D: Unabh?ngige Untersuchung im Fall Pilz ergibt Grenzverletzungen
Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Pilz während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch an Minderjährigen begangen habe, heißt es in der . Jedoch seien im Hinblick auf vier erwachsene, (ehemalige) männliche Mitarbeiter des Kindermissionswerks Hinweise auf sexualbezogene Grenzverletzungen durch Pfarrer Pilz festgestellt worden.
Insgesamt werde in den Ergebnissen der Untersuchung deutlich, ?dass Winfried Pilz über eine große Autorität und Machtfülle verfügte, die keiner wirksamen Kontrolle unterlag“. Zudem habe es damals für Mitarbeitende ?keine niederschwelligen Melde-, Beschwerde- oder Beratungsmöglichkeiten“ gegeben, um Missstände zu melden.
Thema der Untersuchung ist auch, auf welche Schwierigkeiten und Hindernisse Aufarbeitung bis heute in der Kirche stoße. So enthält sie nicht nur konkrete Empfehlungen für das Kindermissionswerk, die umgesetzt werden sollen, sondern zahlreiche weitere Empfehlungen, die sich ?nicht ausschließlich an das Kindermissionswerk, sondern an alle (richten), die sich mit der Problematik von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt beschäftigen.“
Umgang mit Missbrauchstäter Wintz
Des Weiteren wird der Umgang von Pfarrer Pilz und der weiteren Leitung des Kindermissionswerks mit dem aus dem Bistum Aachen stammenden Missbrauchstäter Pfarrer Dieter Wintz beleuchtet. Dabei werde deutlich, dass von Seiten des Kindermissionswerkes die ehrenamtliche Zusammenarbeit mit Wintz nach Missbrauchsvorwürfen bereits im Jahre 2003 – und nicht wie geschehen erst im Jahr 2006 - hätte beendet werden müssen, räumt das Kindermissionswerk ein.
Pfarrer Dirk Bingener, Präsident des Kindermissionswerks, stellte bei der Übergabe des Gutachtens fest: ?Mit dieser Untersuchung ist es Frau Dr. Janssen gelungen, ein genaues Bild des machtmissbräuchlichen Verhaltens von Winfried Pilz sowie der Faktoren zu zeichnen, die dies ermöglichten. Im Fall Dieter Wintz zeigt sie zudem auf, welche Versäumnisse diesbezüglich zu verantworten sind.“
Empfehlungen für das Kindermissionswerk werden umgesetzt
Die Feststellungen im Gutachten müssten nun konkrete Schritte zur Folge haben, so Bingener weiter: ?Aufarbeitungsgutachten schließen ja nichts ab, sondern sie fordern die Umsetzung notwendiger Veränderungen ein. So werden wir die Empfehlungen im Gutachten, beispielsweise die Entwicklung eines umfassenden Verhaltenskodexes für Führungskräfte und Mitarbeitende sowie die Überprüfung und den Ausbau von Beschwerde- und Meldewegen, zusätzlich zu unseren bestehenden Maßnahmen forcieren. Alle Empfehlungen fügen sich gut in die seit 2021 laufenden Modernisierungs- und Professionalisierungsprozesse des Kindermissionswerkes ein.“
Weitere Empfehlungen
Die Erkenntnisse aus dem Gutachten führen zudem zu Empfehlungen, die über das Kindermissionswerk hinausgehen. So weisen sie unter anderem darauf hin, dass es mehr Personal in den Interventionsstellen der Bistümer brauche, ebenso wie eine engere und koordiniertere Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen kirchlichen Institutionen sowie weitere namentliche Aufrufe von Missbrauchstätern, damit Betroffene ermutigt würden, sich zu melden.
Bingener hebt in diesem Zusammenhang auch die weltkirchliche Perspektive hervor: ?Wenn ein Täter weltkirchliche Kontakte hatte und Reisen unternommen hat, muss davon ausgegangen werden, dass es auch in den bereisten Ländern Betroffene geben kann. Ein wichtiger Schritt ist deshalb, die dort kirchlich Verantwortlichen über den jeweiligen Sachverhalt zu informieren“, so Bingener. In der Folge gehöre dazu auch die Unterstützung der Präventions-, Interventions- und Aufarbeitungsbemühungen vor Ort.
Verzicht auf das Lied ?Laudato si“
Aus Respekt vor allen Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, werde das Kindermissionswerk Pilz' Lied ?Laudato si“ nicht mehr in seinen Materialien verwenden, heißt es in der Mitteilung weiter. Die bisherigen Erlöse aus den Tantiemen für die Nutzungsrechte des Liedes sollen für Kinderschutzprojekte verwendet werden und seien dazu beim Kindermissionswerk in eine Rücklage gestellt worden.
Pfarrer Bingener dankt in der Mitteilung auch allen Beteiligten, die die Untersuchung durchgeführt und unterstützt haben: ?Zuerst Frau Dr. Janssen und ihrem Team, den aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden des Kindermissionswerks, der Stabsstelle Kinderschutz im Kindermissionswerk sowie dem Sprecher des Betroffenenrates im Bistum Aachen für die Mitarbeit an den Empfehlungen des Gutachtens. Ich wünsche mir, dass möglichst viele diese Untersuchung aufmerksam lesen und die darin enthaltenen Anfragen und Aufträge annehmen“, so Bingener.
Hintergrund:
Das Erzbistum Köln hatte in einem öffentlichen Aufruf vom 29. Juni 2022 darüber informiert, dass sich der 2019 verstorbene Pilz vor seiner Amtszeit beim Kindermissionswerk in den 70er Jahren gegenüber einer schutzbedürftigen Person sexuell missbräuchlich verhalten hat. Der Fall Pilz wurde durch die Missbrauchsstudie des Erzbistums Köln dokumentiert. Ende Juni 2022 hatte das Erzbistum mögliche weitere Betroffene dazu aufgerufen, sich bei den unabhängigen Beauftragten des Erzbistums zu melden. Das Kindermissionswerk schloss sich dem Aufruf umgehend an.
Die nun vorliegende Untersuchung hatte das Kindermissionswerk am 29. November 2022 in Auftrag gegeben. Start der Untersuchung war im Januar 2023. In die Untersuchung von Frau Dr. Janssen flossen Akten des Kindermissionswerks, digitale Quellen, Presseberichte sowie die Informationen aus der Kommunikation mit (ehemaligen) Mitarbeitenden und Führungskräften des Hilfswerks ein.
Das Kindermissionswerk hat sich verpflichtet, im Sommer 2024 die Öffentlichkeit darüber zu informieren, welche Empfehlungen bis dahin umgesetzt werden konnten.
(pm - cs)
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