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Bei der Frühmesse Bei der Frühmesse  (Vatican Media)

Papst Franziskus: „Mitleid ist die Sprache Gottes“

Mitleid ist wie ein „Vergrößerungsglas des Herzens“ – und es ist die Sprache Gottes, während die Sprache der Menschen allzuoft nur Gleichgültigkeit signalisiert.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Das sagte Papst Franziskus an diesem Dienstag bei seiner Frühmesse in der Casa Santa Marta im Vatikan.

Seine Predigt kreiste um einen Bericht aus dem Lukasevangelium (7,11-17), in dem Jesus den einzigen Sohn einer Witwe von den Toten auferweckt. Jesus werde, als er die Trauer der Witwe um ihren verstorbenen Sohn sehe, geradezu „zu einem Opfer des Mitleids“, so Franziskus; ihm werde klar, dass diese Frau nun allein im Leben zu stehen drohe. Das Mitleid sei es, was den Herrn die Realität erkennen lasse:

„Aus Mitleid gibt Gott uns sein Bestes“

„Mitleid lässt dich die Realität sehen, wie sie ist. Es ist wie das Vergrößerungsglas des Herzens, das uns die wirklichen Dimensionen erkennen lässt. In den Evangelien wird Jesus sehr oft von Mitleid übermannt – Mitleid, das ist auch die Sprache Gottes. Es taucht in der Bibel nicht erst mit Jesus auf. Gott ist es, der zu Mose sagt, er habe den Schmerz seines Volkes gesehen (vgl. Ex 3,7); es ist das Mitleid Gottes, das Mose auf den Weg schickt, damit er das Volk rettet. Unser Gott ist ein Gott des Mitleids – wir können sagen, dass Mitleid die Schwäche Gottes ist, aber zugleich seine Stärke. Es ist aus Mitleid, dass er uns sein Bestes gibt, seinen Sohn. Es ist eine Sprache Gottes, das Mitleid…“

Zum Nachhören

Nun sei dieses Mitleid aber nicht dasselbe, wie zu denken: „Armer Kerl, der tut mir ein bisschen Leid“. Mitleid bedeute, „sich in die Probleme der anderen hineinziehen zu lassen, sein Leben dabei mit einzubringen“.

Ein gutes Beispiel dafür sei auch die biblische Erzählung von der Brotvermehrung. Jesus habe seine Jünger aufgefordert, den Hungrigen zu essen zu geben, und diese hätten „vorsichtig“ reagiert. „Ich glaube“, so der Papst, „dass Jesus da innerlich ärgerlich geworden ist“. Auf der einen Seite stehe bei dieser Szene die egoistische Haltung der Jünger, „die eine Lösung suchen, bei der sie sich nicht die Hände schmutzig machen“, und auf der anderen Seite die Haltung Jesu, dem diese Hungrigen wie Schafe ohne Hirten vorkommen.

Ein Foto: Bettlerin vor einem Restaurant

„Wenn Mitleid die Sprache Gottes ist, dann ist die menschliche Sprache oft die Gleichgültigkeit. Sich um andere kümmern, ohne sich allzu sehr den Kopf zu zerbrechen… Gleichgültigkeit. Einer unserer Fotografen des Osservatore Romano hat ein Foto geschossen, das jetzt in der Päpstlichen Almosenstelle hängt und ‚Gleichgültigkeit‘ heißt. Da sitzt in einer Winternacht eine Obdachlose vor einem Luxusrestaurant und streckt einer anderen Frau, die gerade aus dem Restaurant herauskommt, bettelnd die Hand entgegen, doch die sieht auf die andere Seite. Das ist Gleichgültigkeit. Seht euch mal dieses Foto an: Das ist Gleichgültigkeit. Unsere Gleichgültigkeit! Wie oft sehen wir weg… Und so verschließen wir dem Mitleid die Tür. Wir können da mal eine Gewissenserforschung vornehmen: Sehe ich in der Regel einfach weg? Oder lasse ich es zu, dass der Heilige Geist mich auf die Straße des Mitleids führt? Die eine Tugend Gottes ist…“

Es berühre ihn, wie Jesus zu der Witwe in Nain sage, sie solle doch nicht weinen, so der Papst weiter. Das sei wie ein Streicheln. Und dann gebe Jesus buchstäblich den Sohn der Mutter zurück. „Er gibt ihn zurück: ein Akt der Gerechtigkeit. Das ist ein Wort aus der rechtlichen Sphäre: Rückgabe. Mitleid führt uns auf den Weg wahrer Gerechtigkeit. Man muss denen, die ein Recht darauf haben, ihre Sache zurückgeben, und das rettet uns immer vor Egoismus, Gleichgültigkeit, vor dem Verschließen in uns selbst. Behalten wir heute diesen Satz im Ohr: Der Herr hatte Mitleid mit ihr. Möge er auch mit jedem von uns Mitleid haben – wir brauchen das!“

(vatican news – sk)
 

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17. September 2019, 11:17
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