?kumene: Gemeinsam gegen Unterdrückung
Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Basilika der Notre Dame-Universität in Indiana begann die mehrtägige Konferenz unter Beteiligung von fünf weltweiten christlichen Gemeinschaften, die sich mit der historischen Bedeutung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre und ihrer Relevanz für das Streben nach voller, sichtbarer Einheit der Kirche auseinandersetzte. Kardinal Kurt Koch würdigte zum Abschluss dieses Treffen, die Ergebnisse der Zusammenkunft:
?Es war positiv, dass sich erstmals die christlichen Gemeinschaften getroffen haben. Es war ursprünglich die Vereinbarung zwischen Katholiken und Lutheranern, der sich dann Methodisten, Anglikaner und Reformierte angeschlossen haben. Ich habe dieses Meeting als sehr positiv empfunden. Es war eine sehr gute Atmosphäre. Man hat bei allen gespürt: sie wollen die Einheit suchen. Man ist sehr fair miteinander umgegangen. Ich denke, das Wichtigste, was herausgekommen ist: wir haben eine wunderbare Botschaft zur gemeinsamen Rechtfertigungslehre, die nicht leicht zu verstehen ist, weil der Begriff Rechtfertigung übersetzt werden muss. Dass wir dies Teilen und uns die Mühe geben werden, ihn in die Zukunft hinein zu übersetzen, das ist eine großartige Botschaft für die Gesellschaft aber auch für die Kirche. Wir teilen die selbe Taufe aufgrund dieser gemeinsamen Taufe können wir weiter gehen. Konkret ist auch beschlossen worden, dass wir ein Komitee errichten werden, sodass Vertreter von allen fünf Gemeinschaften sich einmal im Jahr treffen, um zu planen, wie es weitergehen soll. Wir haben auch ins Auge gefasst, dass es in drei oder fünf Jahren eine neue Zusammenkunft dieser fünf Gemeinschaften geben wird, um weitere Schritte in die Zukunft auf die sichtbare Einheit zu tun.“
An dem Treffen war auch Pfarrer Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes.
Eine Premiere
Pope: Was ist das Besondere an dem jetzigen Treffen, an dem Sie auch persönlich teilnehmen?
Junge: Das Besondere an diesem Treffen ist, dass wir uns zum ersten Mal als fünf globale christliche Gemeinschaften – Katholiken, Anglikaner, Methodisten, Reformierte, Lutheraner – treffen und gemeinsam darüber nachdenken, was es bedeutet, bedeuten sollte und könnte, dass wir in unserer Erklärung zur Rechtfertigungslehre eine gemeinsame Grundlage haben. Ich denke, dass das ein sehr wichtiger Schritt ist. Die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre ist zunächst ein bilaterales Dokument zwischen Katholiken und Lutheranern, denen erst die Methodisten, dann die Anglikaner und dann die Reformierten beigetreten sind. Diese Tagung, die wir jetzt gehabt haben, hat sozusagen dieses ?Zwei plus Drei“ durchbrochen. Wir stehen jetzt zu fünft auf einem gemeinsamen Boden und wollen uns zum einen weiterhin dafür einsetzen, dass wir diese wichtige lebens- und heilsbringende Botschaft der gnadenvollen Zuwendung Gottes in Christus weitertragen, dass wir gemeinsam dienen, besonders den Menschen, die von Armut, Unterdrückung und Verfolgung bedroht sind. Zugleich wollen wir nachdenken und schauen, was es für die Einheit der Kirche bedeutet, dass wir uns über die grundsätzliche Frage, wie das Heil Gottes an uns Menschen ergeht, einig sind – in einem differenzierten Konsensus, aber trotzdem einig. Wir wollen herausfinden, was für Implikationen dies für unseren gemeinsamen Dienst hat, für unser gemeinsames Zeugnis, aber auch für die Art und Weise, wie wir zunehmend in die Einheit hineinleben, die uns von Gott geschenkt ist.
Pope: Wie sieht denn derzeit die Ökumene aus?
Junge: Die Ökumene ist in einem sehr dynamischen Prozess, wie ich meine. Es tun sich viele Sachen, so wie die Tagung, die wir jetzt hier gehabt haben. Ich sehe, dass im lutherisch-katholischen Dialog eine starke Dynamik ist, natürlich noch zusätzlich beflügelt durch die gemeinsame Gedenkfeier zur Reformation. Wie wir uns jetzt vorbereiten auf die nächste Dialogphase zu den Themen Kirche, Amt und Eucharistie. Ich denke, dass das alles sehr verheißungsvolle Zeichen sind. Wir sehen, wie sehr sich die Dinge auch im weiteren Kontext entwickeln, mit dem Global Christian Forum als eine neue Plattform, die über den konziliar-ökumenischen Prozess hinausgeht. Natürlich sind wir uns darüber im Klaren, dass es auch weniger verheißungsvolle Entwicklungen gibt, dass es weiterhin Fragmentierung und Auseinandersetzungen gibt. Trotzdem denke, ich, dass wir uns gerade in diesen Zeiten, die global gesehen so stark durch Fragmentierung und Kommunikationsabbrüche gezeichnet sind, nicht von dem Auftrag der Einheit abbringen lassen dürfen.
Pope: Was wünschen Sie sich im ökumenischen Dialog?
Junge: Der ökumenische Dialog hat die Einheit der Kirche zum Ziel, die uns durch Gott geschenkt ist und in die wir schon immer hineingestellt sind, in konkreter Art und Weise Gestalt zu geben. Für mich ist immer sehr, sehr wichtig, dass diese Einheit ganz besonders auch für die getauften Christen und Christinnen greifbar wird. Hier geht es mir besonders um die Frage des Abendmahls, der Eucharistie, wo Menschen ja in unmittelbarer Art und Weise die Heilsbotschaft Christi zu greifen bekommen, was wir immer noch getrennt tun. Das steht stark im Widerspruch zum Kernansatz der Heilsbotschaft, die ja versöhnend wirkt, die Menschen zusammenbringt, auch mit Gott. Von daher wünsche ich mir, dass sich der ökumenische Dialog davon nicht abbringen lässt. Zugleich ist es mir auch wichtig, dass der ökumenische Dialog die Annäherung und das Vertrauen herstellt, dass Kirchen zunehmend gemeinsam Zeugnis von ihrem Glauben in dieser Welt geben und dies deutlich machen in Verkündigung, im Gebet, im Dienst am Nächsten. Das sind Dinge, die wir durchaus schon tun können und auch tun sollten.
Pope: Papst Franziskus reist ja an diesem Wochenende nach Marokko. Wie kann Ihrer Meinung nach die Ökumene dem interreligiösen Dialog förderlich sein?
Junge: Ich denke, ökumenischer Dialog und interreligiöser Dialog haben verschiedene Voraussetzungen und verschiedene Ziele. Trotzdem denke ich, dass Ökumene und interreligiöser Dialog nicht gegeneinander auszuspielen sind und auch keine Alternativen sind, wo man sich entweder für die eine oder die andere einsetzen will. Im Gegenteil: Ich meine, dass wir im ökumenischen Dialog, den wir ja schon über Dekaden betreiben, gewisse Fertigkeiten gelernt haben, inzwischen gewisse Ansätze internalisiert haben, die uns gewiss dabei helfen und helfen werden, im Gegenüber mit interreligiösen Partnern das Gespräch zu suchen und zu vertiefen und uns auch im Gespräch kennenzulernen. Für mich ist interreligiöser Dialog ganz besonders wichtig in der gegenwärtigen Zeit. Insofern wird der direkte Dialog zwischen den Religionen eine sehr wichtige Voraussetzung sein und ist es bereits. In einer Zeit der Konflikte, wo Religion sehr gerne instrumentalisiert wird, müssen wir uns im direkten Dialog verständigen und dürfen uns nicht abbringen lassen von den Dingen, die unseren jeweiligen Glaubensgemeinschaften wichtig sind. Ich denke, dass der Konsensus breit ist, dass es bezüglich der Themen Frieden, Mensch, Gemeinschaft, Dienst am Nächsten, ganz besonders auch der Dienst am leidenden Nächsten, am Flüchtling, große Konsense zwischen den Religionen gibt. Auf diese gemeinsame Grundlage sollten wir uns stellen. Ich freue mich, dass Papst Franziskus nach Marokko reist. Wir werden gewiss im Gebet bei ihm sein – in der Zeit, in der er dieses Land, die Menschen und Kirchen dort besucht - und auch weiterhin im Aufbau von Verbindungen des interreligiösen Dialogs.
(vatican news)
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