?H?ftlinge haben dem Papst gegenüber ein spezielles Feeling“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Das ?Regina Coeli“ liegt nicht weit vom Petersplatz entfernt, nur fünf Minuten zu Fuß. Einfach an den Tiber gehen und dann nach rechts. Papst Franziskus wird die Haftanstalt am Gründonnerstag Abend besuchen, um hier seine Messe ?in coena domini“ zu feiern, einschließlich der Fußwaschung. Angekündigt wurde das am Mittwoch.
?So etwas ist ja immer etwas Außergewöhnliches“, sagt uns Don Vittorio Trani, der Gefängnisseelsorger. ?Und diesem Papst gegenüber haben die Häftlinge ein spezielles Feeling, weil sie in ihm eine ungewöhnliche Persönlichkeit sehen. Sie haben schon lange gehofft, dass er mal kommt; jetzt sind alle voller Freude und Genugtuung.“
Schon mehrere andere Päpste waren vor Franziskus hier, angefangen mit Johannes XXIII. Historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen den Roncalli-Papst, wie er in seinem ersten Amtsjahr 1958 die Messe des Zweiten Weihnachtstags in der großen Rotunde des Gefängnisses feiert, umdrängt von den Insassen. Genau hier wird auch Franziskus zelebrieren, sechzig Jahre später.
?Ja, das ist genau derselbe Ort. Das Gefängnis ist so gebaut, dass die Insassen aller einzelnen Abteilungen zur Rotunde sehen können, zum Papst. Also wird eine ziemlich große Zahl der Häftlinge an der Eucharistie teilnehmen und den Papst direkt sehen können.“
Franziskus geht zur Abendmesse des Gründonnerstags bisher immer in Gefängnisse, mit einer Ausnahme nur (da war er bei Flüchtlingen). Er war in der Jugendstrafanstalt Casal del Marmo, in Rebibbia (wo auch Mafiabosse sitzen) und in Paliano. Aber das ?Regina Coeli“ ist kein Gefängnis wie die anderen – es ist ein Teil römischer Geschichte.
?Das ?Regina Coeli“ wurde 1800 gebaut; es ist der Kerker der Hauptstadt des Königreichs Italien (das sich damals gerade erst gebildet hatte). Der Gründonnerstag hat eine tiefe Bedeutung: In der Fußwaschung beugt sich Christus an diesem Tag über Menschen, die am Rand stehen, wie etwa Gefangene. Und der Papst will wie Christus zu ihnen gehen, um sich vor ihnen zu beugen. Das ist etwas Wunderschönes. Eine Geste von einer Intensität, die man kaum beschreiben kann.“
Eigentlich würde sich Don Vittorio Trani wünschen, dass diese Hinwendung des Papstes zu Gefangenen den Menschen draußen zu denken gibt – eigentlich. ?Es ist nicht leicht, dafür zu sorgen, dass die Menschen ihre Meinung ändern. Dazu müssen sie einen kulturellen und geistlichen Weg zurücklegen, sie müssen ihre Perspektive komplett ändern. Vielleicht fällt es jemandem leichter, der vom Evangelium ausgeht, als jemandem, der das alles nur durch die soziologische Brille sieht. Dass der Papst die Füße von Häftlingen wäscht, wird hoffentlich Aufmerksamkeit hervorrufen und einige zum Nachdenken bringen. Diese Menschen sind unsere Brüder, sie haben Fehler gemacht, aber man sollte ihnen nahe sein.“
Der Seelsorger erinnert sich noch an den Besuch von Johannes Paul II. in ?seinem“ Gefängnis. Es war das Heilige Jahr 2000; einige Häftlinge hatte man kurz vorher noch schnell in andere Anstalten verlegt, damit beim Papstbesuch die chronische Überfüllung des ?Regina Coeli“ nicht allzu sehr in die Augen fiel.
?Johannes Paul II. sagte den Häftlingen einen Satz, der mich beeindruckt hat, sie aber wohl noch mehr: ?Liebe Brüder, die Zeit im Gefängnis ist eine Zeit Gottes. Sie ist nicht etwas, das ihr einfach passiv erdulden müsst. Hebt eure Köpfe und schaut ins Weite! Das kann für euch eine Zeit der Umkehr, des Betens, auch des Wiederfindens der eigenen Würde sein.“ Diese Worte haben sich sehr, sehr viele hier gemerkt. Und jetzt kommt Franziskus, der einmal gesagt hat: ?Denkt dran, wenn ihr in eure Zelle kommt und die Tür hinter euch zumacht– da drin ist Christus, mit euch zusammen. Er ist bei euch.“ Ich glaube, daran sehen wir, wie der Papst auf Häftlinge schaut: Er fühlt die Nähe Christi. Die Häftlinge spüren, dass er sie ernstnimmt und sehr respektiert.“
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