Schon gewusst? Warum heute nicht Ostersamstag ist
DOMRADIO.DE: Ist heute Ostersamstag oder Karsamstag?
Jan Hendrik Stens (DOMRADIO.DE-Theologie-Redaktion): Diese Frage kommt jedes Jahr aufs Neue. Wir sind es gewohnt, den Samstag und den Sonntag zusammenzufassen, weil es in der Regel die beiden Tage sind, die das Wochenende bilden. Und in der Tat beginnt ja auch die Kalenderwoche erst am Montag.
Doch nach der jüdischen und christlichen Wocheneinteilung beginnt die Woche mit dem Sonntag und endet mit dem Samstag, dem Sabbath als siebten Tag der Woche. Das heißt also, dass der letzte Tag der Karwoche der Karsamstag ist, während mit dem Ostersonntag die neue Woche beginnt. Und da wir dann eine ganze Woche lang Ostern – also die Osteroktav – feiern, ist der Ostersamstag der Samstag nach Ostern. Also ist heute der Karsamstag.
DOMRADIO.DE: Und der ist auch der "Tag der Grabesruhe". Was heißt das denn konkret?
Stens: In der Passion vom Karfreitag lesen wir, dass der Leichnam Jesu in ein Grab gelegt wurde. Danach passiert bis zum Ostermorgen erst einmal nichts. Daher ist der Karsamstag der Tag, an dem Gott einfach tot ist. Weihbischof Puff hat diesen Tag daher einmal als "Feiertag für Atheisten" bezeichnet. Und auch liturgisch findet außer dem Stundengebet kein Gottesdienst statt. Es ist einfach nichts.
DOMRADIO.DE: Gehört der Karsamstag denn noch zur Fastenzeit?
Stens: Wenn wir sagen, dass die Fastenzeit zu Ostern endet, dann müssen wir in der Tat warten, bis der erste Ostergottesdienst gefeiert wird. Das ist die Osternacht. Diese sollte allerdings nicht vor Eintritt der Dunkelheit am Karsamstagabend beginnen. Demnach ist der Karsamstag noch ein Tag, der zur Fastenzeit gehört, auch wenn er nicht wie der Karfreitag ein Fast- und Abstinenztag ist. Also: Der Rehrücken in Rotweinsoße kommt erst am Sonntag auf den Tisch.
DOMRADIO.DE: Nun gibt es aber auch Menschen, die sagen: Die Fastenzeit endet am Karsamstag um 12 Uhr. Woher stammt denn diese genaue Zeitangabe?
Stens: Diese Tradition rührt noch aus der Zeit vor den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Feier der Osternacht war im Laufe der Jahrhunderte zeitlich immer weiter nach vorne gerutscht. Sie fand dann am Ende in den frühen Morgenstunden des Karsamstags statt und auch gar nicht als Gemeinde-, sondern als reine Klerikerliturgie. Weil das sehr, sehr viel zu beten und zu lesen war, dauerte diese Liturgie auch meist recht lange. Bis zum Mittag war man damit aber durch, sodass daher die Tradition kommt, dass die Fastenzeit am Karsamstag um 12 Uhr endet. Das ist aber schon seit den fünfziger Jahren nicht mehr so, denn unter Papst Pius XII. wurde die Osterliturgie reformiert und die Osternacht vom frühen Karsamstagmorgen in die Nacht auf Ostersonntag gelegt, wo sie auch hingehört.
Das Interview führte Heike Sicconi.
(domradio – mg)
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