Papst Franziskus ist 60 Jahre Jesuit: ?Gekennzeichnet von innerer Freiheit“
Griselda Mutual und P Bernd Hagenkord - Vatikanstadt
?Es war eine Zeit der Hoffnung“, damals 1958, als Jorge Mario Bergoglio in Argentinien eintrat. Er selber sei damals zwar erst zehn Jahre alt gewesen und auch nicht in Argentinien, sondern in Venezuela aufgewachsen, er erinnere sich aber noch gut an die Vor-Konzils-Zeit, sagt Pater Sosa, der 31. Generalobere der Gesellschaft Jesu. Seine Schule sei eine Jesuitenschule gewesen, da habe er das auch als Kind sehr nah mitbekommen. ?Das war damals noch die Gesellschaft Jesu im Stil des 19. Jahrhunderts, aber schon damals konnte man Dinge sehen, die dann während des Konzils aufblühen würden“, erinnert er sich.
Die prägende Zeit für Pater Bergoglio
?In Lateinamerika sprach man damals über die Einrichtung von sozialen Zentren, und der damalige Generalobere Pater Johann B. Janssens forderte alle Ordensprovinzen des Kontinents dazu auf, solche Zentren der sozialen Aktion und Reflexion zu gründen. Er hat auch viele junge Jesuiten dafür ausbilden lassen.“ Das sei die prägende Zeit für Jorge Mario Bergoglio gewesen. ?Sein Wirken als Seelsorger begann genau zu einer Zeit, als all das Frucht zu tragen begann. In Lateinamerika war das Konzil wie eine Explosion der Hoffnung, es gab einen starken frischen Wind und viele neue Wege für ein christliches Leben und das Wohlergehen der Menschen.“ Die jungen Jesuiten damals seien voller Begeisterung gewesen, so Pater Sosa.
Der Orden damals und der Orden heute unterscheiden sich aber auch. So sei während des Ordenslebens von Pater Bergoglio die Zahl der Jesuiten weltweit von über 35.000 auf unter die Hälfte gefallen. Wachstum gebe es heute vor allem in Afrika und Asien, während die Zahl der Jesuiten in den Amerikas und in Europa stark abnehme, berichtet Pater Sosa.
Der Orden sieht heute anders aus als 1958
Gleichzeitig unterhalte der Orden heute mehr Institutionen als damals, zur Zeit des Eintritts von Pater Bergoglio, die Gesellschaft Jesu habe stark auf Zusammenarbeit mit Nichtjesuiten gesetzt, was neue Dynamiken ermöglicht habe. ?Wir haben gelernt, dass wir nicht mehr nur alleine arbeiten können, wir können und wir wollen auch gar nicht mehr alleine arbeiten.“ Der Stil habe sich seit damals sehr stark geändert.
All diese Entwicklungen habe Jorge Mario Bergoglio natürlich durch seine Lebenserfahrung mit ins Bischofsamt und später ins Papstamt gebracht. ?Heute hören wir uns von Papst Franziskus als Orden dazu berufen, uns des Themas der ?Unterscheidung‘ anzunehmen: Der Papst betont immer wieder wie wichtig es ist, dass die Kirche unterscheiden und entdecken kann, wie Gott in unserer Welt handelt und wie wir diesen Prozess des Erkennens und Unterscheidens begleiten sollen.“ Hier könne man auch am klarsten sehen, dass die Kirche einen Jesuiten-Papst habe, dieses Thema sei für die Spiritualität zentral.
Wie ein Familientreffen
?Was diesen Papst kennzeichnet ist eine innere Freiheit, die eine solche Unterscheidung möglich macht. Außerdem hat er eine außerordentliche Sensibilität für soziale Fragen. Wir Jesuiten verbinden immer die Förderung des Glaubens mit dem Einsatz für Gerechtigkeit, für Dialog und der Offenheit für die Welt.“ Dass er sich jetzt als Papst stark für die Umwelt und das Leiden des Planeten einsetze, habe seine Wurzeln unter anderem auch in seinem Jesuitsein, sagt Pater Sosa.
Am deutlichsten sieht man die Verbindung mit seinem Orden bei Papstreisen, fast immer reserviert Franziskus Zeit für eine Begegnung mit den örtlichen Jesuiten und stellt sich abseits von Kamera und Mikrofon ihren Fragen. ?Sechzig Jahre Ordensleben schaffen eine Verbindung, die man auch nach Jahrzehnten des Bischof-Seins nicht verliert. Und bei ihm merkt man bei den Treffen mit Gruppen von Jesuiten, dass es ihm gefällt, einfach unter Jesuiten und Mitbrüdern zu sein.“
(vn)
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