D: Regierung beschlie?t Entwurf zur Streichung von Paragraf 219a
Bundesgesundheitsminister Marco Buschmann (FDP), der den Gesetzesentwurf eingebracht hatte, bezeichnete den derzeitigen Zustand als ?unhaltbar“. Ärzte, die im Internet sachlich über ihre Arbeit und mögliche Methoden informierten, müssten mit strafrechtlichen Ermittlungen und Verurteilungen rechnen. Zugleich suchten Frauen in einer schwierigen Gewissensentscheidung heute auch im Internet nach Rat. Hier müsse das Recht der Gegenwart angepasst werden. Anstößige oder anpreisende Werbung werde schon durch das Berufsrecht ausgeschlossen, meinte Buschmann. Außerdem sei der entsprechende Paragraf 219a im Strafgesetzbuch nicht Teil des verfassungsrechtlich gebotenen Lebensschutzkonzepts.
Inhaltlich untersagt der Passus das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Abtreibung nicht als normale Dienstleistung angesehen wird.
Kompromiss gefunden
Der zunächst gefundene Kompromiss sieht eine Ergänzung vor, um Schwangeren, wie es heißt, einen besseren Zugang zu Ärzten zu ermöglichen, die Abtreibungen vornehmen. Ärzte und Krankenhäuser dürfen auf ihrer Internetseite darüber informieren, dass sie die Eingriffe durchführen. Zudem erstellte die Bundesärztekammer eine Liste der Ärzte und Krankenhäuser, in denen Abbrüche möglich sind. Sie wird regelmäßig aktualisiert.
Ausgelöst hatte die Debatte ein Urteil des Amtsgerichts Gießen. Ende 2017 verurteilte es die Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe. Abtreibungsgegner hatten auf ihrer Homepage entdeckt, dass sie Abbrüche anbietet, und Hänel angezeigt. Inzwischen liegen ihre Klage und die weiterer Ärzte vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Bundesregierung kündigte bereits an, dass die nach dem Paragrafen verurteilten Ärzte und Ärztinnen rehabilitiert werden sollen.
Kritik der Kirchen
Die katholische und evangelische Kirche kritisieren die geplante Streichung des Paragrafen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hatte noch im Januar betont, die Streichung nehme den Schutz des ungeborenen Lebens zurück und könnten ?nicht für sich in Anspruch nehmen, fortschrittlich und modern zu sein“. Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, mahnte ebenfalls zum Festhalten an der derzeitigen Regelung. Diese berücksichtige den Schutz des ungeborenen Lebens und die möglichen Konfliktlagen von Schwangeren.
Eine Mehrheit für die Streichung des Paragrafen im Bundestag gilt als sicher. Widerstand dagegen ist nur von Parlamentariern der Union und der AfD zu erwarten. Der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), erklärte am Mittwoch, Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, ist mit einer Streichung des Paragrafen nicht geholfen. Vielmehr werde dadurch die grundrechtliche Verpflichtung des Staates, auch das ungeborene menschliche Leben zu schützen, missachtet. Menschenwürde komme schon dem ungeborenen Menschen zu.
Problematische Vorhaben
Indes bereitet den Kirchen ein weiterer Passus im Koalitionsvertrag der Ampel Sorge, wonach eine Kommission prüfen soll, ob ?Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches“ möglich sind. Fraglich ist allerdings, ob die Ampelkoalition in dieser Legislaturperiode tatsächlich eine solche Reform anpacken wird. Denn nach der Wiedervereinigung rangen die Parlamentarier in den 90er-Jahren sehr lange um einen Kompromiss in der Abtreibungsfrage, der schließlich die unterschiedlichen Lager befriedete.
(kna - cs)
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