Papst zu Journalisten: ?Habe nie jemandem Kommunion verweigert“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Politisch wohl am heikelsten war die Frage eines amerikanischen Journalisten, ob Priester katholischen Politikern, die für Abtreibung sind, die Kommunion verweigern sollten. Namentlich in der US-Bischofskonferenz hatte es unlängst eine Debatte darüber gegeben, denn mit Joe Biden sitzt erstmals seit Kennedy ein Katholik im Weißen Haus – ein Katholik, der allerdings Frauen ein Recht auf Abtreibung zubilligt.
?Ich habe nie jemandem die Kommunion verweigert“, sagte Franziskus dazu: ?Die Kommunion ist keine Auszeichnung für die Perfekten, sondern ein Geschenk, eine Gabe, die Präsenz Jesu in der Kirche und in der Gemeinschaft.“ Klar sei allerdings auch, dass keiner, der nicht zur Gemeinschaft gehöre, an den Tisch des Herrn treten könne.
?Zweites Problem, das der Abtreibung: Das ist mehr als ein Problem, es ist Mord. Wer abtreibt, der tötet, um es klar zu sagen… Dem, der das nicht verstehen kann, würde ich folgende Frage stellen: Ist es richtig, ein menschliches Leben zu töten, um ein Problem zu lösen? Ist es richtig, einen Killer anzuheuern, um ein menschliches Leben zu töten? Wissenschaftlich gesehen ist es ein menschliches Leben… Und darum ist die Kirche bei diesem Thema so hart, denn wenn sie (Abtreibung) akzeptieren würde, wäre es so, als würde sie das tägliche Morden akzeptieren.“
Deutliche Worte – Franziskus hatte schon bei Abtreibung mit Auftragsmord verglichen und damit eine heftige Debatte losgetreten. Nichtsdestotrotz wiederholte er den Gedanken bei einer Audienz 2019 und nun auch gegenüber den Journalisten auf dem Rückflug von der Slowakei nach Rom.
?Nun kommen wir zu dieser Person, die nicht zur Gemeinschaft gehört, sie kann nicht zur Kommunion gehen. Das ist keine Strafe – sie steht außerhalb. Aber das Problem ist nicht theologisch, sondern pastoral… Wenn wir auf die Kirchengeschichte schauen, sehen wir: Jedes Mal, wenn Bischöfe ein Problem nicht pastoral angegangen sind, haben sie sich politisch auf eine Seite geschlagen… Was sollte der Hirte tun? Hirte sein, nicht andere verurteilen… Wenn er aus dem seelsorglichen Rahmen der Kirche heraustritt, wird er zum Politiker, und das sehen Sie an allen nicht-pastoralen Verurteilungen der Kirche.“
?Erinnern Sie sich an den Sturm nach Amoris laetitia?“
Der Papst erlaubte sich in dieser Hinsicht auch einen Seitenblick auf das , mit dem er 2016 einen Reigen von Bischofssynoden zum Thema Ehe und Familie beschlossen hat. In einer Fußnote des Textes hatte Franziskus in Ausnahmefällen Christen, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben, zur Kommunion zugelassen.
?Erinnern Sie sich an den Sturm nach Amoris laetitia? Häresie, Häresie! Zum Glück gab es da Kardinal (Christoph) Schönborn (von Wien), einen großen Theologen, der die Dinge geklärt hat. Sie sind Kinder Gottes und brauchen unsere pastorale Nähe…“
?Eine Ehe ist eine Ehe“
Auch nach seiner Haltung zu Homosexuellen wurde Franziskus gefragt; allerdings ging der Fragesteller nicht direkt auf einen unlängst veröffentlichten Text der Glaubenskongregation ein, der das Verbot von Segensfeiern für homosexuelle Paare bekräftigt. Franziskus erklärte, dass die Ehe ein Sakrament sei und die Kirche habe ?nicht die Vollmacht, die Sakramente zu ändern, die der Herr eingesetzt hat“.
?Es gibt Gesetze, die versuchen, den vielen Menschen zu helfen, die eine sexuell andere Orientierung haben. Das ist wichtig – die Staaten haben in zivilrechtlicher Hinsicht die Möglichkeit, sie zu unterstützen, ihnen im Erbrecht und Gesundheitswesen Sicherheit zu geben – nicht nur Homosexuellen, sondern allen Personen, die sich zusammentun wollen. Aber eine Ehe ist eine Ehe. Das bedeutet nicht, sie zu verurteilen – sie sind unsere Brüder und Schwestern, wir sollen sie begleiten… Aber bitte, erwarten Sie nicht von der Kirche, dass sie ihre Wahrheit verleugnet.“
Zum Thema Corona-Impfungen zeigte sich Franziskus etwas verwundert über Impfskeptiker. Das sei ?seltsam“, schließlich habe die Menschheit doch nahezu ?eine Geschichte der Freundschaft zu Impfstoffen“. Vielleicht habe Impfskepsis etwas mit der verbreiteten ?Unsicherheit, nicht nur der Pandemie“, zu tun.
?Auch im Kardinalskollegium gibt es einige Negationisten – und einer von ihnen, der Arme!, liegt mit dem Virus im Krankenhaus. Ironie des Lebens.“ Der 73-jährige US-Kardinal Raymond Burke musste im August wegen einer Corona-Infektion künstlich beatmet werden; mittlerweile ist er auf dem Weg der Besserung.
Erneute Ungarnreise nächstes oder übernächstes Jahr?
Während seiner ?fliegenden Pressekonferenz“ äußerte sich Papst Franziskus auch zur Europäischen Union: Sie solle ?zu den Träumen ihrer Gründerväter“ zurückkehren, forderte er und nannte die Namen Schuman, Adenauer und De Gasperi. Bei seiner Begegnung mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban in Budapest am letzten Sonntag sei es vor allem um ökologische und demographische Fragen gegangen; über Einwanderung – ein Thema, bei dem Orban eine dezidiert andere Haltung vertritt als Franziskus – sei nicht gesprochen worden.
Er könne sich, so ließ der Papst noch wissen, ?nächstes oder übernächstes Jahr“ eine erneute und diesmal längere Reise nach Ungarn vorstellen. Am Sonntag hatte er sich nur wenige Stunden in Budapest aufgehalten, während er sich anschließend für einen Besuch in der Slowakei mehrere Tage Zeit nahm. Auf dem Rückweg in den Vatikan fehlte auch bei dieser Auslandsreise nicht der Abstecher in die Basilika Santa Maria Maggiore, wo der Papst vor dem Gnadenbild Salus Populi Romani für das gute Gelingen der Reise dankte.
(vatican news)
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