D: ?Allah akbar“-Rufe bald über K?ln?
?Allah ist der Allergrößte - ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Allah gibt - ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Allahs ist - auf zum Gebet - auf zum Erfolg!“, so lautet der Text, mit dem ein Muezzin die Muslime über Lautsprecher fünf Mal am Tag zum Gebet aufruft. In den Städten der muslimischen Teile der Welt ist dieser Gesang fester Bestandteil des Alltags, nun könnte er bald auch in Köln erklingen.
Die Kölner Stadtregierung hat nämlich ein auf zwei Jahre angelegtes Pilotprojekt initiiert, dass es einem Muezzin erlaubt, einmal pro Woche, vor dem Freitagsgebet, per Lautsprecher zum salat (arabisch, Gebet) aufzurufen. Seit dem 8. Oktober können dementsprechende Anträge eingereicht werden, eine Woche später ließen diese laut Angaben der Stadt jedoch noch auf sich warten. Der Vorstoß stieß zum Teil auf heftige Kritik.
Kritiker fürchten Punktsieg für politischen Islam
Den Muezzinruf nicht mit dem christlichen Glockenläuten gleichzustellen, forderte etwa Susanne Schröter, die Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam in Frankfurt am Main, gegenüber dem Deutschlandfunk. Im Gegensatz zu den nonverbalen Kirchenglocken beinhalte dieser nämlich die klare Botschaft, dass Allah der Größte sei.
Außerdem beklagte sie, dass eine Genehmigung des Rufes zum Freitagsgebet vor allem Vertretern des politischen Islam zugute käme, etwa der ?Ditib“, der ?Türkisch-islamischen Union“, die in Köln viele Moscheen betreibe, darunter auch die neue Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld. Als verlängerten politischen Arm des türkischen Präsidenten Erdogan sieht die ?Ditib“ etwa der frühere Präsident des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichts, Michael Bertrams. Er bezeichnete die Genehmigung des Muezzinrufes in einem Interview des Kölner Stadt-Anzeigers für Erdogan als ?politischen Triumph ersten Ranges".
Genehmigung sei verfassungswidrige Bevorzugung
Der islamkritische Publizist Hamed Abdel-Samad sieht in einem Interview mit der Welt gar eine verfassungswidrige Bevorzugung einer Minderheit. ?Atheisten, Hindus und Veganer dürfen das nicht. Nur die Minderheit der Muslime darf jetzt an 35 Orten in Köln jeden Freitag fünf Minuten ihre Ideologie herausposaunen“. Vergleichbar mit Kirchenglocken sei der Ruf auch für ihn nicht, allerdings halte er auch Kirchengeläut für ?nicht mehr zeitgemäß im aufgeklärten Staat“.
Oberbürgermeisterin verteidigt Modellprojekt
Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker verteidigte das Projekt indes auf Twitter als ?Zeichen des Respekts“. Gegenüber dem Deutschlandfunk bekräftigte sie überdies, dass die Genehmigung nur unter strengen Auflagen erteilt werde. So gebe es beispielsweise festgelegte Dezibelgrenzen und eine Meldepflicht gegenüber der Nachbarschaft.
Mit Hinblick auf die Kritik, wonach das Projekt den politischen Islam fördere und Erdogan diene, betonte Reker, dass für sie nicht Erdogan im Vordergrund stehe, sondern die Musliminnen und Muslime, die in Köln lebten. Man agiere jedoch keinesfalls naiv und sei nicht blind gegenüber der Gefahr, die von intoleranten islamischen Strömungen ausgehe.
Nicht abgeneigt von dem Vorstoß zeigte sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Lob für das Projekt kam von muslimischen Einrichtungen. Die ?Ditib“ etwa bezeichnete das Pilotprojekt in einer Pressemitteilung als ?Ausdruck der Beheimatung der Muslime, die bereits seit Generationen in Deutschland als selbstverständlicher Teil der deutschen Gesellschaft leben“.
Deutsche lehnen Muezzinrufe mit deutlicher Mehrheit ab
Und wie stehen die Deutschen zu dem Thema? Einer Umfrage des Bonner General-Anzeigers zufolge lehnen drei Viertel der Menschen in Deutschland ab, dass der Muezzinruf genauso selbstverständlich zu hören sein sollte wie Kirchenglocken. 64 Prozent wollen dies sogar ?auf keinen Fall".
(diverse- gh)
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