Papst Franziskus: Appell für Frieden in Tigray und Karabach
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Franziskus empfing wie üblich die Teilnehmer an der Jahresvollversammlung der ?Roaco“ in Audienz; die ?Roaco“ ist der Zusammenschluss von Hilfswerken für die Ostkirchen. Solche Audienzen sind immer eine gute Gelegenheit für den Papst, der Kirche im Osten und im Orient den Puls zu fühlen.
?Man hat mir mitgeteilt, dass die Kollekte für das Heilige Land 2020 nur die Hälfte von dem ergeben hat, was in den Vorjahren hereingekommen ist. Bestimmt hat das mit den langen Monaten zu tun, in denen die Menschen nicht in die Kirchen kommen konnten, und mit der Wirtschaftskrise, die die Pandemie ausgelöst hat. Einerseits tut uns das gut, weil es uns zu größerer Wesentlichkeit drängt. Aber andererseits darf es uns nicht gleichgültig lassen – denken wir nur an die menschenleeren Straßen Jerusalems, ohne Pilger, die dort ihren Glauben erneuern und die auch konkrete Solidarität mit den örtlichen Kirchen und Bevölkerungen ausdrücken.“
Der Traum vom Regenbogen und die Bomben-Flugzeuge
Diese Solidarität mit den Christen im Heiligen Land sei aber weiter sehr wichtig, so der Papst. Es sei eigentlich genau dieselbe Solidarität, von der schon der hl. Paulus in seinen Briefen gesprochen habe: Der Völkerapostel warb wenige Jahrzehnte nach Tod und Auferstehung Jesu bei neu entstandenen christlichen Gemeinden vor allem in Kleinasien wortreich um Spenden für die Christen in Jerusalem.
?In eurer Vollversammlung habt ihr auch über verschiedene geographische und kirchliche Kontexte gesprochen – vor allem über das Heilige Land. Für Israel und Palästina träumen wir immer davon, dass sich am Himmel wie zur Zeit Noahs ein Regenbogen des Friedens ausspannt… (vgl. Gen 9,12-17). Allzu oft aber werden diese Himmel stattdessen von Flugzeugen durchpflügt, die Zerstörung, Tod und Angst bringen!“
Der Schrei Syriens
Bei dieser Anspielung auf den jüngsten Raketenbeschuss israelischer Ziele aus dem Gaza-Streifen und auf die israelischen Bombardements auf Gaza ließ es der Papst bewenden. Er wandte sich als nächstes dem Thema Syrien zu.
?Der Schrei, der von Syrien aus aufsteigt, erreicht immer das Herz Gottes, scheint aber die Menschen, von denen die Geschicke der Völker abhängen, nicht zu erreichen. Es bleibt ein Skandal, dass der Konflikt schon zehn Jahre dauert – mit Millionen von Flüchtlingen inner- wie außerhalb des Landes und Todesopfern. Ein Wiederaufbau wäre nötig, ist aber weiter eine Geisel von parteiischen Erwägungen und einem Mangel an mutigen Beschlüssen für das Wohl dieser gemarterten Nation.“
Nicht nur Gebäude wiederaufbauen, sondern Gemeinschaften
Nicht nur ?Bauten und Kathedralen“ gelte es wiederaufzubauen, sondern vor allem auch ?die lebendigen Steine“, sagte der Papst dann mit einer Formulierung, die speziell auf den Libanon gemünzt schien. Schließlich hat dort eine Explosion im Hafen von Beirut im August letzten Jahres das christliche Stadtviertel Aschrafieh in Schutt und Asche gelegt. Mit dem Libanon und seiner beispiellosen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Krise wird sich in einer Woche ein Sondergipfel im Vatikan beschäftigen.
?Voller Sorge verfolge ich die Nachrichten über die Lage, die durch den Konflikt in der Region Tigray in Äthiopien entstanden ist – auch mit dem Gedanken, dass das auch das nahegelegene Eritrea betrifft. Jenseits der religiösen und konfessionellen Unterschiede wird uns klar, wie essentiell die Botschaft von ?Fratelli tutti‘ ist, wenn wir sehen, wie die Unterschiede zwischen Ethnien und die Machtkämpfe, die sich daraus ergeben, geradezu System haben.“
?Fratelli tutti‘ – das ist die Enzyklika, die Papst Franziskus im Oktober letzten Jahres über den Imperativ eines geschwisterlichen Umgangs von Menschen und Völkern untereinander verfasst hat.
Friedenstaube über dem Ararat
Der letzte Appell des Papstes galt dann dem Konflikt über Berg-Karabach, den Armenien und Aserbaidschan unlängst ausgetragen haben.
?Am Ende meiner Apostolischen Reise nach Armenien 2016 habe ich zusammen mit dem Katholikos, Karekin II., Tauben aufsteigen lassen – als ein Zeichen für die Hoffnung auf Frieden im ganzen Kaukasus. Leider wurde dieser Friede aber in den letzten Monaten wieder einmal verletzt. Darum danke ich Euch für Eure Aufmerksamkeit für diese Region. Möge die katholische Gemeinschaft dort weiter ein Zeichen und Sauerteig für ein evangeliumsgemäßes Leben sein!“
(vatican news)
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