Unser Sonntag: G?ttliche Dynamik
Veronika Seifert
Lk 5, 1–11
Lukas beschreibt uns heute eine Szene aus dem Leben Jesu. Wenn sie möchten und es Ihnen es möglich ist, dann schließen Sie doch für einen kleinen Moment die Augen und schauen mit den inneren Augen auf die Szene, die der Evangelist uns beschreibt. Er zeigt uns Jesus am See von Genezareth bedrängt von einer Volksmenge. Die Menschen stehen ganz nah bei ihm, um ja kein Wort zu verpassen, denn sie spüren, dass von seinen Worten, Kraft ausgeht, die Leben schafft. Hinter Jesus liegt der See. Am Ufer liegen zwei Boote, die Fischer waschen am Strand ihre Netze. Es sind einfache, kräftige Männer.
Jesus geht aus der Menschenmasse heraus zu diesen Männern, die ihn in diesem Moment nicht suchen. Wir können sagen, dass Er in ihren Alltag hineinplatzt, genauso wie der Erzengel Gabriel in den Alltag Mariens und in der Weihnachtsnacht die Engel in den Alltag der Hirten getreten sind.
Gott ergreift die Initiative
Gott ergreift die Initiative. Hier im Lukasevangelium bittet Jesus den Simon, das Boot vom Uferrand ein Stück in den See zu rudern, um vom Boot aus zu den Menschen sprechen zu können.
Wenn wir die Szene nun bedenken, dann sehen wir, dass Jesus das Kommando über Simons Boot übernimmt. Petrus ist und bleibt der Besitzer des Bootes doch lässt er es zu, dass Jesus das Kommando übernimmt. Ich denke, mit jedem Weihegebet übergeben wir Jesus das Kommando über unser Leben.
Jesus ergreift das Kommando
Nachdem Jesus seine Rede beendet hatte, bittet er Simon – der die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen hatte – noch weiter auf den See zu fahren, dorthin, wo er am tiefsten ist, um nochmals erneut die Netze auszuwerfen. Fassen wir diese Szenen kurz zusammen: Jesus ergreift das Kommando und was passiert? Er fordert Simon auf, etwas menschlich Sinnloses zu machen: tagsüber an der tiefsten Stelle zu fischen obwohl die beste Fischzeit nachts ist und der beste Ort das flache Wasser. Doch Petrus vertraut Jesus, befolgt seine Anweisungen und wird mit einem überdimensional reichen Fischfang belohnt, der so groß ist, dass Petrus die Fische gar nicht mehr alleine transportieren kann und seine Gefährten zur Hilfe rufen muss. Dieser außergewöhnliche und wunderbare Fischfang lässt Petrus und seine Kollegen erschrecken.
Warum? Ja, wenn Gott in die Geschichte eingreift und Wunder wirkt, erleben wir ganz konkret unsere eigenen Grenzen. Dieser Kontrollverlust erzeugt Angst und Schrecken.
Erinnern Sie sich, als der Erzengel Gabriel zu Maria kam, erschrak sie. Oder denken wir an die Hirten in der Heiligen Nacht: alle erschraken. Die Wundertaten Gottes offenbaren einerseits seine Größe und andererseits unsere begrenzte, menschliche und, ja, leider auch sündige Natur.
Doch was sagt Jesus zu Petrus: ?Fürchte dich nicht!“. Diesen gleichen Satz sagte der Erzengel Gabriel zu Maria und die Engel zu den Hirten: Und jedes Mal wenn wir in eine göttliche Dynamik eintreten, wo jede menschliche Logik aufhört, sagt Jesus auch zu uns: ?Fürchte Dich nicht!“
Unser Glaube lehrt uns, dass Gottes Worte das bewirken, was sie beinhalten. Denken wir an die Schöpfung: Gott sprach und es wurde... Jesus sagte, ?sei geheilt!“ und die Person war geheilt! Wenn Jesus nun zu uns sagt, ?fürchte dich nicht“, dann nimmt er auch uns unsere Ängste.
Doch noch mehr! Jesus sagt zu Simon ?von jetzt an wirst du Menschen fangen!“ Jesus, der eigentliche Menschenfischer, befähigt Petrus, Menschen zu fangen. In diesem Abschnitt erleben wir also, wie das Wort Jesu das Leben des Fischers Simeon verändert. Aus Simon wird Petrus, der die Kraft erhält, alles hinter sich zu lassen und ein neues, ungewisses Leben zu beginnen. Mit dieser neuen Aufgabe gibt Jesus Petrus eine neue Würde und eine neue Fähigkeit.
Der neue Petrus
Das heutige Sonntagesevangelium erzählt uns die Berufungsgeschichte des heiligen Petrus aber gleichzeitig auch, wie Gott aus Petrus einen neuen Menschen macht. Werfen wir noch einen kleinen Blick auf die erste und zweite Lesung.
Die erste Lesung beschreibt die Vision Jesajas. Er sieht Gott auf dem Thron sitzend im himmlischen Tempel, Seraphine stehen über ihm und sein Gewand erfüllt den ganzen Tempel. Jesaja hört eine imposante Stimme, alles erfüllt sich mit Rauch, es gibt ein Beben. Der Prophet erfährt, wie Petrus, die Macht Gottes, die unerwartet in sein Leben platzt und auch in ihm Angst hervorruft. Angesichts dieser Herrlichkeit ruft er voller Schrecken aus: “ich bin verloren, denn ein Mann unreiner Lippen bin ich und mitten in einem Volk unreiner Lippen wohne ich.“
Wie Petrus spürt auch Jesaja, dass er unwürdig ist vor Gott zu stehen und ihn zu sehen. Das heißt doch: nur wenn wir wirklich konkret Gottes Größe und Macht in unserem Leben erfahren, können wir uns letztendlich als Geschöpfe und als Sünder begreifen. Das Erkennen der eigenen Sündhaftigkeit zieht in der göttlichen Heilsdynamik, Gottes Barmherzigkeit an und nun kann Er, Gott, reinigen, heiligen und zu einer neuen Aufgabe befähigen. In der Tat, Jesaja antwortet auf die Frage ?Wen soll ich senden?“ mit einem klaren ?Hier bin ich, sende mich!“.
Paulus fällt vom hohen Ross
In der zweiten Lesung erleben wir die gleiche Dynamik. Paulus überliefert uns im ersten Korintherbrief das Apostolische Glaubensbekenntnis in dem er bezeugt, dass Jesus für uns Sünder gestorben ist, begraben wurde, am dritten Tag auferweckt wurde und den Jüngern erschien: Petrus, den Aposteln und letztendlich auch ihm, Paulus. Wir alle kennen die Berufungsgeschichte des heiligen Paulus, wie er, vom Licht geblendet und von der Stimme überrumpelt vom Pferd fiel. In diesem Moment trat Jesus in sein Leben und Paulus fiel wortwörtlich vom hohen Ross. Der stolze Pharisäer und Schüler Gamaliëls erlebt seine Ohnmacht und fühlt sich als Missgeburt. Doch nur so konnte die Gnade Gottes Saulus in Paulus verwandeln und ihm eine neue Würde und Identität gegeben, die eines Apostelfürsten.
Vielleicht können wir heute uns alle einmal fragen, ob auch wir schon einmal eine solche göttliche Dynamik in unserem Leben erfahren haben? Hatten auch wir schon einmal eine aufrüttelnde Gottesbegegnung, die in uns den Wunsch nach innerer Reinigung hervorgerufen hat, in uns die Bereitschaft erweckt hat, Werkzeug Gottes zu werden und uns dadurch eine neue Würde und eine neue Lebensaufgabe gegeben haben. Haben auch wir schon mal die Worte Gottes ?Fürchte dich nicht“ ganz konkret und wirksam in unserem Leben erlebt?
Persönliche Begegnung mit Jesus
Was sagt uns die Berufungsgeschichte des heiligen Petrus, des Propheten Jesajas und die des heiligen Paulus für unser Leben? Was können wir mitnehmen? Mir scheint, dass diese drei Lesungen uns vor Augen halten, wie Gott in uns einen neuen Menschen, mit einer neuen Identität, Würde und einem neuen Selbstbewusstsein hervorbringen möchte.
Die göttliche Dynamik, die wir bei den drei Berufungsgeschichte gesehen haben, kann man vielleicht mit den Begriffen Begegnung, Bereinigung, Berufung zusammenfassen:.
Begegnung. Jesus möchte auch uns, ganz persönlich, begegnen.
Bereinigung. Jesus nimmt unsere Lasten und Sünden von unseren Herzen und reinigt uns.
Berufung. Jesus möchte das Lebensboot eines jeden einzelnen von uns steuern – wenn wir ihm das Kommando überlassen.
Vielleicht können wir heute Gott bitten, dass er uns in seine Heilsdynamik hineinnimmt.
(Radio Vatikan - Redaktion Claudia Kaminski)
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