Papst an Peter und Paul: ?Klerikalismus ist Perversion“
Mario Galgano – Vatikanstadt
?Der Geistliche, der zum Kleriker wird, hat einen falschen Weg eingeschlagen“, mahnte der Papst in seiner Predigt im Petersdom. Noch schlimmer seien aber die ?klerikalisierten“ Laien: ?Hüten wir uns vor der Perversion des Klerikalismus“, wiederholte das Kirchenoberhaupt. Die Einladung von Papst Franziskus an die Gläubigen lautet: ?Helft uns, Sauerteig im Teig der Welt zu sein“. Gemeinsam könnten und müssten die Gläubigen Gesten der Fürsorge für das menschliche Leben, für die Bewahrung der Schöpfung, für die Würde der Arbeit, für die Probleme der Familien, für die Not der Alten und der Verlassenen, der Abgelehnten und Verachteten setzen, zählte er auf.
?Wir erleben immer noch eine Menge innerer Widerstände, die es uns nicht ermöglichen, uns auf den Weg zu machen“, gab der Papst zu bedenken. ?Manchmal werden wir als Kirche von Faulheit überwältigt und ziehen es vor, uns auf die wenigen sicheren Dinge, die wir besitzen, zu besinnen, anstatt aufzustehen und den Blick auf neue Horizonte, auf das offene Meer zu richten. Wir sind oft wie Petrus im Gefängnis der Gewohnheit gefangen, haben Angst vor Veränderungen und sind an die Kette unserer Gewohnheiten gebunden. Aber auf diese Weise rutschen wir in die geistliche Mittelmäßigkeit ab, wir laufen Gefahr, auch im pastoralen Leben ,mit den Füßen zu treten', der Enthusiasmus für die Mission lässt nach und statt eines Zeichens von Vitalität und Kreativität zu sein, erwecken wir den Eindruck von Lauheit und Trägheit“, mahnte der Papst.
Dann folgte eine weitere Warnung des Papstes: so werde der große ?Strom der Neuheit und des Lebens“, der - wie Pater Henri de Lubac schrieb - das Evangelium ist, ?in unseren Händen zu einem Glauben, der in ,Formalismus und Gewohnheit verfällt, zu einer Religion der Zeremonien und der Andachten, der Ornamente und der vulgären Tröstungen. Klerikales Christentum, formalistisches Christentum, erstarrtes, erloschenes Christentum“, zitierte Franziskus Lubac.
Missionarische Jünger sein
In der Kirche sei jeder Mensch dazu berufen, ein missionarischer Jünger zu sein und seinen eigenen Beitrag zu leisten, sagte der Papst. ?Und hier kommen mir zwei Fragen in den Sinn“, fuhr er fort: ?Die erste ist: Was kann ich für die Kirche tun? Beschweren Sie sich nicht über die Kirche, sondern engagieren Sie sich für die Kirche. Beteiligen Sie sich mit Leidenschaft und Bescheidenheit: mit Leidenschaft, weil wir keine passiven Zuschauer bleiben dürfen; mit Bescheidenheit, weil das Engagement für die Gemeinschaft niemals bedeuten darf, sich in den Mittelpunkt zu stellen, sich besser zu fühlen und andere daran zu hindern, sich zu nähern.“
Der Pontifex erläuterte auch, was er mit einer ,Kirche im Synodalen Prozess' meine: alle sollen und dürfen daran teilnehmen, niemand steht an der Stelle der anderen oder über den anderen. Es gebe keine Christen erster und zweiter Klasse. Jeder sei dazu aufgerufen, Teil des Ganzen zu sein. ?Mitmachen heißt aber auch, den ,guten Kampf' zu führen, von dem Paulus spricht“, erläuterte das Kirchenoberhaupt.
?Es ist in der Tat ein ,Kampf'“, erklärte er, ?denn die Verkündigung des Evangeliums ist nicht neutral. Bitte, möge der Herr uns davon befreien, das Evangelium zu destillieren, um es neutral zu machen, das Evangelium ist kein destilliertes Wasser. Es lässt die Dinge nicht so, wie sie sind, es akzeptiert keine Kompromisse mit der Logik der Welt, sondern entzündet im Gegenteil das Feuer des Reiches Gottes, in dem stattdessen die menschlichen Mechanismen der Macht, des Bösen, der Gewalt, der Korruption, der Ungerechtigkeit und der Ausgrenzung herrschen.“
Die zweite Frage laute daher: ?Was können wir als Kirche gemeinsam tun, um die Welt, in der wir leben, menschlicher, gerechter, solidarischer und offener für Gott und die Geschwisterlichkeit unter den Menschen zu machen?“, fragte der Papst. ?Wir dürfen uns gewiss nicht in unseren kirchlichen Kreisen verschließen und uns auf bestimmte sterile Diskussionen festnageln, sondern müssen dazu beitragen, Sauerteig im Teig der Welt zu sein“, mahnte Franziskus.
Kurz gesagt, es gehe darum, ?eine Kirche zu sein, die eine Kultur der Fürsorge, des Mitgefühls für die Schwachen und des Kampfes gegen alle Formen der Erniedrigung fördert, auch in unseren Städten und an den Orten, an denen wir uns aufhalten, damit die Freude des Evangeliums im Leben aller Menschen aufleuchtet: Das ist unser ,guter Kampf'“, betonte er.
Seid vorsichtig!
Abweichend vom Predigtmanuskript rief der Papst dann dazu auf, ?vorsichtig zu sein und nicht in Klerikalismus zu verfallen“. Klerikalismus sei eine Perversion. Der Geistliche, der sich selbst klerikalisiert, mit einer klerikalen Haltung, habe einen falschen Weg eingeschlagen. Noch schlimmer seien die klerikalisierten Laien. ?Wir sollten uns vor dieser Perversion des Klerikalismus hüten.“ Und auch, um ?Nostalgie“ für die Dinge der Vergangenheit zu vermeiden und ?nicht in die ,Rückwärtsgewandtheit´ zu verfallen, die heute in Mode ist“, so der Papst.
Franziskus erinnerte an die ?schöne Tradition“ der Segnung der Pallien für die neu ernannten Metropolitan-Erzbischöfe, von denen viele an der Feier von diesem Mittwoch teilgenommen hatten. In Gemeinschaft mit Petrus seien sie aufgerufen, ,schnell aufzustehen', um wachsame Wächter der Herde zu sein und ,den guten Kampf zu kämpfen', niemals allein, sondern mit dem ganzen heiligen, treuen Volk Gottes.
Und am Schluss grüßte er ?von Herzen“ die Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Seiten des geliebten Bruders Bartholomaios, fügte er hinzu: ?Danke für Ihre Anwesenheit hier! Lasst uns gemeinsam gehen, denn nur gemeinsam können wir Samen des Evangeliums und Zeugen der Geschwisterlichkeit sein. Petrus und Paulus mögen für uns, für die Stadt Rom und für die Menschen in der Welt Fürsprache einlegen, für die Kirche und für die ganze Welt.“
(vatican news)
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