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Die Generalaudienz mit Papst Franziskus: Wortlaut

Hier finden Sie die Ansprache, die der Papst bei seiner Generalaudienz im Vatikan gehalten hat, in vollem Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Sämtliche Wortmeldungen des Papstes in ihrer amtlichen Fassung werden auf der veröffentlicht.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen!

In der letzten Katechese haben wir gesehen, dass das erste ?Konzil“ in der Geschichte der Kirche - Konzil wie das Zweite Vatikanische Konzil - das erste Konzil in Jerusalem zu einem Thema einberufen wurde, das mit der Evangelisierung zu tun hatte, d.h. mit der Verkündigung der Frohen Botschaft an die Nichtjuden (...). Im 20. Jahrhundert stellte das Zweite Vatikanische Ökumenische Konzil die Kirche als pilgerndes Volk Gottes in der Zeit und von Natur aus missionarisch dar (vgl. , 2). Was bedeutet das? Es gibt so etwas wie eine Brücke zwischen dem ersten und dem letzten Konzil, im Zeichen der Evangelisierung, eine Brücke, deren Architekt der Heilige Geist ist. Heute hören wir auf das Zweite Vatikanische Konzil, um zu entdecken, dass die Evangelisierung immer ein kirchlicher Dienst ist, nie einsam, nie isoliert, nie individualistisch. Die Evangelisierung nimmt man immer in der Kirche vor, das heißt in Gemeinschaft und ohne Proselytismus zu betreiben, denn das ist nicht Evangelisierung.

Der Evangelisierende gibt nämlich immer das weiter, was er empfangen hat. Paulus hat es zuerst geschrieben: Das Evangelium, das er verkündet hat und das die Gemeinden aufgenommen haben und in dem sie fest geblieben sind, ist das gleiche, das der Apostel selbst empfangen hat (vgl. 1 Kor 15,1-3). Man erhält den Glauben und man gibt den Glauben weiter. Diese kirchliche Dynamik der Weitergabe der Botschaft ist verbindlich und garantiert die Authentizität der christlichen Verkündigung. Paulus selbst schreibt an die Galater: ?Jedoch, auch wenn wir selbst oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten als das, das wir verkündet haben - er sei verflucht.“ (1,8). Das ist schön, und es passt gut zu vielen Visionen, die in Mode sind....

Die kirchliche Dimension des Evangelisierenden ist also ein Kriterium zur Überprüfung des apostolischen Eifers. Eine notwendige Überprüfung, denn die Versuchung, ?allein“ vorzugehen, lauert immer, vor allem wenn der Weg unwegsam wird und wir das Gewicht der Verpflichtung spüren. Ebenso gefährlich ist die Versuchung, leichteren pseudo-kirchlichen Wegen zu folgen, die weltliche Logik von Zahlen und Umfragen zu übernehmen, sich auf die Stärke unserer Ideen, Programme, Strukturen, ?Beziehungen, die zählen“, zu verlassen. Das geht nicht, es kann ein wenig helfen, aber die Hauptsache ist etwas anderes. Es ist die Kraft, die der Geist dir gibt, um die Wahrheit Jesu zu verkünden, um das Evangelium zu verkünden. Die anderen Dinge sind zweitrangig.

Nun, Brüder und Schwestern, begeben wir uns direkter in die Schule des Zweiten Vatikanischen Konzils, indem wir einige Absätze des Dekrets Ad gentes (AG), des Dokuments über die missionarische Tätigkeit der Kirche, neu lesen. Diese Texte des II. Vatikanums behalten ihren Wert auch in unserem komplexen und pluralen Kontext voll und ganz bei.

Zunächst lädt uns dieses Dokument, Ad gentes ein, die Liebe Gottes, des Vaters, als Quelle zu betrachten, der ?übergroßen Barmherzigkeit und Güte aus freien Stücken geschaffen und überdies gnadenweise gerufen, Gemeinschaft zu haben mit ihm in Leben und Herrlichkeit.“ Das ist die konkrete Berufung. ?Er hat die göttliche Güte freigebig ausgegossen und gießt sie immerfort aus, so dass er, der Schöpfer von allem, endlich ,alles in allem‘ (1 Kor 15,28) sein wird, indem er zugleich seine Herrlichkeit und unsere Seligkeit bewirkt.“ (Nr. 2). Dieser Abschnitt ist von grundlegender Bedeutung, denn er besagt, dass die Liebe des Vaters jeden Menschen zum Empfänger hat. Gotte Liebe gilt nicht nur einem Grüppchen, nein... allen. Merkt euch dieses Wort gut im Kopf und im Herzen: alle, alle, ohne Ausnahme, so sagt der Herr. Und diese Liebe für jedes menschliche Wesen ist eine Liebe, die jeden Mann und jede Frau durch die Sendung Jesu, des Heilsvermittlers und Erlösers (vgl. AG, 3), und durch die Sendung des Heiligen Geistes (vgl. AG, 4) erreicht, der in jedem Menschen wirkt, sowohl in den Getauften als auch in den Ungetauften. Der Heilige Geist wirkt.

Das Konzil erinnert außerdem daran, dass es Aufgabe der Kirche ist, die Sendung Christi fortzusetzen, der ?der den Armen frohe Botschaft zu bringen gesandt war. (…) Deshalb“, so fährt das Dokument fort, ?muss sie unter Führung des Heiligen Geistes, des Geistes Christi denselben Weg gehen, den Christus gegangen ist, nämlich den Weg der Armut, des Gehorsams, des Dienens und des Selbstopfers bis zum Tode hin, aus dem er dann durch seine Auferstehung als Sieger hervorging.“ (vg. AG, 5). Wenn die Kirche diesem ?Weg“ treu bleibt, wenn wir diesem Weg treu bleiben, ist die Sendung der Kirche ?Kundgabe oder Epiphanie und Erfüllung des Planes Gottes in der Welt und ihrer Geschichte“. (AG, 9).

Brüder und Schwestern, diese kurzen Hinweise helfen uns auch, die kirchliche Bedeutung des apostolischen Eifers eines jeden Jüngers und Missionars zu verstehen. Der apostolische Eifer bedeutet nicht Enthusiasmus, es ist etwas anderes, es ist eine Gnade Gottes, die wir bewahren müssen. Wir müssen den Sinn verstehen, denn im pilgernden und evangelisierenden Volk Gottes gibt es keine aktiven und passiven Subjekte. Nein. Es gibt nicht die, die predigen, die das Evangelium in der einen oder anderen Weise verkünden, und die, die den Mund halten. Nein. Nein. ?Jeder Getaufte - so sagt Evangelii Gaudium - jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung“ (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 120). Bis du Christ? - Ja, ich bin getauft. - Und evangelisierst du? - Was bedeutet das denn? - Wenn du nicht evangelisierst, wenn du nicht Zeugnis ablegst, wenn du nicht Zeugnis von dieser Taufe ablegst, die du erhalten hast, von dem Glauben, den der Herr dir gegeben hat, dann bist du kein guter Christ!

Kraft der empfangenen Taufe und der daraus folgenden Eingliederung in die Kirche nimmt jeder Getaufte an der Sendung der Kirche und in ihr an der Sendung Christi, des Königs, Priesters und Propheten, teil. Diese Aufgabe ?ist überall und in jeder Lage ein und dieselbe, auch wenn sie, je nach Umständen, nicht in der gleichen Weise ausgeübt wird.“ (AG, 6). Dies lädt uns ein, nicht zu verknöchern oder zu versteinern (...); der missionarische Eifer des Gläubigen drückt sich auch als kreative Suche nach neuen Wegen der Verkündigung und des Zeugnisses aus, nach neuen Wegen der Begegnung mit der verwundeten Menschheit, die Christus auf sich genommen hat. Kurz gesagt, nach neuen Wegen, um dem Evangelium und der Menschheit zu dienen. Die Evangelisierung ist ein Dienst. Wenn jemand sich Evangelisierer nennt und nicht dieses Verhalten an den Tag legt, dieses Verhalten eines Dienenden, und sich Herr fühlt, dann ist er kein Evangelisierer, nein, er ist ein armer Kerl. 

Die Rückbesinnung auf die Liebe des Vaters und die Sendung des Sohnes und des Heiligen Geistes verschließt uns nicht in Räumen der statischen persönlichen Ruhe. Im Gegenteil, sie führt uns dazu, die Unentgeltlichkeit des Geschenks der Fülle des Lebens zu erkennen, zu dem wir berufen sind, dieses Geschenk, für das wir Gott loben und danken. Und dieses Geschenk ist nicht nur für uns, sondern auch, um es zu vergeben. Und sie führt uns auch dazu, das, was wir empfangen haben, immer mehr zu leben und es mit anderen zu teilen, mit Verantwortungsbewusstsein und in gemeinsamer Anstrengung auf den oft gewundenen und schwierigen Wegen der Geschichte, in wachsamer und fleißiger Erwartung ihrer Erfüllung.

Bitten wir den Herrn um diese Gnade, diese christliche Berufung in die Hand zu nehmen und dem Herrn Dank zu sagen für das, was er uns gegeben hat, diesen Schatz. Und zu versuchen, es den anderen mitzuteilen. Danke.

(vatican news - cs)

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08. M?rz 2023, 10:34