Boxberg zum Synodalen Weg: Gute Schritte auf einem Ãœbungsfeld
Radio Vatikan: Maria Boxberg, beim Synodalen Weg in Deutschland gab es auch einige Spannungen - unter den Beteiligten aber auch mit Rom. Wie war die Stimmung jetzt beim letzten großen Treffen?
Maria Boxberg, geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs: Ich fand sie gut. Es gab besorgte Stimmen im Vorfeld und es war natürlich eine gewisse Anspannung spürbar. Aber ich glaube, sowohl die Briefe des Präsidiums, wie auch wie die Menschen sich eingestellt haben, dass das gut gewirkt hat, das war sicher am Donnerstagnachmittag und -Abend noch etwas verhalten. Aber das hat sich zunehmend gelöst, als wir konkret an der Arbeit waren, am Beten waren. Es konnte - das fand ich - frei gesprochen werden.
Wir hoffen, dass die Verständigung darüber, was dieser Synodale Weg will, nicht weiter auf Angst oder Missverständnis oder Misstrauen stößt, sondern dass verständlich ist, dass es um notwendige Veränderungen in Deutschland geht. Einerseits - und auf der anderen Seite um Vorschläge, die auch über die Welt-Synode eingebracht werden, aber dass es nichts ist, was uns trennt oder was Angst machen müsste, es würde den Rahmen, zum Beispiel das Kirchenrechts, sprengen.
Radio Vatikan: Als geistliche Begleiterin, was war Ihnen da besonderes Anliegen während des ganzen Prozesses?
Maria Boxberg: Es war mir ein besonderes Anliegen, Menschen zu helfen, dass durch Innehalten immer wieder Unterbrechungen geschehen, auch in Diskussionen, in hitzigen Auseinandersetzungen. Dass Menschen einen Moment Luft holen können, wieder bei sich anzukommen und sich zu vergewissern: Welche Bewegungen, Stimmungen, Gedanken, Gefühle sind in mir und wo zieht es mich hin? Und wofür möchte ich mich dann entscheiden?
Vor allen Dingen ist es mir immer ein großes Anliegen gewesen, da fühle ich mich überein mit den anderen Menschen in der Synodalversammlung, dass bei manchen, die sich nicht gegenseitig verstehen, vor allen Dingen, den anderen nicht abgesprochen wird, dass die jeweils andere Person sich genauso einsetzt, dass sie leidenschaftlich für die Kirche wirkt und lebt, sich deswegen Veränderungen wünscht. In welche Richtung auch immer. Dass man sich den guten Glauben nicht abspricht und voraussetzt: Dem anderen liegt genauso an der Kirche und an der Botschaft Jesu.
Radio Vatikan: Zu den Beschlüssen - Gibt es etwas, was sie besonders überrascht hat oder als das Wichtigste ansehen?
Es hat sich viel bewegt
Maria Boxberg: Das kann ich jetzt gar nicht sagen, was das Wichtigste war. Was mich, glaube ich, überrascht hat: Wie viel sich insgesamt für uns als synodale Versammlung bewegt hat, zum Beispiel in der Frage geschlechtlicher Vielfalt. Da ist Vieles an Wissen dazugekommen und an Verständnis, durch ein sehr freimütiges Zeugnis der queeren Menschen oder eigener Erfahrungen.
Es hat mich überrascht, dass in nur drei Jahren so viel an Wandlung im Denken, in der Anerkennung möglich ist. Das hat mich sehr gefreut und es zeigt, dass es sich lohnt, sich auch auf einen beschwerlichen Weg zu machen, der auch manchem weh tut.
Außerdem: Sich aussprechen für weitere Schritte zum Diakonat für Frauen. Ich glaube auch, dass wäre in der Eindeutigkeit vor drei Jahren noch nicht so geschehen.
Radio Vatikan: Zum Thema Missbrauch wurden ja auch noch mal Entscheidungen getroffen...
Maria Boxberg: Ich habe den Eindruck, dass wir sowohl auf dem Synodalen Weg wie auch durch jede Studie, durch jede Begegnung mit Betroffenen immer sensibler werden müssen. Die Beschlüsse zur Prävention, zum Umgang mit Tätern, Täterinnen zum Schutz in der Kirche, da müssen wir weiter lernen, sensibler zu werden, aufmerksamer zu werden, Machtstrukturen aufzudecken.
Ich glaube vieles in diesem Synodalen Weg, nicht nur, wo ausdrücklich das Wort Missbrauch vorkommt, sondern gerade in diesem Miteinander umgehen, hilft, missbräuchliche Strukturen schneller zu erkennen und nach Möglichkeit umso schneller abzubauen.
Vertrauen gewachsen
Radio Vatikan: Wie sieht Ihr persönliches Fazit aus, jetzt nach den intensiven Tagen?
Maria Boxberg: Ich bin sehr erfreut über die Beschlüsse, die gefasst werden können. Vor allen Dingen bin ich aber sehr dankbar - denke ich auch noch an die Situationen vor und bei der ersten Vollversammlung - wie viel wirklich gewachsen ist, aufs Ganze gesehen und Vertrauen untereinander. Dass es gelungen ist, Menschen zusammenzuhalten im Synodalen Weg, die ganz unterschiedliche Vorerfahrungen, aber auch unterschiedliche Erwartungen, unterschiedliche Kenntnisse, unterschiedliche Hoffnungen für den Synodalen Weg haben.
Es war manchmal zu spüren, dass Menschen auch aufeinander stießen oder Gruppierungen, die erst mal eine gemeinsame Sprache finden mussten oder vielleicht auch gar nicht gefunden haben. Manches war auch dem Nicht-Kennen des oder der anderen geschuldet, so dass Verletzungen gegenseitig geschehen sind.
Ich glaube, dass in diesem Miteinander - wir wollen gemeinsam Kirche verändern - dass da viel Vergewisserung geschehen ist und viel Hoffnungsvolles. Wo hin die Richtung geändert werden soll, das zeigt sich in den Abstimmungen und das wird sich auch auf dem weiteren Weg zeigen.
Miteinander auf Augenhöhe
Ich glaube vor allen Dingen, dieses miteinander auf Augenhöhe zu sprechen, nachzufragen, konstruktiv zu streiten, dass da vieles gewachsen ist. Dass ermutigt auch auf allen Ebenen unserer Kirche dann so weiterzumachen. Ich glaube, dass wir gute Schritte auf einem Übungsfeld gegangen sind. Ich glaube, dass wir es immer noch üben müssen. Papst Franziskus betont, wie notwendig Synodalität für die Kirche ist: dass Kirche, wenn sie nicht synodal ist, nicht Kirche ist. Wie das aussehen soll, da gibt es sicher verschiedene Vorstellungen und auch ganz verschiedene Etappen auf dem Weg zu gehen.
Wie es nun weiter geht
Die Versammlungen, der beschlossene Synodale Weg von zwei bzw. drei Jahren ist zu Ende. Aber ich glaube, es soll ein Doppelpunkt sein: Jetzt geht es weiter. Wir sind immer noch am Üben, was synodale Kirche heißt. Viele Positionen, Handlungstexte sind noch nicht besprochen worden im großen Kreis. Die Foren haben vieles erarbeitet, was noch verabschiedet werden soll und natürlich dann auch in Handlung umgesetzt werden soll. Es bleibt also noch viel zu tun. Dafür haben wir ja einen synodalen Ausschuß - die letzten 20 Plätze, die zusätzlich zu Bischöfen und zum ZdK kommen, gewählt.
Insofern ist es ein guter Abschluss dieses gemeinsamen Weges und Auftakt für die Zeit nach dem Synodalen Weg weiter zu lernen, zu üben, Entscheidungen zu treffen - als synodale Kirche in Deutschland.
Die Fragen stellte Stefanie Stahlhofen
(vatican news)
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