Frühmesse: Vorsicht vor der Fassade der perfekten Christen
Silvia Kritzenberger und Adriana Masotti - Vatikanstadt
Bei seinen Überlegungen ging der Papst an diesem Dienstagmorgen vom Evangelium des Tages aus (Lk 11,37-54). Darin wird erzählt, wie sich Jesus – von einem Pharisäer zum Essen eingeladen – zu Tisch setzt, ohne sich wie vom Gesetz vorgeschrieben die Hände zu waschen. Als der Pharisäer seiner ?Verwunderung“ darüber Luft macht, geht Jesus hart mit ihm ins Gericht.
Die Pharisäer warteten nur darauf, dass Jesus einen Fehltritt machte
Das Volk habe Jesus geliebt, weil er zu ihren Herzen sprach, unterstrich der Papst. Die Gesetzeslehrer dagegen – Schriftgelehrte, Sadduzäer und Pharisäer – brachten ihm Hass entgegen, warteten nur darauf, dass er einen Fehltritt machte. Und dabei waren eigentlich sie die ?Reinen“:
?Sie waren das Paradebeispiel für äußere Korrektheit. Aber sie waren ohne Leben. Sie waren wie ,eingegipst´, sie waren steif. Aber Jesus kannte ihre Seelen. Und das empört uns: dass sie empört waren über die Dinge, die Jesus tat, dass er Sünden vergab, am Sabbat Kranke heilte. Sie zerrissen sich vor Empörung die Gewänder: Was für ein Skandal! Das kommt nicht von Gott, das gehört sich nicht! Doch was die Menschen sagten, war Jesus egal: Er scherte sich nicht um das Gesetz, um die Vorschriften, darum, was sich gehörte oder nicht.“
Was zählt, ist nicht der äußere Schein, sondern das, was innen ist
Jesus ist frei, er nimmt die Einladung des Pharisäers an. Und als dieser empört ist, weil sich Jesus über die Regeln hinwegsetzt, weist er ihn scharf zurecht: ?O ihr Pharisäer! Ihr haltet zwar Becher und Teller außen sauber, innen aber seid ihr voll Raubgier und Bosheit!”
?Keine schönen Worte, oder? Jesus nahm kein Blatt vor den Mund, er war kein Heuchler. Er hat Klartext gesprochen. Und er sagt: Warum schaut ihr auf das Äußere? Schaut auf das, was innen ist! Ein anderes Mal hat er ihnen gesagt: Ihr seid wie weiß getünchte Gräber! Ein nettes Kompliment, oder? Von außen ansehnlich, alles perfekt.... alles perfekt.... Innen aber voller Fäulnis, voller Gier und Schlechtigkeit. Jesus unterscheidet zwischen äußerem Schein und innerer Realität. Diese Herren aber sind die Lehrmeister des Scheins: immer perfekt, immer. Wie aber sieht es innen aus?“
Die Heuchelei, die töten kann
Franziskus führte noch andere Beispiele an, in denen das Evangelium mit Menschen ins Gericht geht, die nur nach dem Schein urteilen, innen aber leer sind: im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter oder dort, wo von zur Schau getragenem Fasten und Almosengeben die Rede ist. Solche Menschen, die nur am Schein, am eigenen Image, interessiert sind, habe Jesus mit einem Wort definiert: ?Heuchler“, führte der Papst weiter aus: ?Menschen mit einer gierigen Seele, fähig zu töten. Und in der Lage, für Mord oder Verleumdung zu bezahlen, wie wir es heute tun. Denn das ist auch heute noch üblich: Wir bezahlen dafür, dass schlechte Nachrichten verbreitet werden; Nachrichten, die andere in den Schmutz ziehen.“
Offensein für die Gnade Gottes
Doch hinter der von den Pharisäern zur Schau getragenen Fassade der perfekten Christen verberge sich eine Leere, warnte der Papst: was diese Menschen beseele, sei der Geist der Welt, nicht Jesus. Wer seine Seele übertünche, übersehe das Wesentliche: ?Nur wenn wir unsere Herzen öffnen, kann die Gnade eintreten. Das Heil ist ein unentgeltliches Geschenk Gottes. Niemand rettet sich selbst, niemand. Niemand rettet sich selbst nur mit den Praktiken der Menschen.“
Zum Abschluss gab der Papst den Anwesenden noch folgenden Denkanstoß mit auf den Weg:
?Nehmt euch in Acht vor denen, die steif sind. Nehmt euch in Acht vor den Christen - Laien, Priestern, Bischöfen -, die sich ,perfekt´ geben, die steif sind. Seid vorsichtig! Denn dort fehlt der Geist Gottes. Dort fehlt der Geist der Freiheit. Und lasst diese Vorsicht auch bei euch selber walten – denn das muss uns auch unser eigenes Leben überdenken lassen. Will ich nur den Schein sehen; bin ich bereit, mein Herz zu ändern? Bin ich bereit, mein Herz dem Gebet, der Freiheit des Gebets, der Freiheit des Almosengebens, der Freiheit der Werke der Barmherzigkeit zu öffnen?“
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