Chile und Peru: Hohe Erwartungen an Franziskus
In Chile muss sich der Papst der Kritik der Ureinwohner stellen, die sich vom chilenischen Staat unterdrückt fühlen. Die radikalsten Mapuche machen auch die katholische Kirche für das Unrecht der vergangenen Jahrhunderte verantwortlich. Umso spannender wird sein, wie sich der Papst hier positioniert. In Peru landet Franziskus inmitten eines Korruptionsskandals um Präsident Pedro Pablo Kuczynski. Dessen Macht, so unkt die Opposition, konnte nur durch einen Deal mit der einflussreichen Familie von Ex-Machthaber Alberto Fujimori gesichert werden, dessen Begnadigung zu Weihnachten im Land hohe Wellen schlug. Auch hier wird vom Papst eine Positionierung erwartet.
Und noch drei weitere Länder hoffen auf ein Signal des Papstes. Die humanitäre Krise durch den Flüchtlingsstrom aus dem krisengeschüttelten Venezuela erfasst inzwischen nicht nur die Nachbarländer Brasilien und Kolumbien, sondern auch andere lateinamerikanische Staaten. Sie alle hoffen auf eine diplomatische Lösung nach ?einem der traurigsten Weihnachtsfeste der Geschichte“, wie der scheidende Vorsitzende der venezolanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Diego Padron, dieser Tage feststellte. Die Bilder von Plünderungen und Militärs, die leere Supermärkte bewachen, unterstreichen die Dringlichkeit der Lage.
In Kolumbien bleiben dem Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos nur noch sieben Monate im Amt, um auch den Frieden mit der marxistischen Rebellenorganisation ELN zu schließen. Bei seinen jüngsten Reisen hat sich der Papst stets hinter den Friedensprozess in dem südamerikanischen Land gestellt. Von diesem Mittwoch ist die Nachricht, dass der Dialog mit der ELN vorerst wieder auf Eis liegt.
Als Dritter im Bunde sehnt auch Boliviens Präsident Evo Morales ein Wort des Papstes im Streit mit Chile herbei. Bolivien will den im Salpeterkrieg vor mehr als 200 Jahren verlorenen Meereszugang von Chile zurück, Santiago lehnt das strikt ab. Der Papst sitzt zwischen den Stühlen, jede Äußerung kann ein kleines politisches Erdbeben auslösen.
Auch im Inneren der lateinamerikanischen Kirche herrscht Unruhe. Denn obwohl erstmals ein Lateinamerikaner an der Spitze der Weltkirche steht, verliert die Kirche auf dem Kontinent selbst an Einfluss – zugunsten evangelikaler Kirchen und Gemeinschaften. Und das, obwohl sich diese oft konservativer und fundamentalistischer präsentieren als die katholische Kirche unter Franziskus.
(kna)
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