Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelus am Sonntag
Der offizielle Wortlaut wird in Kürze auf der veröffentlicht.
?Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Im heutigen Evangelium (Mt 22,34-40) fragt ein Gesetzeslehrer Jesus, welches Gebot im Gesetz das wichtigste ist. Jesus antwortet: ?Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.‘ (V. 37). Und er fügt sofort hinzu: ?Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘ (V. 39).
Die Antwort Jesu greift zwei grundlegende Gebote auf, die Gott seinem Volk durch Mose gegeben hat, und verbindet sie miteinander (vgl. Dtn 6,5; Lv 19,18). So vermeidet er die Fallstricke, die ihm da in den Weg gelegt werden. Sein Gesprächspartner versucht nämlich, ihn in den Streit zwischen den Experten des Gesetzes über die Hierarchie der Vorschriften hineinzuziehen.
Aber Jesus setzt zwei wesentliche Akzente für Gläubige aller Zeiten. Zwei wesentliche Akzente unseres Lebens! Der erste besteht darin, dass das moralische und religiöse Leben nicht auf einen ängstlichen und erzwungenen Gehorsam reduziert werden darf, sondern die Liebe zum Prinzip haben soll. Es gibt Menschen, die die Gebote ängstlich und gezwungen einzuhalten versuchen... Der zweite ist, dass die Liebe sich gleichzeitig und untrennbar auf Gott und auf den Nächsten richten soll. Dies ist eine der wichtigsten Neuerungen in der Lehre Jesu. Sie lässt uns verstehen, dass es keine authentische Gottesliebe gibt, die sich nicht auch in der Nächstenliebe ausdrückt; und ebenso gibt es keine authentische Nächstenliebe, wenn sie sich nicht aus der Beziehung zu Gott ergibt.
Wir vernachlässigen die Anbetung...
Jesus schließt seine Antwort mit den Worten: ?An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten‘ (V. 40). Das bedeutet, dass alle Gebote, die der Herr seinem Volk gegeben hat, in Beziehung zur Gottes- und Nächstenliebe gesetzt werden müssen. Alle Gebote dienen also dazu, diese zweifache, unteilbare Liebe in die Tat umzusetzen und zum Ausdruck zu bringen.
Die Liebe zu Gott drückt sich vor allem im Gebet aus, vor allem in der Anbetung. Aber wir vernachlässigen die Anbetung Gottes sehr; wir danken, wir beten um etwas - aber wir vernachlässigen das Anbeten. Gott anbeten - das ist der Kern des Gebets! Und die Nächstenliebe, die auch als geschwisterliche Nächstenliebe bezeichnet wird, besteht aus Nähe, aus Zuhören, aus Teilen, aus Fürsorge für andere. Oft hören wir anderen nicht zu, weil wir das langweilig finden oder es eilig haben... Aber zum Schwätzen finden wir immer Zeit! Keine Zeit, die Betrübten zu trösten, aber immer zum Schwätzen. Passen wir auf! Der Apostel Johannes schreibt: ?Wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht.‘ (1 Joh 4,20). So sieht man die Einheit dieser beiden Gebote.
Zur Quelle der Liebe gehen
Auch im heutigen Evangelium hilft uns Jesus wieder einmal, zur lebendigen und sprudelnden Quelle der Liebe zu gehen. Diese Quelle ist Gott selbst, den wir zutiefst lieben sollen – in einer Gemeinschaft, die nichts und niemand zerstören kann. Einer Gemeinschaft, die ein Geschenk ist, das jeden Tag erfleht werden muss, aber auch eine persönliche Verpflichtung, damit unser Leben sich nicht von den Götzen der Welt versklaven lässt.
Der Prüfstein unseres Weges der Bekehrung und Heiligkeit ist immer die Liebe zu unserem Nächsten. Das ist der Prüfstein. Wenn ich sage: Ich liebe Gott, aber nicht den Nächsten, dann geht das nicht... Solange es einen Bruder oder eine Schwester gibt, denen wir unser Herz verschließen, sind wir noch weit davon entfernt, Jünger zu sein, wie Jesus sie will. Aber Seine göttliche Barmherzigkeit sorgt dafür, dass wir den Mut nicht sinken lassen. Er ruft uns auf, jeden Tag von neuem damit anzufangen, das Evangelium konsequent zu leben.
Möge die Fürsprache der Jungfrau Maria unsere Herzen öffnen, damit wir das große Gebot aufnehmen – das Doppelgebot der Liebe, das das gesamte Gesetz Gottes zusammenfasst und von dem unser Heil abhängt.“
(vatican news – sk)
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