#EOF2022: Papst h?rt in Assisi bewegende Zeugnisse
Es war ein buntes Programm, das den Papst an diesem Samstag im umbrischen Assisi erwartete. Nach seiner Ankunft per Helikopter wurde er im modernen Lyrick-Theater im unteren Teil der Stadt durch den Erzbischof der Diözese, Domenico Sorrentino, und einigen Teilnehmern im Foyer in Empfang genommen. Sichtlich aufgeräumt nahm Franziskus die Zeugnisse einzelner Teilnehmer auf.
Kinder, die die Welt verändern
Lilly, ein erst 14-jähriges Mädchen aus Thailand, ist schon seit Jahren als Umweltaktivistin in Thailand unterwegs. Sie habe gemerkt, dass ihr Land besonders unter dem Klimawandel und der Verschmutzung durch Plastik leide, aber auch, dass von den Erwachsenen kaum eine Initiative dazu zu erwarten sei, etwas zu verändern, berichtet sie vor dem Papst. Dabei wurde sie anfangs kaum ernst genommen, räumt sie ein. Doch schon früh habe sie erkannt, dass ein Wandel nur aus dem Inneren her möglich sei. Sie habe hart daran gearbeitet, ernst genommen zu werden, sich nicht abschrecken zu lassen von den Erwachsenen, die sie aufforderten, sich doch auf die Schule zu konzentrieren: ?In mir wuchs die Frustration darüber, dass es mir nicht gelang, einen Unterschied zu machen, aber gleichzeitig habe ich verstanden, dass das es das Problem nicht löst, wenn ich traurig bin und nicht reagiere“, so das Mädchen, das etwa die Hälfte seines jungen Lebens als Umweltaktivistin verbracht hat. ?Ein normales Mädchen zu sein bedeutete für mich, Prinzipien zu haben und dafür zu kämpfen, und das war exakt das, was ich tat“, erzählt Lilly weiter.
Deshalb habe sie weitergemacht, die lokale Regierung auf die Probleme hingewiesen, die Einwegplastikartikel für die Umwelt und die Ozeane darstellen, habe Briefe an die Regierung geschrieben und wurde nach und nach auch von Ministern, Wirtschaftsvertretern und anderen Verantwortungsträgern empfangen. Endlich, im Jahr 2020, habe sie mit der Einführung des nationalen Verbots von Einwegplastikartikeln ihre Anstrengungen von Erfolg gekrönt gesehen, so die Aktivistin, die im Anschluss als eine der jüngsten Teilnehmerinnen an der Veranstaltung gemeinsam mit dem Papst auch den ?Pakt“ unterzeichnete, mit dem sich die jungen Wirtschaftsleute dazu verpflichteten, in ihrem Einsatz und mit der Schützenhilfe des Papstes weiterzumachen, sichtlich stolz.
Gefährlicher Kampf für Frauenrechte
Ein weiteres Zeugnis kam von einer Aktivistin für Frauenrechte in Afghanistan. Zwanzig Jahre harte Arbeit hatte die Machtergreifung der Taliban zunichte gemacht, wo Frauen zuvor begannen, vollwertige Mitglieder der Gesellschaft zu werden, seien sie nun von Bildung und Arbeit ausgeschlossen und ein Regime des Schreckens sei errichtet worden. Sie selbst und ihr Mann verloren ihre Arbeit, wurden durch die Taliban bedroht, ihr Haus niedergebrannt – all dies wegen ihres Einsatzes für Frauenrechte, berichtet Maryam, die auch von den dramatischen Umständen ihrer Flucht aus dem Land erzählt, in dem sie mit ihrem Mann blockiert geblieben war. Dank eines Kontaktes zu Economy of Francesco sei ihnen schließlich die Ausreise gelungen, so dass sie mittlerweile eine sichere Bleibe in Italien gefunden hätten. Sie werde mit ihrem Einsatz für die Frauen in Afghanistan weitermachen, so das Versprechen von Maryam.
Schuld und Sühne
Besonders berührt zeigte sich Franziskus auch von dem Zeugnis eines italienischen Physikstudenten, der seit neun Jahren eine Haftstrafe verbüßt, weil er im Streit einen Menschen getötet hatte. Er bereue seine Taten und bete für die Seele seines Opfers, so Andrea, der jedoch auch von den Möglichkeiten berichtete, die seine besonders moderne Haftanstalt für die Insassen biete. Er habe das Glück, in einer Anstalt zu sein, in der Wert auf Resozialisierungsmaßnahmen gelegt werde und man die Möglichkeit habe, ?besser hinauszugehen, als man hineingekommen ist“, so Andrea unter dem Applaus der Anwesenden. ?Jeder Mensch hat ein großes Potential, es muss nur entdeckt werden“, betonte der junge Mann, der seit neun Jahren hinter Gefängnismauern lebt.
Er sei zwar kein Wirtschaftswissenschaftler, es sei für ihn jedoch logisch, dass Gefängnisse, wenn sie ?eine gute Investition für die Gesellschaft“ sein sollten, ?konkrete Ergebnisse erzielen“ müsse. Dies seien zum einen die Sicherheit, zum anderen aber auch die Tatsache, dass ehemalige Häftlinge nicht wieder straffällig werden sollten: ?Menschen, die aus dem Gefängnis kommen, müssen verändert und von einem ,Kostenfaktor‘ in eine ,Ressource‘ für die Gesellschaft verwandelt werden. Ein Mensch, der seinen Fehler einsieht, begeht mit größerer Wahrscheinlichkeit keinen weiteren Fehler: Die Gesellschaft hat meiner Meinung nach die Pflicht, über diesen wichtigen Aspekt nachzudenken.“ Er wolle denen eine Stimme geben, die sonst keine haben, so der Italiener, der dem Papst für seine Worte und Ermutigungen dankte und ihn im Namen seiner Mithäftlinge auch in seine Haftanstalt einlud.
Weitere Zeugnisse gab es aus Italien, Argentinien, Polen, Kenia und dem Benin. Wir dokumentieren alle Zeugnisse in einer Arbeitsübersetzung von Silvia Kritzenberger.
Serena Ionta, Doktorandin Wirtschaftswissenschaften, Italien:
Ich bin Serena, Doktorandin der Wirtschaftswissenschaften. Ich untersuche die Wirtschaft auf aggregierter Ebene, die Wirtschaftsstruktur der Staaten und ihre Leistungen auf den Märkten. Mein Blick ist also auf die ganze Welt gerichtet, mit ihrer Komplexität, ihrer Schönheit, ihrer Armut. Doch obwohl die Beobachtungseinheit meiner Modelle der Staat, die Nationen, die supranationalen Institutionen sind, gilt mein tägliches Augenmerk jedem Menschen in seiner Gesamtheit. Ich bin Wirtschaftswissenschaftlerin, ja, aber ein Wirtschaftswissenschaftlerin im Sinne von Franziskus.
Unser heutiges Treffen ist ein großes Geschenk, das Zeugnis der Tatsache, dass die Wirtschaft in erster Linie eine Sache der menschlichen Beziehungen ist und erst dann der Güter; sie ist eine Sache der Menschen - dann der Güter; erst der gemeinsamen Güter, und dann der privaten Güter.
Der Beruf, den ich ausübe, besteht in der Forschung. Und genau das versuche ich jeden Tag zu tun: nie aufhören zu suchen, nie aufhören, mich selbst zu überraschen, nie aufhören, das Neue zu lieben, das das Leben mir bietet. Ja, denn wir jungen Menschen sind von Natur aus so gemacht: Wir haben wenig Vergangenheit hinter uns und viel Zukunft vor uns. Wir sind so sehr auf die Zukunft konzentriert, dass wir sie bereits hier und jetzt sehen. Auf dem Weg, der mich zu meinem Promotionsstudium geführt hat, gab es zwei starke, ich würde fast sagen umwälzende Momente: die Veröffentlichung der Enzyklika Laudato si und das Schreiben vom Mai 2019, in dem Sie, Papst Franziskus, uns aufgerufen haben, die Wirtschaft zu überdenken mit dem Ziel, unser gemeinsames Haus, das im Verfall begriffen ist, wieder auf die Beine zu stellen. Diese Worte haben mich erschüttert wie einen Ast, der dem Sturm ausgesetzt ist. Sie haben meinen Entscheidungen einen Sinn gegeben, meinen Beruf und meine ethische Entscheidung auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Ich habe das als Berufung empfunden: einen unerwarteten Ruf, auf den ich mit Begeisterung geantwortet habe. Heute bin ich mir bewusst, dass ich Teil eines umfassenden Prozesses bin, den ich mit anderen Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftlern im Sinne von Franziskus in der ganzen Welt teilen kann.
Noch drei Worte. Der erste, vielleicht offensichtliche, ist DANKE. Ich danke Ihnen, denn ohne den "Ruf" der ?Economy of Francesco“ hätte ich mein Studium wahrscheinlich nicht mit einem Doktorat in Wirtschaftswissenschaften fortgesetzt. Die zweite ist MEHR. Heute bitte ich Sie, Papst Franziskus, auch weiter voll Zuversicht und Hoffnung auf uns zu schauen: Wir brauchen dringend jemanden, der an uns glaubt. Und uns alle bitte ich, dass wir uns nicht mit dem begnügen, was wir bisher gesammelt haben, sondern unsere Netze noch einmal und trotz allem ins Meer zu werfen: Wir befinden uns noch inmitten vieler Stürme, aber wir sind nicht allein.
Das dritte und letzte Wort ist HEUTE. Wir können die Wirtschaft der Zukunft nicht gestalten, ohne die Gegenwart zu betrachten. In diesen Jahren habe ich versucht, meine an der Universität erworbenen Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft, in der ich lebe, meiner Diözese und meines Herkunftslandes zu stellen. Vor allem aber in den Dienst Armen. Mein Engagement beginnt heute und hier: Ich verpflichte mich, mit der Strenge des Geistes und dem Blick von Franziskus zu arbeiten.
Ich wünsche mir und uns allen, dass wir wieder damit beginnen, unsere Wirtschaft und die Männer und Frauen, die sie bevölkern, vor allem mit einem geschwisterlichen Blick zu betrachten. Darum bitte ich euch, damit auch ihr mich wieder daran erinnert, den Blick zu zum Himmel zu heben und diesem Gott DANKE zu sagen, der wollte, dass ich Ökonomin des Franziskus werde, im Dienst einer Ökonomie, die ein schon ist, das auf das noch-nicht der Welt blickt, damit das "schon jetzt" von morgen die Zukunft im Sinne von Franziskus sein kann.
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Henri Totin, executive director JEVEV, Benin
Ich bin Henri Totin, Geschäftsführer von NRO Jevev in Benin. Ich beschäftige mich mit der Erforschung grüner und kreislauforientierter Wirtschaftssysteme. Für mich begann alles mit dem Wunsch, ein ernstes Problem in eine Chance für die Einwohner von Dangbo im Ouémé-Tal zu verwandeln. Die Wasserhyazinthe ist eine Wasserpflanze, die die Oberfläche von Seen und Flüssen in besonders feuchten Gebieten überwuchert, in denen sich das Leben am Wasser abspielt: Man muss die Wasserwege überqueren, um sich fortzubewegen, und man muss fischen, um produzieren, leben zu können! Die Einwohner haben schon immer gegen dieses Unkraut gekämpft, aber es auszurotten, ist nicht einfach, da es sich immer wieder neu ausbreitet und dieselben Flächen dann nur noch verstärkt wieder besetzt.
Den Anstoß gab ein Familiendrama: der Tod meines kleinen Bruders, der wegen der langsamen Fortbewegung über den Fluss zu spät im Krankenhaus ankam. Dadurch wurde ich auf die Probleme aufmerksam, die durch die Invasion einer Pflanzenart verursacht werden, die im Volksmund Togblé genannt wird (in der lokalen Sprache bedeutet das soviel wie "ruinierte Erde"). Und so haben wir gemeinsam mit anderen jungen Leuten im Dorf begonnen, dieses Problem ernst zu nehmen.
Im Jahr 2009 begann ich mit meinen Nachforschungen darüber, wie ich diesen ungünstigen Umstand – unter dem die gesamte Generation meiner Eltern, die Landwirte waren, zu leiden hatte - in eine Chance umwandeln könnte, sowohl im landwirtschaftlichen als auch im handwerklichen Bereich. Im Jahr 2015 kam die Antwort: Die Verarbeitung der Hyazinthe - mit anderen natürlichen Zutaten gemischt – ergibt eine magische Verbindung, die einen hervorragenden Dünger liefert – und dank der aus ihrer Zersetzung gewonnenen Fasern auch zu Kunstobjekten, Möbeln und persönlichen Accessoires verarbeitet werden kann. Und so wird eine Art Gift in das umgewandelt, was wir heute als "grünes Gold" bezeichnen: ein innovativer Ansatz, der das Leben vor Ort verbessert und die Familien-Landwirtschaft in der Region zu etwas Organisiertem, Widerstandsfähigem, ja sogar zu einem Vorbild für viele Gebiete in ähnlichen Situationen macht.
In diesen Gemeinden bauen wir nun kleine Unternehmen auf, sogenannte Genossenschaften, die auf eine integrative und partizipative Wirtschaft ausgerichtet sind, die die Umweltprinzipien respektiert und zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt. Die dabei entwickelten Aktivitäten betreffen die Neuverwertung dieser invasiven Pflanze, der Wasserhyazinthe, die in organischen Kompost, Kunstgegenstände, organischen Kohlenstoff, saugfähige Fasern und Biogas umgewandelt wird. Neben dem Produktionsbereich hat die NGO JEVEV im Sinne der Nachhaltigkeit heute ihr Projekt zur Einrichtung eines Zentrums zur Förderung des ?magischen Komposts“ in Dangbo abgeschlossen.
Landwirtschaftliche Innovationen, die auf dem oft vernachlässigten Wissen der Vorfahren beruhen, bieten Chancen für ?grüne“ Jungunternehmer im frankophonen Afrika. Wir fördern grünes Unternehmertum, dessen Dienstleistungen den Ausstoß von Treibhausgasen begrenzen, die Umweltverschmutzung minimieren und mit lokalen Ressourcen haushalten. Ich muss auch sagen, dass mich die ökologische Biodiversität, die das Land meiner Eltern prägt, schon immer fasziniert hat.
Wir planen auch den Bau eines Zentrums, um im Sinne von ?ECONOMY of FRANCESCO“ Menschen mit Behinderungen und Menschen, die von wirtschaftlichen Aktivitäten isoliert sind, zu fördern.
Lasst uns innovativ sein und den Willen haben, den durch die globale Erwärmung verursachten Schäden entgegenzuwirken, indem wir uns auf die ökologische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Welt konzentrieren. Gemeinsam können wir es schaffen. Danke Heiliger Vater.
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Facundo Pascutto, Projekt “Cien Asís”, Argentinien
Mein Name ist Facundo Pascutto, ich komme aus der Republik Argentinischen. Ich habe einen Abschluss in Journalismus und sozialer Kommunikation und einen Master in internationaler Sicherheit und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, und zur Zeit studiere ich Jura. Ich arbeite als Dozent an der Universität von Lomas de Zamora und vertrete das Projekt "Cien Asís".
Das Projekt entstand aus dem Aufruf des Heiligen Vaters, über eine Wirtschaft nachzudenken, die ein menschliches Gesicht hat, die uns mobilisiert und herausfordert, seinen Vorschlag zu verbreiten. Dieses große Treffen in Assisi stellt einen Wendepunkt dar, von dem aus wir neu darüber nachdenken können, welche Art Wirtschaft wir für uns und für die künftigen Generationen wollen. Wir sehen das Assisi-Treffen als Ausgangspunkt und nicht als Ende eines Prozesses; als eine Möglichkeit, Kriterien zu vereinheitlichen, Diagnosen zu erstellen und über Vorschläge und Initiativen nachzudenken.
Mit diesem Ziel, das Wort von Papst Franziskus zu verbreiten, haben wir "Cien Asís" vorgestellt. Das Projekt wurde nach der Einladung des Heiligen Vaters zur Veranstaltung in Assisi 2019 ins Leben gerufen und wird von einer Gruppe von Finanzberatern geleitet. Wir arbeiten an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität von Lomas de Zamora, von wo aus wir versuchen, das Wort des Papstes in ganz Argentinien zu verbreiten und in die Tat umzusetzen, indem wir "kleine Asis" in Entwicklungsgesellschaften, Nachbarschaftsvereinigungen, Gewerkschaften, Universitäten, Genossenschaften, Gemeinschaftskantinen, Gefängnissen und kleinen und mittleren Unternehmen einführen. Es handelt sich um ein zweifaches Projekt: Einerseits bieten wir diesen Einrichtungen akademische Hilfsmittel, Berufsausbildung, Rechts- und Buchhaltungsberatung an, andererseits schaffen wir damit in jeder dieser Einrichtungen sozusagen ein ?kleines Assisi“.
Wie sind die Cien Asis aufgebaut? Bei jedem Treffen versuchen wir sicherzustellen, dass Vertreter aller Sektoren anwesend sind: Gewerkschaften, Arbeitnehmer aus der Volkswirtschaft, Manager von kleinen und mittleren Unternehmen, Kirchenvertreter, Anwohner und andere soziale Akteure. Ziel ist es, den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren zu fördern. Oftmals kennen sich die Akteure einer kleinen Gemeinschaft nicht, weil sie im Alltag gefangen sind, und dies ist eine gute Gelegenheit, einen dauerhaften Dialog zu beginnen. Wir bereiten die Begegnung auf der Grundlage des Konzepts eines Polyeders vor, in dem die Teile zusammenlaufen, ohne jedoch ihre Eigenart zu verlieren.
Was ist das Ergebnis von Cien Asis? Einerseits werden Beziehungsnetze zwischen den Akteuren der Gemeinschaft geschaffen, die entweder noch nicht existierten oder gestärkt werden mussten. Gleichzeitig befassen wir uns bei jedem Treffen mit einem Thema und arbeiten dann gemeinsam daran, die mit diesem Thema zusammenhängenden Problem zu entschärfen (sei es in den Bereichen Umwelt, Arbeit, Berufsausbildung und anderen). Und drittens diskutieren wir diese Themen mit dem Blick, den Franziskus uns aufgezeigt hat.
Abschließend möchte ich noch erklären, was das EoF für die Entstehung unseres Projekts bedeutet hat: In der ?Economy of Francesco“ – der Wirtschaft im Sinn von Franziskus - haben wir einen Weg gefunden, das Wort des Papstes in die Tat umzusetzen - und es gibt uns die Hoffnung, zu wissen, dass es viele von uns gibt, die die Einheit über den Konflikt stellen und das Gemeinwohl als Motor des Wandels sehen, der zu einer ganzheitlichen Entwicklung führt.
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Lilly Ralyn Satidtanasarn, Umweltaktivistin, Thailand
Mein Name ist Lilly Ralyn Satidtanasarn. Ich bin eine 14-jährige thailändische Umweltaktivistin. In den vergangenen fünf Jahren habe ich mehr Minister, Großunternehmen und Machthaber getroffen, als ich zählen kann. Aber in erster Linie bin ich ein Mitglied der Jugend, die für ihre Zukunft kämpft. Ich habe mit meinem Aktivismus begonnen, als ich acht Jahre alt war.
Schon damals habe ich die Auswirkungen des Klimawandels und der Plastikverschmutzung gesehen: Plastikmüll, der überall auf dem Sand verstreut war und im Meer schwamm, das ich so sehr liebe. Kein Kind sollte den harten Realitäten der Welt ausgesetzt sein und erfahren, dass es zu klein ist, um etwas zu bewirken. Ich wusste, dass es nicht richtig war und dass sich etwas ändern musste, aber ich habe gelernt, dass Veränderungen zuerst von innen kommen müssen. Ich habe in meiner Gemeinde begonnen und mit kleinen Dingen angefangen. Damals hatte ich nicht die Absicht, Aktivistin zu werden oder zu versuchen, eine große Veränderung herbeizuführen. Ich fühlte mich verpflichtet, das Richtige zu tun. Für mich war es schon als Kind wichtig, das Richtige, das zu tun. Mit der Zeit ist dann in mir die Frustration darüber gewachsen, dass ich nichts bewirken konnte; gleichzeitig wurde mir aber auch klar, dass Traurigkeit und Nichtreagieren das Problem nicht lösen würden.
Mir wurde klar, dass sich die Dinge nicht auf individueller Ebene ändern lassen: Ich musste um Hilfe bitten. Ich habe mich also an die örtliche Regierung gewandt und ihr erklärt, wie schädlich Einweg-Plastik ist und was meine Absicht ist: die Verwendung von Plastik zu unterbinden. Und auf meine Briefe, die ich an die Regierung schrieb, um meine Besorgnis zum Ausdruck zu bringen, erhielt ich immer dieselbe Antwort: Ich sei zu jung, um mich mit den Problemen der Welt zu befassen; ich solle mich auf die Schule und mein Leben als ?normales Kind“ konzentrieren und es den Erwachsenen überlassen, sich mit diesen Fragen zu befassen. Meine Welt und meine Zukunft lagen in den Händen von Erwachsenen, die aber keine Veränderungen herbeiführen wollten.
Für mich bedeutete ein normales Kind zu sein, "Moral zu haben und zu kämpfen", und genau das habe ich getan. Ich konnte nicht aufgeben, das wäre eine Beleidigung für all jene gewesen, die mich unterstützt hatten - und vor allem für die Umwelt und die Generation, für die ich zu kämpfen versuchte. Ich habe monatelang telefoniert und E-Mails geschrieben, bevor ich mich persönlich mit Händlern treffen und ihnen meine Absichten erklären konnte. Alle dachten, das wäre irgendeine Hausarbeit oder ein Schulprojekt – und keiner hat mich ernst genommen. Aber nach vielen Jahren und vielen Treffen mit dem ?Ministerium für natürliche Ressourcen“ und mit den großen Einzelhändlern konnten wir endlich daran arbeiten, eine nachhaltige Lösung zu finden. Und so wurde Anfang 2020 endlich ein landesweites Verbot von Einweg-Plastiktüten in mehr als 70 großen Einzelhandelsgeschäften in Thailand eingeführt.
Ich bin sehr dankbar für diese Gelegenheit, mit Ihnen, Papst Franziskus, sprechen zu können und danke Ihnen, dass Sie heute jungen Menschen wie mir und Gleichaltrigen den Weg geebnet und uns die Möglichkeit gegeben haben, unsere Stimme hören zu lassen. Gemeinschaften wie ?Economy of Francesco“, mit denen ich zusammengearbeitet habe, haben mir den Weg geebnet, mich inspiriert und mir die Kraft gegeben, für Veränderungen zu kämpfen. Schon heute spüre ich die kollektive Anstrengung all derer, die versuchen, etwas zu verändern, und unter diesem Gesichtspunkt bin ich in meinem Aktivismus nicht mehr allein. Wir müssen auch andere junge Menschen ermutigen, die Barrieren zu durchbrechen, die sie gefangen halten, indem wir ihnen Ressourcen und Möglichkeiten bieten, wie ich sie heute erhalten habe. Erziehen und pflegen.
Wir können damit beginnen, indem wir in den Schulen Sozialerziehung betreiben und den Kindern beibringen, wie sie zu Weltbürgern und zukünftigen Weltführern werden. Heute fühle ich mich dank dieser gemeinsamen Bemühungen gehört und verstanden. Dafür möchte ich mich bei allen Teilnehmern des heutigen Tages bedanken. Es hat Jahre gedauert, bis ich als junge Frau, die für Klimagerechtigkeit kämpft, eine Stimme hatte. Es ist an der Zeit, dass der Klimawandel ernst genommen wird, damit auch noch viele andere ihre Stimme erheben können.
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Samuel Lekato, Wirtschaftswissenschaftler, Kenia
Ich grüße Sie im Namen des allmächtigen Gottes. Es ist ein Privileg, vor Ihnen stehen zu dürfen. Ich danke dem allmächtigen Gott für diese Gelegenheit. Es ist eine edle Gelegenheit, ein Teil von Ihnen zu sein. Ich bin Samuel Lekato, ein junger Mann aus Amboseli, Kenia. Ich bin der Sohn eines Nomaden im Maasailand und habe große Träume. Ich bin frischgebackener Universitätsabsolvent und habe einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaft und Statistik. Meine berufliche Laufbahn habe ich als freiwilliger Lehrer in einem Kindergarten in einem Massai-Dorf begonnen. Dort habe ich Gemeindedienste geleitet; ich bin auch Naturschützer und Gemeindepädagoge. Ich trage die Last des Massai-Volkes auf meinem Rücken. Ich habe diese Rolle gerne angenommen. Das Internet macht die Welt zu einem kleinen Dorf. Ich nutze die guten Seiten der Technologie. Beim Kühehüten unter der sengenden Sonne Kenias bin ich mit Maria Cecilia in Kontakt gekommen, die mich mit EoF bekannt machte. Sie wollte einem Dorfjungen helfen, sich weiterzuentwickeln, beruflich voranzukommen, um dann anderen zu helfen. 2020 bin ich wie durch ein Wunder der EoF beigetreten.
Das großartige Team des EoF hat mich herzlich empfangen. Das Team bestand aus Wissenschaftlern, Anwälten und Elitemitgliedern der Gesellschaft. Sie haben mir geholfen, mich beruflich und geistig zu verwirklichen. Ihenn habe ich es zu verdanken, wenn ich im Dienst an meiner Gemeinschaft viel erreichen konnte. Ich habe im Team Freunde und Mentoren gefunden. Durch die Teamarbeit mit den Mitgliedern des Teams und ihre Liebe wurde mein Leben unendlich bereichert. Als junger Mann habe ich mich lange dem Dienst an meiner Gemeinschaft verschrieben. Da ich aus einer marginalisierten Gemeinschaft stamme, war mein Einsatz gefragt. Mit dem Team haben wir eine großartige und edle Aufgabe für meine Gemeinschaft erfüllt. Heute betreue ich eine Gruppe von 20 Kindern, die vor dem Analphabetismus gerettet und zur Schule geschickt werden konnten. Wir haben ein Bewusstsein für Gesundheits- und Umweltfragen geschaffen. Wir haben auch die Lebensweise der Hirten verändert. Hirten, die sich früher nur auf Kühe und die Jahreszeiten verlassen haben, setzen jetzt auf nachhaltige Landwirtschaft.
Während der anhaltenden Dürre waren wir in der Lage, einen Krisenplan auszuarbeiten, mit denen wir den Benachteiligten und Witwen in der Gesellschaft helfen konnten. All das wäre ohne die Bemühungen und die Liebe der EoF-Gemeinschaft nicht möglich gewesen. Wenn ich einen ganzen Tag Zeit hätte, würde das nicht ausreichen, um die großen Dinge aufzuzählen, die Sie als Team für mich und meine Gemeinschaft getan haben - ein Meilenstein in meiner Gemeinschaft und ein Vermächtnis, das in unsere Herzen geschrieben wurde. Mein wunderbares Team, ihr seid für mich zur Familie geworden. Danke für die Liebe und Fürsorge, die ich erfahren habe. Eine Liebe, die die Vielfalt schätzt. Die Gesellschaft, wie sie sich die Heiligen und Martin Luther King gewünscht haben. Als aufstrebender Umweltschützer predigen wir das Evangelium der Klimaaktion. Wir brauchen einen grünen Globus und eine saubere Umwelt. Der Klimawandel stellt nach wie vor für die ganze Welt eine große Herausforderung und eine Krise dar. Deshalb möchte ich in aller Bescheidenheit vorschlagen, dass wir uns gemeinsam für eine grüne Umwelt einsetzen und uns zu Botschaftern unseres eigenen schönen Landes machen. Das Geschenk, dessen Pflege Gott der Menschheit anvertraut hat. Pflanzen wir einen Baum, retten wir die Zukunft.
Ich danke euch! In Kiswahili sagen wir: Asante San
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Maryam, Frauenrechtsaktivistin, Afghanistan
Danke, dass Sie mir die Möglichkeit geben, meine Geschichte zu erzählen.
Ich bin eine afghanische Frau, in meinem Land war ich Lehrerin und Frauenrechtsaktivistin.
Bei der Ausübung meiner Arbeit bin ich auf viele Hindernisse gestoßen, aber ich habe nie aufgegeben, weil ich an das geglaubt habe, was ich tat.
Das Leben der afghanischen Frauen hatte sich wirklich verändert, es gab bedeutende Fortschritte im politischen und sozialen Bereich.
Aber als die Taliban an die Macht kamen, musste ich mitansehen, wie die Ergebnisse von 20 Jahren harter Arbeit zunichte gemacht wurden.
In Afghanistan herrschen jetzt Tyrannei, Arbeitslosigkeit und Armut.
Frauen sind nicht mehr frei, sie können weder studieren noch arbeiten.
Jene, die für ihre Rechte demonstrieren, werden brutal unterdrückt.
Schon allein das Hören von Musik im Auto ist ein Grund, getötet zu werden.
Als die Taliban kamen, beschlossen wir Frauen, diese Unterdrückung nicht zu akzeptieren: Wir hatten die Bürgerrechte immer verteidigt und konnten keine Kompromisse eingehen.
Wir haben auf vielfältige Weise demonstriert und gekämpft, aber das Ergebnis waren nur Drohungen, Schläge, Entführungen, Folter - und sogar der Tod einiger Aktivisten.
Auch mein Mann hat an Demonstrationen gegen das neue Regime teilgenommen: Sein Arbeitsplatz wurde an einen Taliban vergeben und unser Haus wurde niedergebrannt.
Am 26. August 2021 wollten wir in die USA fliegen, aber die Bombenexplosion machte es unmöglich, zum Flughafen zu kommen. Und dann hat uns die Abreiseblockade gezwungen, in Afghanistan zu bleiben.
Ich war verzweifelt: Eine internationale Frauenrechtsorganisation konnte uns nicht helfen, andere schrieben mir, dass wir für einige Jahre gar kein Visum für die USA oder Australien bekommen würden.
Aber wir konnten nicht warten: Wir waren obdachlos, hatten keine Arbeit - und die Taliban suchten nach uns.
Also beschloss ich, eine Liste mit über hundert mir unbekannten Kontakten, die mir zur Verfügung gestellt worden war, um Hilfe zu bitten - aber niemand antwortete.
Bis ich - es war der 5. Oktober - eine E-Mail von ?Economy of Francesco“ erhielt. Und darin stand:
?Liebe Maryam, danke für deine E-Mail. Wir waren von deiner Botschaft sehr beeindruckt. Wir haben sie an eine Gruppe von Anwälten hier in Italien weitergegeben, die daran arbeiten, dir konkrete Antworten zu geben. Wir geht es dir? Maria.“
Ich kann gar nicht beschreiben, wie viel Kraft und Hoffnung mir diese Worte gegeben haben.
Ich kannte ?Economy of Francesco“ nicht und wusste nicht, dass damals weltweit Demonstrationen zur Unterstützung der afghanischen Frauen organisiert wurden.
Aber ich weiß, dass es ihnen zu verdanken ist, dass mein Mann und ich im April letzten Jahres in Italien gelandet sind.
Wir haben bereits Flüchtlingsstatus erhalten und hoffen, dass auch unsere Familie, die sich leider noch in Afghanistan befindet, bald ankommen kann.
Ich studiere jetzt Italienisch und möchte mich bald wieder für Frauen engagieren. Danke, Papst Franziskus, danke, ?Economy of Francesco“.
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Mateusz Ciasnocha, Landwirt, Polen
Mein Name ist Mateusz Ciasnocha und ich bin ein Landwirt aus dem Norden Polens. Ich möchte Ihnen die Geschichte des Projekts ?Bauernhof des Franziskus“ erzählen.
Der Bauernhof des Franziskus ist ein Unternehmen, das aus der Initiative ?Economy of Francesco“ hervorgegangen ist. Unsere Aufgabe ist es, zwei Welten und zwei Worte miteinander zu verbinden: Landwirtschaft und Gerechtigkeit. Unser Team wurde im Rahmen der Einladung zur Teilnahme an dem Treffen ?Economy of Francesco“ 2019 zusammengestellt. Es gibt zwei Worte, die unseren ?Bauernhof des Franziskus“ am besten beschreiben: Sehen und Handeln. Wenn ich an ihn denke, sehe ich die Gesichter und Aktivitäten der Menschen dort vor mir. Ich sehe eine Gruppe junger Menschen, die auf den Aufruf des Papstes reagiert haben, sich um unser gemeinsames Haus und unsere gemeinsame Familie zu kümmern, wie es in den Enzykliken Laudato si' und Fratelli tutti gefordert wird. Wir haben uns keine Fragen gestellt, keine Zweifel geäußert. Wir haben uns einfach zur Verfügung gestellt. Ich sehe, dass wir die Hoffnung nicht verloren haben und dass unser Wunsch lebendig geblieben ist, uns für eine geschwisterlichere Welt einzusetzen, besonders in der Landwirtschaft, indem wir uns zu wahren Propheten einer geschwisterlicheren Welt machen. Im Mai 2020 haben wir den Worten Taten folgen lassen und uns eigenständig organisiert. Wir leben unseren Wunsch, angesichts der globalen Ungerechtigkeiten, die sehr reale lokale Konsequenzen mit sich bringen, zusammenzuarbeiten. Es ist ein Wunsch, der in unserer ursprünglichen Berufung wurzelt, ?Mit-Gärtner“ Gottes im Garten Eden zu sein. Ich sehe, wie wir mit Hilfe des Heiligen Geistes von einer Gruppe von Menschen zu einer Gemeinschaft im wahrsten Sinne des Wortes geworden sind: einer Gemeinschaft, die entschlossen ist zu handeln. Ich sehe, dass wir von vielen Einzelpersonen und Institutionen unterstützt werden – aber wir werden auch immer wieder von den Menschen im Stich gelassen, auf die wir am meisten zählen.
Trotz aller Hindernisse sehe ich, dass wir auch weiter viele Stunden unserer Freizeit investieren müssen, um das Wissen über regenerative Landwirtschaft, den Schutz von Wassereinzugsgebieten, die Umkehrung der Wüstenbildung, die Schaffung und Verbesserung der Lebensgrundlagen ländlicher Gemeinschaften, insbesondere von Landwirten und Jugendlichen, weiterzugeben und uns in Prozessen wie Cop26, dem UN-Gipfel für Ernährungssysteme oder dem Ausschuss für Ernährungssicherheit zu engagieren, um die Stimme der Stimmlosen in diese Prozesse einzubringen. Wir sind uns bewusst, dass dieses Jahrzehnt der Maßnahmen wirklich wichtig ist. Wir - die Jugend der Wirtschaft im Sinne von Franziskus - sind die Propheten des Wandels. Wir wissen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Zahl der kritisch denkenden Menschen zu erhöhen, um unsere Lebensmittelsysteme durch die Entwicklung einer geschwisterlichen Wirtschaft zu verändern. Aus diesem Grund werden wir auch weiter Maßnahmen ergreifen. Vor allem in Nigeria, wo wir zum ersten Mal eine neue Art ?Bauernhof“ gegründet haben, die derzeit von einem Mitglied unserer Gemeinschaft, Rita Babatunde, geleitet wird. Im Rahmen einer Partnerschaft mit einem lokalen Team führen wir ein Projekt zur Unterstützung und Verbesserung der unternehmerischen Resilienz von Bauern in fünf nigerianischen Dörfern in der Diözese Ibadan durch. Als Protagonisten der Zukunft, die wir - Katholiken und Nichtkatholiken – uns wünschen, glauben wir, dass konkrete Maßnahmen vor Ort einen systemischen Wandel bewirken können. Und deshalb engagiert sich unser Team auch weiterhin in einer Reihe von Interessenvertretungsaktivitäten, darunter Cop27 oder der UN-Gipfel für Ernährungssysteme und die Aktionsplattform Laudato si'. Wir tun all dies, um aktiv Brücken zwischen jenen zu bauen, die sich normalerweise als Feinde betrachten: Klein- und Großbauern, arme und wohlhabende Landwirte, Landwirte, die konventionelle Landwirtschaft betreiben, und solche, die regenerative Landwirtschaft betreiben; und das auf allen Ebenen, von der lokalen über die nationale bis hin zur globalen Ebene.
Wir wissen, dass Sie, Heiliger Vater, täglich alles tun, was notwendig ist, damit wir eine geschwisterliche Welt aufbauen können, in deren Mittelpunkt die Armen und die Erde stehen - und nicht nur darüber reden. Deshalb bitten wir Sie, Heiliger Vater, weiterhin Ihren Einfluss, Ihre Stimme und Ihr Beispiel zu nutzen, um den Zugang und die Möglichkeiten für junge Menschen zu verbessern, Propheten der Geschwisterlichkeit zu sein. Wir wollen unsere Träume weiter in die Tat umsetzen. Wir versichern Ihnen, dass der ?Bauernhof des Franziskus“ - und Landwirte auf der ganzen Welt, insbesondere junge Landwirte - bereit sind, das Engagement der EoF in internationalen Prozessen weiterhin aktiv zu unterstützen und Aktionen der Geschwisterlichkeit in der Welt zu stärken, auch durch die Aktionsplattform Laudato si'.
Da der ?Bauernhof des Franziskus“ ein Unternehmen ist, das aus ?Economy of Francesco“ hervorgegangen ist, möchte ich meine Ausführungen an dieser Stelle beenden und um einen Segen und ein Folgetreffen bitten. Vielen Dank für Ihre Anleitung zum Handeln! Wir beten für Sie und bitten Sie, auch für uns zu beten.
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Andrea, Student, Italien
Ich heiße Andrea und bin seit mehr als neun Jahren in Haft. Es waren Jahre, in denen ich viel gelitten habe, aber auch eine Zeit, in der ich mich tiefgreifend verändert habe. In dieser Zeit konnte ich über den wahren Sinn des Lebens und die wichtigsten Werte, die es prägen sollten, nachdenken. Leider habe ich während eines hässlichen und sinnlosen Kampfes einem Mann das Leben genommen, und ich werde diese Last immer in meinem Herzen tragen... Ich bete für seine Seele.
Vom ersten Tag an habe ich versucht, meine Zeit im Gefängnis so konstruktiv wie möglich zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen und zu versuchen, diese Zeit in eine Chance zum Wachstum zu verwandeln. Anfangs dachte ich mir, ich muss verstehen, was mich so weit gebracht hat, ich muss mein Gleichgewicht und den richtigen Weg finden. Glücklicherweise war ich nicht allein, und dank der Unterstützung von Mitarbeitern, Freiwilligen und Freunden fand ich den Mut, an eine neue Zukunft zu glauben.
Ich konnte mein Studium wieder aufnehmen, und nach meinem Abschluss als Agrartechniker bin ich heute an der Staatlichen Universität Mailand an der Fakultät für Physik eingeschrieben. Jede Prüfung ist eine große Herausforderung, ein Berg, den es zu erklimmen gilt, oft allein, aber jedes Mal, wenn ich eine Prüfung bestanden habe und mich umdrehe, sehe ich ein immer größeres Panorama... Es ist wunderschön. Ich gehöre zu den Glücklichen, die ihre Strafe im Bollate-Gefängnis verbüßen, einer hervorragenden Strafanstalt, in der es möglich ist, einen konkreten Rehabilitationsweg voller Möglichkeiten einzuschlagen. Gern lade ich Sie im Namen aller ein, uns zu besuchen, es wäre uns eine große Ehre. In den letzten anderthalb Jahren hatte ich das Privileg, für die Genossenschaft "bee.4 altre menti" zu arbeiten, eine Realität, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie in einer Strafvollzugsanstalt finden würde. Ein besonderes Arbeitsumfeld, ein Ort, an dem man die Wahrnehmung des Gefängnisses verliert... Ein Umfeld, in dem sich der Mensch wirklich entfalten kann.
Heute möchte ich mit Ihnen über die Arbeit sprechen, Papst Franziskus: Ich weiß, dass sie Ihnen sehr am Herzen liegt. Arbeit gibt uns unsere die Würde zurück, und in unserer Genossenschaft kann jeder Einzelne durch Engagement, Ausdauer, Ernsthaftigkeit und harte Arbeit die wahre Bedeutung der sozialen Eingliederung erfahren. Ich selbst arbeite im digitalen Marketing und konnte dank der Unterstützung der Genossenschaft einen neuen Beruf erlernen. Durch viele Schulungen habe ich jetzt einen Job, der es mir erlaubt, an eine andere, konkrete Zukunft zu denken und zu glauben. Im Gefängnis gibt es im Allgemeinen nicht viele Möglichkeiten, zu arbeiten und Kontakte zur Außenwelt zu knüpfen, aber hier stehen wir täglich in engem Kontakt mit Unternehmen, die beschlossen haben, an dieses wichtige Wiedereingliederungsprojekt zu glauben. Es ist eine große Verantwortung und hoffen, dass wir dazu beitragen können, ein Gefängnis zu schaffen, aus dem man besser herauskommt, als man hineingegangen ist.
Unsere Tätigkeit ermöglicht es uns, die Gesellschaft über die Bedeutung von Arbeitsmöglichkeiten im Gefängnis und deren große Auswirkungen auf die Außenwelt zu informieren. Menschen, die Fehler machen, landen zu Recht im Gefängnis, aber wir müssen verstehen, dass sie ihr wahres Potenzial nur entfalten können, wenn sie die richtigen Bedingungen vorfinden. Der Mensch ist größer als sein Fehler. Jeder Mensch hat ein großes Potential: Es muss nur entdeckt werden. Ich habe selbst nicht daran geglaubt, und es ist den Menschen zu verdanken, die mich unterstützt haben, dass ich heute hier stehe und mein Zeugnis ablege. Ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler, aber es erscheint mir logisch, dass das Gefängnis, um eine gute Investition für die Gesellschaft zu sein, konkrete Ergebnisse erzielen muss, und das sind im Wesentlichen zwei: Sicherheit und keine Rückfälligkeit. Menschen, die aus dem Gefängnis kommen, müssen verändert und von einem "Kostenfaktor" in eine "Ressource" für die Gesellschaft verwandelt werden. Ein Mensch, der seinen Fehler einsieht, begeht mit größerer Wahrscheinlichkeit keinen zweiten Fehler: Die Gesellschaft hat meiner Meinung nach die Pflicht, über diesen wichtigen Aspekt nachzudenken.
Mit meiner Anwesenheit hier möchte ich heute - wie jemand einmal sagte - "denen eine Stimme geben, die keine Stimme haben"; ich möchte mein Gesicht, meine Stimme, mein Herz zur Verfügung stellen und Sprecher all jener "Mitgefangenen" sein, die derzeit auf einer Pritsche in einer Zelle liegen, geschwächt im Körper und vernichtet im Geist; ich möchte auch und vor allem für diejenigen da sein, die keine Zukunft mehr vor sich sehen, unfähig, ihrem Leben Sinn und Freude zu geben. Und heute frage ich mich: Aber hat die Welt auch wirklich Ohren, um unsere Stimme, unseren Schrei zu hören?
Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen, um der Leitung des Gefängnisses Bollate und dem Richter des Mailänder Überwachungsgerichts, Dr. Luerti, zu danken, die meine Anwesenheit heute ermöglicht haben. Ich möchte auch Ihnen, Papst Franziskus, für die Hoffnung danken, die Sie uns täglich durch Ihre Worte geben, für die Würde, die Sie uns geben. Ich bin ein verletzter junger Mann, aber ich bin auch ein junger Mann im Sinne von Franziskus. Zu Beginn meiner Inhaftierung im Jahr 2013 habe ich Ihnen einen Brief geschrieben, in dem ich Sie um Vergebung für meine Taten bat, und ich habe unerwartet schnell eine Antwort erhalten. Dank dieser Vergebung konnte mein Leben neu beginnen... und heute bin ich hier mit diesen tausend Gefährten auf dem Weg der Auferstehung auf dieser Erde: einem Weg, der weitergeht.
(vatican news - cs/skr)
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