D: ?Den 17. Juni nicht vergessen“
Er äußerte sich in einem Beitrag für den RBB, der an diesem Freitag vorab veröffentlicht wurde. Für viele Berliner sei der 17. Juni nur noch eine Straße am Brandenburger Tor; viele wüssten nicht mehr, dass der Straßenname an den Aufstand von vor siebzig Jahren erinnert.
?Dabei war der 17. Juni bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 Nationalfeiertag, Tag der Deutschen Einheit in der Bundesrepublik. Seitdem droht der mutige Aufstand von ungezählten Arbeiterinnen und Arbeitern in der ganzen DDR, in Städten und Dörfern, in Vergessenheit zu geraten. Bekannt ist oft nur noch, dass der Aufstand mit Hilfe sowjetischer Panzer niedergeschlagen wurde.“
Doch das ist in den Augen von Erzbischof Koch eine unzulässige Verkürzung. In vielen Teilen der DDR, vor allem in den Städten, war der SED-Führung unter Walter Ulbricht damals angesichts wirtschaftlicher Turbulenzen die Kontrolle entglitten.
?Der Mut, die Hoffnung von Streikführern, ihre Namen und Schicksale sind unbekannt. Viele wurden im Zuge der Niederschlagung inhaftiert, zu vielen Jahren Zuchthaus, einige wurden erschossen, sieben wurden hingerichtet. In den DDR-Medien wurde der Aufstand als ?vom Westen‘ gelenkt diffamiert.“
Nicht unbedingt ein Feiertag
Nur noch wenige Zeitzeugen oder gar Beteiligte könnten heute noch selbst davon erzählen, beklagt Erzbischof Koch. ?Umso mehr sind wir gefordert, den 17. Juni zu begehen. Es muss nicht unbedingt wieder ein gesetzlicher Feiertag werden, und es geht nicht nur darum, DDR-Unrecht in Erinnerung zu rufen. Es geht darum, an den Mut, an den Freiheitswillen und an die Hoffnungen zu erinnern, dem Aufstand Namen und Gesichter zu geben, ihren Widerstand anzuerkennen.“
Was wäre wenn...
Der Erzbischof der deutschen Hauptstadt ist gelernter Berliner; eigentlich kommt er aus dem Rheinland. Von Berlin aus beobachtet Koch aufmerksam die derzeitige Debatte über ?den Osten“, die vor allem von mehreren Buchveröffentlichungen befeuert worden ist.
?Es wird im Moment viel über ?den Osten‘ und ?die Ossis‘ und eine politische oder gesellschaftliche Einordnung gestritten. Die Frage ?Was wäre wenn‘ ist zwar historisch irrelevant, richtig und wichtig ist es aber, den Volksaufstand nicht von seinem Ende, sondern von seinen Heldinnen und Helden aus zu erzählen, die sich nicht abgefunden haben mit ?den Umständen‘ und ?den Verhältnissen‘. Vielleicht gelingt es dann, die Straße des 17. Juni über das Brandenburger Tor hinaus in den Osten zu verlängern und uns eine Erinnerung zu vergegenwärtigen, die uns Deutsche – Ost wie West – verbindet. In diesem Sinn könnte der 17. Juni doch wieder ein ?Tag der deutschen Einheit‘ werden…“
(vatican news/internetauftritt erzbistum berlin – sk)
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