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Wortlaut: Papst Franziskus' Katechese bei der Generalaudienz

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz gehalten hat, in vollem Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die amtliche deutsche Fassung dieser Ansprache finden Sie bald 

Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen!

Wir haben gerade Mariä Himmelfahrt, die Aufnahme der Mutter Jesu in den Himmel, gefeiert. Dieses Geheimnis erhellt die Erfüllung der Gnade, die Marias Schicksal geprägt hat, und es erhellt auch unsere Bestimmung; unsere Bestimmung ist der Himmel. Mit diesem Bild der in den Himmel aufgenommenen Jungfrau möchte ich meine Reihe der Katechesen über das Alter abschließen. Im Westen sehen wir sie erhöht und in glorreiches Licht gehüllt; im Osten wird sie schlafend dargestellt, umgeben von den Aposteln im Gebet, während der auferstandene Herr sie wie ein Kind in seinen Händen hält. 

Die Theologie hat schon immer über das Verhältnis dieser singulären ,Aufnahme` zum Tod nachgedacht, den das Dogma nicht definiert. Ich halte es für noch wichtiger, die Beziehung zwischen diesem Geheimnis und der Auferstehung des Sohnes zu verdeutlichen, die uns allen den Weg zur Entstehung des Lebens eröffnet. Im göttlichen Akt der Wiedervereinigung Marias mit dem auferstandenen Christus wird nicht nur die normale körperliche Vergänglichkeit des menschlichen Todes überwunden, sondern die leibliche Übernahme des göttlichen Lebens vorweggenommen. Das Schicksal der Auferstehung, das uns betrifft, wird nämlich vorweggenommen: Denn nach dem christlichen Glauben ist der Auferstandene der Erstgeborene vieler Brüder und Schwestern. Der auferstandene Herr ist derjeniger, der als erstes gegangen ist, an erster Stelle, dann gehen wir alle, aber das ist unser Schicksal: die Auferstehung.

Man könnte sagen - in Anlehnung an die Worte Jesu an Nikodemus -, dass es ein bisschen wie eine erneute Geburt ist (vgl. Joh 3,3-8). Wenn die erste eine Geburt auf der Erde war, ist diese zweite eine Geburt im Himmel. Es ist kein Zufall, dass der Apostel Paulus in dem eingangs gelesenen Text von den Geburtswehen spricht (vgl. Röm 8,22). So wie wir, sobald wir aus dem Mutterleib kommen, immer noch wir sind, derselbe Mensch, der im Mutterleib war, so werden wir nach dem Tod in den Himmel, in den Raum Gottes geboren, und es sind immer noch wir, die auf dieser Erde gewandelt sind. Ähnlich wie bei Jesus: Der Auferstandene ist immer noch Jesus: Er verliert nicht seine Menschlichkeit, seine Erfahrung oder gar seine Körperlichkeit, nein, sie bleiben mit ihm, denn ohne sie wäre er nicht mehr er selbst, wäre er nicht Jesus: das heißt, mit seiner Menschlichkeit, seinen Erfahrungen. 

Die Erfahrung der Jünger, denen er vierzig Tage lang nach seiner Auferstehung erschien, verdeutlicht uns dies. Der Herr zeigt ihnen die Wunden, die sein Opfer besiegelten; aber sie sind nicht mehr die Hässlichkeit der schmerzlich erlittenen Verzagtheit, sie sind jetzt der unauslöschliche Beweis seiner treuen Liebe bis zum Ende. Der auferstandene Jesus lebt mit seinem Leib in der trinitarischen Intimität Gottes! Und dabei verliert er nicht sein Gedächtnis, er gibt seine Geschichte nicht auf, er löst die Beziehungen nicht auf, in denen er auf der Erde gelebt hat. Er versprach seinen Freunden: ?Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe - er ist gegangen, um für uns alle einen Platz vorzubereiten! - und wenn ich gegangen bin und einen Platz vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin." (Joh 14,3). Und er wird kommen, nicht nur am Ende, sondern er wird jedes Mal für jeden von uns kommen. Er wird kommen, um uns zu suchen und zu ihm zu bringen. In diesem Sinn ist der Tod gewissermaßen der Schritt hin zur Begegnung mit Jesus, der auf mich wartet, um mich zu ihm zu bringen. 

Der Auferstandene lebt in Gottes Welt, in der es für jeden einen Platz gibt, in der eine neue Erde entsteht und wo die himmlische Stadt, die endgültige Wohnstätte der Menschen, gebaut wird. Wir können uns diese Verwandlung unseres sterblichen Körpers nicht vorstellen, aber wir sind sicher, dass unsere Gesichtszüge erkennbar bleiben und wir im Himmel Gottes Mensch bleiben können. Dies wird uns erlauben, mit erhabenen Gefühlen am unendlichen und glückseligen Überschwang von Gottes schöpferischem Akt teilzuhaben, dessen nie enden wollende Abenteuer wir aus erster Hand erleben werden. 

Wenn Jesus vom Reich Gottes spricht, beschreibt er es als ein Hochzeitsmahl, als ein Fest mit Freunden, als die Arbeit, die das Haus perfekt macht, oder die Überraschungen, die die Ernte reicher machen als die Aussaat. Die Worte des Evangeliums über das Reich Gottes ernst zu nehmen, befähigt uns, uns an Gottes wirkender und schöpferischer Liebe zu erfreuen und uns auf das unvorhersehbare Ziel des Lebens, das wir säen, einzustimmen.

Im Alter, liebe ebenfalls ältere Freunde, wird die Bedeutung der vielen ?kleinen Details", aus denen das Leben besteht - ein Streicheln, ein Lächeln, eine Geste, eine geschätzte Arbeit, eine unerwartete Überraschung, eine gastfreundliche Fröhlichkeit, eine treue Bindung - immer deutlicher. Das Wesentliche im Leben, das uns am meisten am Herzen liegt, wenn wir uns dem Abschied nähern, wird uns endgültig klar. Seht: Diese Weisheit des Alters ist der Ort unserer Reife, die das Leben der Kinder, der Jugendlichen, der Erwachsenen, der ganzen Gemeinschaft erhellt. Wir Alten müssen das sein: Ein Licht für die anderen. Unser ganzes Leben erscheint wie ein Samenkorn, das vergraben werden muss, damit seine Blüte und seine Frucht geboren werden können. Sie wird geboren werden, wie alles andere auf der Welt auch. Nicht ohne Geburtswehen, nicht ohne Schmerzen, aber sie wird geboren werden (vgl. Joh 16,21-23). Und das Leben des auferstandenen Leibes wird tausendmal lebendiger sein, als wir es auf dieser Erde gekostet haben (vgl. Mk 10,28-31). 

Der auferstandene Herr, der nicht zufällig am See auf die Apostel wartet, grillt einen Fisch (vgl. Joh 21,9) und bietet ihnen diesen dann an. Diese Geste der fürsorglichen Liebe gibt uns einen Einblick in das, was uns erwartet, wenn wir das andere Ufer erreichen. Ja, liebe Brüder und Schwestern, vor allem ihr Älteren, das Beste im Leben steht noch aus. ,Aber wir sind alt, was sollen wir noch sehen?' - Das Beste, denn das Beste im Leben steht noch aus. Hoffen wir auf diese Fülle des Lebens, die uns alle erwartet, wenn der Herr uns ruft. Die Mutter des Herrn und unsere Mutter, die uns in den Himmel vorausgegangen ist, möge uns die Unruhe des Wartens nehmen, denn es ist kein einschläferndes Warten, nein, es ist ein banges Warten: ,Wann kommt mein Herr? Wann kann ich dorthin gehen?' Ein wenig Angst, denn ich weiß nicht, was dieser Übergang ist und diese Tür flößt ein wenig Angst ein, aber da ist immer die Hand des Herrn, die dich vorwärts trägt und nachdem man die Tür durchschritten hat, wartet das Fest. Seien wir aufmerksam, liebe Ältere, liebe Gleichaltrige, Er wartet auf uns, nur ein Übergang, und dann das Fest. Danke

(vatican news-sst)

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24. August 2022, 09:45