?sterreich: Glettler mit Lob und Kritik für Sterbehilfegesetz
Die Regierung hatte sich zuvor auf eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe in Österreich geeinigt. Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, kann demnach ab 2022 eine Sterbeverfügung errichten – also eine schriftliche Erklärung ähnlich der Patientenverfügung. Der Zugang ist auf dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen beschränkt. Explizit ausgeschlossen sind Minderjährige. In Apotheken wird ein letales, den Tod herbeiführendes, Präparat erhältlich sein. Begleitend kommt ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung.
Glettler lobt Hospizaufstockung und Beratungszeitraum
Der in der österreichischen Bischofskonferenz für Lebensschutzfragen zuständige Innsbrucker Bischof Glettler sagte, er respektiere im vorliegenden Entwurf die Bemühung des Gesetzgebers, eine sensible und verantwortungsvolle Regelung vorzulegen. Schließlich habe es ?der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht einfach gemacht, Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Gruppen zu erlassen". Höchst positiv ist für Bischof Glettler das deutliche Bekenntnis zur substantiellen Aufstockung der Hospiz- und Palliativversorgung.
?Mit dem flächendeckenden Ausbau der palliativen Medizin und der Hospizversorgung wird eine Kultur menschlicher Begleitung und ein Ja zum Leben, das es vor allem auch am Lebensende braucht, gefördert." Die Katholische Kirche werde im Verbund mit vielen Institutionen und im Einklang mit anderen Religionsgemeinschaften sich weiterhin für jede Form notwendiger ?Assistenz zum Leben" einsetzen, doch ?am klaren Nein zu jeder Form der Beihilfe zur Selbsttötung festhalten - trotz der gesetzlichen Straffreistellung."
Glettler räumte ein, dass für den Gesetzgeber der zu machende Spagat groß sei: zwischen einem Recht auf Selbsttötung mithilfe Dritter auf der einen Seite und dem Schutz vor äußeren Einflüssen oder innerem Druck, sich das Leben zu nehmen, auf der anderen. Der nun vorliegende Entwurf verfolge aus der Sicht des Bischofs einige wichtige Ansätze wie den mehrstufigen Beratungsprozess als Schutz vor Irrtum oder übereiltem Handeln. Auch sei zu begrüßen, dass die Beihilfe zum Suizid nicht als ärztliche Leistung eingestuft werde.
Einige Forderungen blieben unerfüllt
Dass jedoch ?zusätzlich zur medizinischen Diagnose und palliativmedizinischen Aufklärung die Ärzte auch noch die Frage der Willens- und Entscheidungsfreiheit des Suizidwilligen zu klären haben, ist eigentlich nicht zumutbar", so Bischof Glettler. Hier sollte unbedingt noch eine Anpassung erfolgen, sodass die vom Notar zu erstellende Sterbeverfügung in jedem Fall notwendig ist.
Nach der ersten Durchsicht des Gesetzesentwurfs blieben für die Katholische Kirche auch wesentliche Fragen offen, hielt Gletter fest: ?Wo etwa bleibt die verpflichtende Suizidprävention? Wo bleibt die rechtlich erhöhte Absicherung des Verbots der Tötung auf Verlangen?". Nach dem Urteil des VfGH im Vorjahr hätten sich fast alle Parlamentsparteien klar ?für ein striktes Verbot der Tötung auf Verlangen" ausgesprochen. Darauf könnte man aufbauen und eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erhoffen, so Bischof Hermann Glettler, doch ?der nunmehrige Entwurf erwähnt dies nicht einmal".
Abschließend kündigte Glettler eine detaillierte Stellungnahme der Bischofskonferenz im Rahmen der Gesetzesbegutachtung an. Die Thematik werde auch ein Hauptthema bei der November-Vollversammlung der Bischöfe sein.
Hintergrund
Im Dezember 2020 hatte der österreichische Verfassungsgerichtshof verkündet, dass das Verbot jeglicher Art der Hilfe zur Selbsttötung verfassungswidrig ist. Das Parlament ist daher dazu aufgerufen, bis Ende 2021 eine Neuregelung zu schaffen. Gelingt dies nicht, ist ab 1. Jänner 2022 jede Form der Beihilfe zum Suizid straffrei.
(kap – gh)
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