ?weil sie der Ort ist, in dem man sich in der Nachfolge Christi trifft, kennenlernt, gegenseitig bereichert“, und zwar gerade dank der Unterschiede: ?verschiedene Generationen, verschiedene kulturelle und soziale Gegebenheiten, und jeder hat etwas Einzigartiges zu geben und zu nehmen.“ Eben das sei Kirche, so Franziskus: ein Körper aus vielen gliedern, ?alle im Dienst aneinander und alle beseelt von derselben Liebe“, der Liebe Christi.
Lieben heißt den Kreis erweitern
In der Pfarrei gebe es viele verschiedene Bildungsaktivitäten, Kindergarten, Oratorium (eine Art kirchlicher Nachmittagsbetreuung für Kinder und Jugendliche), Werke für Arme und ausgegrenzte, Alte und Einsame, Verlobte und junge Familien, Musikgruppe und sportliche Aktivitäten – durch all das, so der Papst, ?bereitet ihr das manchmal etwas trockene und harte Feld vor, um Liebe auszusäen und das Erdreich in ein blühendes Land zu verwandeln, das reich die guten Früchte der Frohen Botschaft trägt“. Zu lieben, das heiße schließlich ?den Kreis erweitern“ und somit Einheit zu bauen im Vertrauen und im Annehmen des Anderen. Franziskus riet, im Pfarreileben immer die Gemeinsamkeiten zu suchen und nicht die Differenzen und zugleich ?Unterschiede zu respektieren“.
Pater Bergoglio als Pfarrer in Argentinien
In Argentinien war Pater Jorge Mario Bergoglio von 1980 bis 1986 Pfarrer gewesen, und zwar in San Miguel, einem nordwestlichen Stadtteil von Buenos Aires - ähnlich gelegen wie Rho in Bezug auf Mailand. ?Ich mochte die Kindermessen“, verriet der Papst seinen Gästen in der Audienzhalle. Sonntags seien zwei- bis dreihundert Kinder gekommen, und bei der Predigt habe er immer mit ihnen geredet, das sei sehr spontan gewesen. ?Die Kindermesse ist etwas sehr Schönes, macht das immer weiter“, so der Papst. Überhaupt: ?Die Pfarrei ist ein gesegneter Ort, wo man hingeht, um sich geliebt zu fühlen. Wer an die Türen unserer Kirchen und Räume klopft, sucht oft vor allem ein freundliches Lächeln, sucht offene Arme und Hände und Augen voller Zuneigung und Bereitschaft zur Begegnung.“
Und Franziskus pochte einmal mehr auf das Konzept der Offenheit, das eine Pfarrei auszeichnen müsse. Ein Pfarrer habe ihm einmal gesagt, am liebsten wolle er seine Fenster zumauern, weil die Leute ihm nicht nur an die Tür, sondern auch an die Fenster klopfen, wenn er ihnen die Tür nicht öffne. Ein Beispiel, wie man es nicht machen soll, so der Papst. ?Die Menschen werden nicht müde, zu fragen und anzurufen, und wir dürfen nicht müde werden, Türen und Fenster zu öffnen. Wenn du ein Priester bist, dann genau dazu. Wenn du in einer Pfarrei bist, dann genau dazu:
Türen öffnen, Fenster öffnen, immer mit einem Lächeln empfangen. Und sagt nicht: ,Es passt zeitlich nicht´. Völlige Offenheit: offene Arme und Hände, Augen voller Zuneigung und Bereitschaft zur Begegnung: Das ist die pastorale Arbeit einer Pfarrei. In der Pfarrei trägt jeder auch seine eigene Last, um sie mit jemandem zu teilen und ihm die Last zu erleichtern, aber auch um das Gute zu teilen, das sie enthält!“
Treffen inkognito mit diesem großartigen Kaplan
Den Pfarrer von Rho, Michele di Tolve, kennt Papst Franziskus eigenen Worten zufolge seit mehr als 20 Jahren. Kurz nach seiner Erhebung in den Kardinalstand – 2001 – habe er eine Kusine in Norditalien besucht, die ihm von diesem großartigen Kaplan vorgeschwärmt habe, ?einer, der wirklich arbeitet“. Daraufhin habe er sie gebeten, ein Treffen zu arrangieren, aber quasi inkognito, er habe sich eigens den Bischofsring vom Finger gezogen. ?Wir sind also ins Oratorium gekommen, und {der Kaplan} ist von einem zum anderen gegangen, wie ein Tänzer zwischen den Leuten…“, und so sei er immer geblieben: ?Einer, der weiß, wie man sich bewegt, und der nicht wartet, dass die Schafe ihn suchen.“
(vatican news – gs)
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