Anselm Grün: Ein Signal der Hoffnung
Das ?Eigentliche des Katholikentages“ besteht aus seiner Sicht darin, ?dass die Menschen eine Stärkung des Glaubens bekommen“. In dieser Hinsicht sei der Katholikentag wichtig. ?Denn heute gibt es fast eine Scham in der Gesellschaft, davon zu sprechen, dass ich katholisch bin…“
Interview
Pater Anselm, Sie sind einer der großen Bestsellerautoren im spirituell-religiösen Bereich und erleben hier einen Katholikentag, dem viele vorwerfen: Das ist zu politisch, das ist nicht religiös genug, da kommt der Glaube zu wenig vor. Was ist denn Ihr Eindruck?
?Ich bin nicht so lange beim Katholikentag, aber ich gehe vor allem zu diesen Menschen, die spirituell sehr offen sind und interessiert. Die Presse betont immer die politischen Aspekte, aber das Eigentliche des Katholikentages ist, dass die Menschen eine Stärkung des Glaubens bekommen. Und das finde ich eine wichtige Aufgabe! Denn heute gibt es fast eine Scham in der Gesellschaft, davon zu sprechen, dass ich katholisch bin, und da brauchen die Menschen Ermutigung und Gemeinschaft. Hier sind ganz viele Menschen, die lebendig sind, die offen sind und die katholisch sind – das gibt einfach eine Stärkung. Und ich denke: Dass die politischen Fragen nicht ausgeklammert werden, ist wichtig. Aber bei den politischen Fragen besteht immer die Gefahr, dass man nur eine Show macht…“
Welches Signal sollte aus Ihrer Sicht von Erfurt in die deutsche Gesellschaft ausgehen?
?Ein Signal von Hoffnung – dass wir Hoffnung haben für unsere Gesellschaft. Und ein Signal der Versöhnung – dass wir in dieser polarisierten Gesellschaft ein Sauerteig der Versöhnung sind. Da hat die Kirche sicher in allen Gemeinden eine ganz wichtige Aufgabe, Menschen verschiedener Kulturen zusammenzubringen und ein Sauerteig der Hoffnung und der Versöhnung zu sein.“
Hoffnung und Versöhnung sind sehr sperrige Begriffe in einem Moment, wo man diskutiert, welche Waffen man wohin liefern sollte, mit welcher Reichweite, oder in dem auch der Antisemitismus in Deutschland auf einmal wieder überraschend stark ist.
?Der Antisemitismus erstarkt ja immer dann, wenn die Menschen ihre eigenen Probleme nicht selber anschauen, sondern sie auf andere projizieren. Und da ist es ganz wichtig, dagegen anzugehen. Zu den Waffenlieferungen: Das ist sicher ein schwieriges Thema. Es ist immer besser, zu verhandeln und Frieden zu stiften. Aber gegenüber einem Aggressor, der kein Maß findet, muss man auch Grenzen setzen, sonst würde man dem Bösen einfach Raum lassen. Das ist sicher nicht im Sinne der christlichen Botschaft.“
(vatican news – stefan v. kempis)
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