Kardinal bricht im Beisein des Papstes eine Lanze für die Theologie
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Es war seine dritte Fastenpredigt für die Chefs der römischen Kurie in der vatikanischen Audienzhalle, die dem Kapuzinerkardinal Gelegenheit zu seinem Lob der Theologie gab. „Ohne die Theologie würde der Glaube leicht zu toter Wiederholung; es würde ihm das Hauptwerkzeug für seine Inkulturation fehlen.“
Es stimme allerdings, dass die Theologie einer „tiefen Erneuerung“ bedürfe, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, räumte Cantalamessa ein. „Die Theologie, die das Volk Gottes braucht, ist eine, die von Gott nicht immer nur in der dritten Person redet und mit Kategorien, die oft dem philosophischen System des Moments entliehen sind und die nur Eingeweihte verstehen. ‚Das Wort ist Fleisch geworden‘, steht geschrieben, aber in der Theologie ist das Wort oft nur zu einem Begriff geworden!“
Wenn das Wort nicht Fleisch wird, sondern Begriff
Der Kardinal nannte dann aber gleich Karl Barth und Henri de Lubac – das zeigte, dass große Theologie auch in unserer Zeit durchaus zum Volk Gottes zu sprechen versteht. Er finde heute vor allem in der spirituellen und in der Pastoral-Theologie eine Rede von Gott, die sich mehr auf den Heiligen Geist verlasse „als auf Kategorien menschlicher Weisheit“, so Cantalamessa.
Interessant war, dass er an diesem Punkt die Exegese nicht erwähnte. Der unlängst verstorbene Papst Benedikt XVI., von Haus aus Fundamentaltheologe, hat sich namentlich in seinen drei Büchern über Jesus von Nazareth auch exegetisch betätigt.
„Ich bin überzeugt davon, dass es keinen Glaubensinhalt gibt – möge er auch noch so ‚hoch‘ erscheinen –, der nicht jedem Menschen, der sich für die Wahrheit öffnet, verständlich gemacht werden könnte. Wenn wir von den Kirchenvätern etwas lernen können, dann das: Man kann profund sein, ohne obskur sein zu müssen… Daran könnte sich die Theologie ein Vorbild nehmen. Jeder sollte in ihr Brot für seine Zähne finden, der Einfache wie der Gelehrte. Übrigens wird ja oft gerade den ‚Kleinen‘ das offenbart, was den ‚Weisen und Verständigen‘ verborgen bleibt.“
Drei große Fragen
Die Theologie könne, so insistierte Cantalamessa, auch heute Wesentliches leisten, um den Menschen das Evangelium zu vermitteln „und um unserem Glauben und Beten neue Nahrung zu geben“. Als die großen Fragen, auf die die Theologie Antworten geben müsse, nannte der Kardinal diese drei: Warum ist Gott dreifaltig? Warum wird Gott Mensch? Und warum das Leiden Jesu am Kreuz?
Der Prediger des Päpstlichen Hauses hält wöchentlich im Advent und in der Fastenzeit einen geistlichen Vortrag für den Papst und die Kurienspitze. Der italienische Kapuziner Raniero Cantalamessa (88) ist seit mehr als 40 Jahren Prediger des Päpstlichen Hauses. Mit der Aufgabe betraut hat ihn 1980 Johannes Paul II., knapp zwei Jahre nachdem der Pole selbst zum Papst gewählt worden war. Benedikt XVI. und Franziskus beließen Cantalamessa im Amt, 2020 nahm Franziskus ihn ins Kardinalskollegium auf.
(vatican news)
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