Schweiz: Kirchen rufen zur Reform der globalen Finanzen auf
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WRK), der Lutherische Weltbund (LWB) und der Weltmissionsrat (WMC) rufen die Staats- und Regierungschefs der G20 auf, die derzeitige globale Finanzwelt radikal zu verändern und eine gerechte und nachhaltige wirtschaftliche Erholung in der Zeit nach der Covid-Pandemie aufzubauen. In einem gemeinsamen Brief bringen die vier christlichen Institutionen, die weltweit rund 500 Millionen Christen vertreten, ihre ?tiefe Besorgnis“ über die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zum Ausdruck, die überall Menschenleben fordert, aber auch die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen bedroht.
Eine Gelegenheit zum Wiederaufbau eines neuen Systems
?Bis heute gibt es in vielen Teilen der Welt eine halbe Million Tote, massive Arbeitslosigkeit, zunehmende Verschuldung, Armut und Ungleichheit“, während sich die Ausbreitung der Seuche weiter beschleunigt werde, heißt es in dem Brief. ?Dieser Moment bietet uns eine beispiellose Gelegenheit, die gegenwärtige Weltordnung zu analysieren und ein neues System auszudenken, das für den Wiederaufbau helfen könnte. Es gehe darum, die Gesundheit, das Wohlergehen und die Solidarität der Gemeinschaften und des Planeten für künftige Generationen zu unterstützen, drängen die christlichen Kirchen und betonen, ?dass Konjunkturmaßnahmen und Politiken in der Zeit nach der Covid-19-Pandemie mit dringenden und ehrgeizigen Maßnahmen gegen die Klimakrise vereinbar sein müssen“. Die Menschen wollten nicht zur ?früheren Normalität“ zurückkehren, betont der Brief.
Damit diese Veränderungen realisierbar und nachhaltig seien, müssten die Diskussionen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfinden, sowie ?unter breiter Beteiligung der Länder und der Zivilgesellschaft“, schreiben die Vertreter der christlichen Kirchen. Ziel müsse es sein, ?Hunderten von Millionen Menschen, deren Lebensunterhalt durch die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung erheblich geschmälert wurde, angemessene finanzielle Mittel für die öffentliche Gesundheit und den sozialen Schutz zuzuweisen“. Kurzfristig bedeute dies die Bereitstellung von Schutzausrüstung, Krankenversicherung für alle, einen erschwinglichen Impfstoff, garantierte Leistungen für die Geringsten, Arbeitslosenfonds und Unterstützung für kleine Unternehmen.
Erlass der Auslandsschulden
Vor allem sei es nach Ansicht der christlichen Kirchen notwendig, die Auslandsschulden der Länder mit niedrigem mittleren Einkommen zu erlassen, die sich bereits vor der Gesundheitskrise auf einem kritischen Niveau befanden. Dies würde es den Regierungen ermöglichen, die Ressourcen freizusetzen, die sie benötigen, um wirksam auf die Pandemie zu reagieren und so die Entwicklung der lokalen Gemeinschaften zu fördern. Eine Reform des globalen Steuersystems sei auch notwendig, um einen Neuanfang auf einer neuen Grundlage zu ermöglichen, betont der Brief.
Dieser nachdrückliche Aufruf zum Schuldenerlass für arme Länder wurde Montag auch von den katholischen Bischöfen des Vereinigten Königreichs in einem offenen Brief, der mit mehreren anderen britischen Religionsführern unterzeichnet und auf der Website der Britischen und Walisischen Bischofskonferenz veröffentlicht wurde, an die G-20, die Weltbank, den Internationalen Währungsfonds (IWF) und private Gläubiger gerichtet.
Die Weltbank schätzt, dass derzeit weltweit zwischen 71 und 100 Millionen Menschen infolge der Pandemie von absoluter Armut bedroht seien, während nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) bis zum Ende des Jahres etwa 270 Millionen Menschen mit einer ernsten Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein würden. ?Angesichts des Leidens, das durch diese Pandemie verursacht wird, auf die Rückzahlung der Schulden zu bestehen, wäre ein Affront gegen die religiösen Traditionen, die wir vertreten“, schreiben die 77 Unterzeichner des Briefes und betonten, dass der Schuldenerlass eine globale ?moralische Frage“ für ihre jeweiligen Glaubensrichtungen sei.
(vatican news – mg)
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