Papst an Vatikanrichter: Zuh?ren und abw?gen
?In der Tat müssen Recht und Urteil immer im Dienst der Wahrheit und Gerechtigkeit sowie der evangelischen Tugend der Nächstenliebe stehen“, Neben den Präsidenten des Kassationsgerichtes und des Vatikantribunals Kardinal Dominique Mamberti und Giuseppe Pignatone war auch der italienische Premierminister Mario Draghi bei der Audienz in der ,Aula delle Benedizioni' anwesend. Als Beispiel verwies Franziskus auf die jüngsten ?komplexen Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Finanzdelikten oder Verstößen gegen die guten Sitten“, die im Vatikan geführt wurden.
Papst warnt vor ?selbstbezogener Sichtweise“
In seiner Ansprache anlässlich der Eröffnung des vatikanischen Gerichtsjahres warnte Franziskus zugleich vor einer ?selbstbezogenen Sichtweise des Gesetzes“ und einer allzu rigiden Rechtsprechung. Gerechtigkeit im Sinne des Evangeliums sei ?nicht so sehr ein Regelwerk, das mit technischem Sachverstand anzuwenden ist, sondern vielmehr eine Lebenshaltung, die die Verantwortlichen leitet und die vor allem eine Verpflichtung zur persönlichen Umkehr erfordert“. Sie erfordere ?eine Haltung des Herzens, die im Gebet und im Dank erfleht und genährt werden muss, damit wir unsere Pflichten erfüllen können, indem wir die Richtigkeit der Gesetze mit der Barmherzigkeit verbinden, die nicht die Aufhebung der Gerechtigkeit, sondern ihre Erfüllung ist (vgl. Röm 13,8-10).“
Zu einem fairen Gerichtsprozess gehöre es, allen Parteien unvoreingenommen zuzuhören, führte der Papst aus. Es gelte ?ernsthaft und geduldig“ abzuwägen, um zu einem Urteil zu gelangen. Zudem müsse in Strafprozessen ?Gerechtigkeit immer mit Forderungen der Barmherzigkeit verbunden werden, die letztlich zur Umkehr und Vergebung aufrufen“, bekräftige Franziskus, in dessen Pontifikat Barmherzigkeit ein Schlüsselwort ist.
Franziskus betonte an dieser Stelle die Wichtigkeit von Billigkeitserwägungen (aequitas), also der gerechten und angemessenen Anwendung des Gesetzes im Blick auf den jeweiligen Einzelfall: Neben den allgemeinen Gesetzesvorschriften seien stets auch ?die Erfordernisse und besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles" zu berücksichtigen. Gerade im Kirchenrecht werde ein solcher Ansatz ?besonders anerkannt und geschätzt“, so der Papst.
Franziskus erläutert Strukturreformen im Justizbereich
Weiter verwies der Papst in seiner Ansprache auf die von ihm angetriebenen Strukturreformen im Vatikan, die etwa die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und eben auch den Justizapparat betreffen. In einer ?Zeit der Reformen“ komme gerade dem Justizapparat des Heiligen Stuhles eine immer wichtigere Rolle zu, hielt Franziskus fest. Es gehe um einen evangeliumsgemäßen Umbau, um mehr Transparenz und ein effektiveres, synodales Zusammenwirken aller Beteiligten im Sinne von Wahrheit und Gerechtigkeit. Dabei orientiere sich der Heilige Stuhl an internationalen Standards für Wirtschaft und Finanzen. Es gehe auch ums Sparen, räumte er mit Blick auf die der Corona-Pandemie geschuldete Krisenzeit weiter ein.
Zu den auf den Weg gebrachten Reformen erläuterte der Papst etwa, dass Vorschriften zur Ernennung von Richtern und Staatsanwälten angepasst worden seien, um die Validität von Gerichtsverfahren und die Kompetenz der beteiligten Experten zu garantieren. ?Eine solche Bestimmung zielt in angemessener Weise darauf ab, innerhalb des Richterkollegiums und des Amtes des Justizpromotors das Vorhandensein von Kompetenzen zu gewährleisten, die dazu beitragen, die beste Kenntnis eines so eigenartigen und komplexen Quellensystems wie das des Vatikans und die Möglichkeit autoritativer und zuverlässiger Entscheidungen zu gewährleisten.“
Im Justizbereich habe man allgemein den Rechtsrahmen aktualisiert und versucht, ?nicht mehr zeitgemäße Strukturen“ zu überwinden. Ebenso seien alte ?Privilegien“ bei Verfahren abgeschafft und eine mehrstufige Rechtsprechung gefördert worden, bei der ?die Gleichheit aller Mitglieder der Kirche und ihre gleiche Würde und Stellung gewährleistet“ sei.
(vatican news – pr)
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